Reinbek. Einwohner in Reinbek sind empört über die plötzliche Sperrung des beliebten Wegs. Warum der Eigentümer im Recht ist.
Der Ärger im Reinbeker Stadtteil Krabbenkamp ist groß: Ein Grundstückseigentümer an der Straße Krummwisch hat mit seinem neuen Zaun einen Teil des Billewanderwegs gleich mit eingezäunt. „Das ist doch nicht zu glauben“, sagt Gerd Becker aus Reinbeks Exklave Krabbenkamp. „Diesen Weg gibt es seit mehr als 40 Jahren. Wieso kann ein Anlieger ihn einfach absperren, gilt da nicht ein Gewohnheitsrecht?“ Der Weg führt rund um den Stadtteil herum, auf dieser Seite führt er zur Billebrücke nach Wohltorf. Kinder nutzen ihn als autofreien Weg zur Grundschule Wohltorf.
Auch Yvonn Heinrich, die auf dem Hundespaziergang dort jeden Tag vorbeikommt, findet den neuen Zaun „doof“, wie sie sagt. „Ich habe mich doch sehr gewundert.“ Dass der Anlieger im Winter ein Schild aufgestellt habe: „Das war wohl aus Haftungsgründen“, stellt sie fest. „Und warum macht er das? Ich bin noch gut zu Fuß und kann auf den Trampelpfad an der Bille ausweichen. Aber Menschen mit Rollator oder Kinderwagen kommen dort nicht weiter.“
Eigentümer sperrt Billewanderweg am Krabbenkamp mit Zaun
Gerd Becker sieht das genauso. „Bei Regenwetter ist der Weg dort zumindest aufgeweicht, tageweise auch überschwemmt. Wenn das rechtens ist, müsste die Stadt alternativ zumindest für einen befestigten Weg sorgen“, fordert der Rentner. Seine Sorge ist zudem, dass es Nachbarn dem Eigentümer gleichtun könnten, und dass es dann streckenweise überhaupt keinen begehbaren Pfad mehr zwischen Billeufer und den Grundstücken gebe.
Doch der Anlieger sei im Recht, erläutert Sven Noetzel, Leiter des Reinbeker Bauamtes. Er könne von seinem Eigentumsrecht Gebrauch machen und sein Grundstück einfrieden. Das Gewohnheitsrecht gilt übrigens dort, wo es keine geltende Rechtsprechung gibt, ist also seit dem Bürgerlichen Gesetzbuch von 1900 größtenteils Geschichte.
Wegerecht hätte im Grundbuch eingetragen werden müssen
„Wir sind jahrzehntelang davon ausgegangen, dass der Wanderweg auf öffentlichem Grund liegt und haben ihn in dieser Zeit auch instandgehalten“, berichtet der Bauamtschef. „Aber das war leider ein Irrtum. Als die Grundstücke damals vor mehr als 44 Jahren an die Eigentümer übergeben wurden, hätte das Wegerecht dort im Grundbuch eingetragen werden müssen. Das muss jemand im Bauamt übersehen haben.“
So etwas sei in den 1970er-Jahren durchaus vorgekommen. 1971 war der Stadtteil Schönningstedt noch eine eigene Kommune. Auf dem Bebauungsplan der Gemeinde von damals ist zwischen den Baufenstern und der Bille ein Weg eingezeichnet, zu dem in der Legende vermerkt ist: „Mit Geh-, Fahr-, und Leitungsrechten zu belastende Flächen“. Genau dies scheint aber von der Gemeinde Schönningstedt bei der Übergabe dieser Flächen versäumt worden zu sein.
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Jetzt habe die Stadt Reinbek laut Noetzel drei Möglichkeiten: Erstens den Weg in Richtung Bille zu verlegen. „Das geht aber leider wegen des Naturschutzgebietes nicht“, erläutert Noetzel. „Wir müssten den Weg direkt an der Uferböschung bauen, das wäre mit Aufständerung und Ausgleichsmaßnahmen verbunden – ein Millionengrab.“
Die zweite Möglichkeit wäre der Ankauf. Auch das habe die Stadt versucht: „Aber leider konnten wir nur die Mehrheit der Anlieger von einem Verkauf überzeugen. Das Ganze macht aber nur Sinn, wenn alle zustimmen.“ Drittens könnte die Stadt die Eigentümer enteignen. Dies sei aber angesichts eines kurzen Abschnitts eines Wanderweges unangemessen.
Eigentümer wollen Gründe für Einzäunung nicht nennen
Über die Gründe, warum sie ihr Grundstück eingezäunt haben, wollen sich die Eigentümer gegenüber unserer Redaktion nicht äußern. Ein Anlieger aus der Nachbarschaft, der seinen Namen nicht nennen möchte, berichtet, dass die Grundstücke vor zwei oder drei Jahren neu vermessen worden seien. Erst zu diesem Zeitpunkt habe er erfahren, dass der Billewanderweg Teil seines Grundstückes sei.
„Mich stört es nicht, wenn dort Leute entlangspazieren“, erzählt er. „Dann haben wir ein bisschen was zu gucken. Ich hatte nur Sorge wegen meiner Verkehrssicherungspflicht. Deshalb habe ich dort ein Schild aufgestellt, damit Radfahrer absteigen und die Menschen da auf eigene Gefahr gehen.“
Die Koppel zwischen den Häusern und dem Weg habe lange als Pferdeweide gedient. Dann hätten die Nachbarn und er sie aufgekauft, damit ihr Blick in die Natur nicht verbaut werde. Der Wanderweg verläuft seiner Ansicht nach hinter den Grundstücken. Doch dort an der Uferböschung nistet teilweise der Eisvogel, ist Naturschutzgebiet.