Reinbek. Sportvereine holen Kinder vom Smartphone, bieten Bewegung und Austausch. Doch in Reinbek herrscht Stillstand. Was sich ändern muss.
Voran sollte es gehen, als sich im Mai 1949 Fußballer im Reinbeker Norden zusammentaten und den Verein FC Voran Ohe gründeten. Voran geht es in dem Verein allerdings schon länger nicht mehr – zumindest nicht bei den dringend benötigen Sportflächen. Mehr als ein Jahrzehnt setzt sich der zweitgrößte Sportverein Reinbeks mit aktuell 1050 Mitgliedern für neue Flächen ein. Zum einen hat er zu wenige, zum anderen sind die vorhandenen auf dem Areal am Amselstieg so marode, dass nur ein eingeschränkter Spielbetrieb möglich ist. Der Verein muss oft – zum Ärger des Hamburger Fußballverbands – auf andere Flächen in der Umgebung ausweichen.
Doch nicht nur die Fußballer leiden. „Die Not ist in allen acht Sparten groß“, sagt Vereinsvorsitzender Roland Gust. Zwölf Jahre hat der 63-Jährige als ehrenamtlicher Vorsitzender versucht, diese Not zu lindern und hat sich für neue Sportflächen eingesetzt. „Ich hatte die Hoffnung, dass wir schneller vorankommen, doch die Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt“, sagt Gust etwas resigniert. Mitte des Jahres endet seine Amtszeit, erneut zur Wahl stellen wird sich der Versicherungsmakler nicht. Der FC Voran Ohe sucht nun nach einem Nachfolger, der dafür sorgt, dass der Verein und der Sport im Norden Reinbeks eine Zukunft hat. Um die macht sich Ronald Gust ernsthafte Sorgen, wenn es nicht bald voran geht. „Der Verein holt die Kinder vom Fernseher und Smartphone weg. Wir vermitteln Werte. Diese Aufgabe ist unbezahlbar“, sagt Gust.
Lange Wartelisten bei den Fußballern und Turnern
Gust hinterlässt seinem Nachfolger einen Verein, der mit einem Plus von gut 12.000 Euro auf dem Konto finanziell viel besser dasteht als noch vor zwölf Jahren. Und er hinterlässt einen Verein, der nicht nur bei Reinbeks Freizeitsportlern begehrt ist. Das liegt auch daran, dass die Vereinsmitgliedschaft im Vergleich günstig ist und die Beiträge seit 2015 nicht erhöht wurden. Am 22. März wird sich das ändern, hebt die Fußballsparte den Beitrag wegen der gestiegenen Kosten minimal um einen Euro an (von 2,50 auf 3,50 Euro monatlich bei den Jugendlichen und von 5 auf 6 Euro bei den Erwachsenen). Das schreckt aber kaum jemanden: „Die Wartelisten – vor allem bei den Turngruppen und Fußball im Kinderbereich – sind lang“, sagt Gust. Die Turn- und Fußballsparte haben zusammen 600 Mitglieder. Mehr als die Hälfte, 60 Prozent, aller Vereinsmitglieder sind Kinder und Jugendliche.
Es könnten noch viel mehr sein. Doch die Interessenten müssen sie aktuell auf später vertrösten, denn die Kapazitäten sind ausgeschöpft – sowohl bei den Hallenkapazitäten als auch auf dem Fußballplatz. „Eine eigene Halle haben wir nicht. Wir sind auf freie Zeiten in den Hallen der Grundschulen in Schönningstedt und Neuschönningstedt angewiesen. Unser Rasenplatz ist zwischen November bis Februar gar nicht bespielbar und auch sonst oft zu feucht. Dem Platz fehlt die Drainage“, sagt der stellvertretende Vereinsvorsitzende Marco Luther. Feuchtigkeit ist auch im Vereinshaus aus dem Jahr 1984 ein Riesenproblem. Das Haus ist bereits abgesackt, Schimmel breitet sich aus.
Auch andere Vereine würden von den neuen Sportstätten profitieren
Die Probleme sind in der Stadt und der Politik seit Jahren bekannt. Als Lösung wird eine Verlagerung des Vereins um 500 Meter Luftlinie auf die städtische Freifläche gegenüber dem Kalksandsteinwerk im Stadtteil Neuschönningstedt favorisiert. Hier soll Großes entstehen: ein Kunstrasenplatz, ein kleiner Fußballplatz, eine C-Sportanlage mit Laufbahn und Sperrwurfanlage, sechs bis acht Tennisplätze, zwei Beachvolleyballfelder, eine Dreifeldhalle und eine Geschäftsstelle. Eigentümer wäre die Stadt, der FC Voran Ohe Hauptnutzer, aber auch andere Vereine wie die TSV Reinbek, bei der es ebenso an Sportstätten fehlt, sollen von dem neuen Sportzentrum im Norden profitieren. Dass das auch gebraucht wird, hat ein Gutachten bereits vor Jahren belegt.
Die Kosten für das neue Sportzentrum hat die Politik bereits vor fünf Jahren und vor der Inflation auf rund zehn Millionen Euro geschätzt. Eine genaue Kostenanalyse gibt es bislang nicht. „Die wird aufgestellt, wenn die Objektplanung abgeschlossen ist“, sagt Reinbeks Bauamtschef Sven Nötzel. Aktuell geht es um die Anzahl der Tennisplätze. Über Nötzels Schreibtisch läuft parallel dazu das bereits 2019 beschlossene Bebauungsplanverfahren – eines von zwölf anderen, die aktuell in Reinbek in Arbeit sind. Konkrete Angaben, wann das abgeschlossen ist, kann Nötzel nicht machen. „Da sind noch viele Schritte zu tun, müssen viele Akteure an einen Tisch geholt werden. Am Ende muss die Politik zustimmen“, sagt Nötzel. Und es muss die wichtigste Frage geklärt werden: Wie soll das Ganze finanziert werden?
Alle Spartenleitungen sind für einen Umzug nach Neuschönningstedt
Eine Idee ist, die bisherigen Vereinsflächen in Ohe am Rande eines Wohngebietes zu verkaufen und für Wohnbebauung frei zu geben. Marco Luther ist sehr zuversichtlich, dass es genügend Interessenten für die Grundstücke gäbe. „Wichtig ist nur, dass es nun endlich losgeht, der Verein eine Perspektive bekommt.“ Mitte 2024 endet seine Zeit im Vereinsvorstand. Auch der 52-jährige Maschinentechniker will dann nicht erneut kandidieren.
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Im Verein selbst waren anfangs längst nicht alle für einen Umzug. „Mittlerweile sind sich alle Spartenleitungen einig, dass ein Umzug richtig ist“, sagt Gust. Auch kritische Stimmen angesichts der Hochspannungsleitung, die auf dem neuen Areal am Sportplatz verläuft, sind verstummt. „Laut Planungsentwurf sollen unter der Leitung die Dreifeldhalle und das Vereinsheim gebaut werden. Die Gebäude schützten dann auch die Anwohner des Wohngebiets an der Haidkrugchaussee gegenüber vor möglichen Lärmimmissionen“, sagt Luther. Auch wenn der Traditionsverein dann Ohe verlassen würde, soll der Verein seinen Namen behalten. Schon jetzt stellen die Oher selbst nur 20 Prozent der Mitglieder. Der Hauptteil kommt aus Neuschönningstedt. Sie alle zusammen hoffen, dass es endlich voran geht.