Reinbek/Bergedorf. Sportvereine ächzen unter den Energiekosten. Ersparnisse reichen dafür nicht aus. Welche Änderungen auf Mitglieder zukommen.
Vor „Duschtouristen“, die statt zum Sport treiben nur zum Duschen kommen, hat Rüdiger Höhne keine Angst. In anderen Sportvereinen werden sie angesichts explodierender Energiepreise gefürchtet. „Bei uns wird standardmäßig recht wenig geduscht“, sagt der langjährige Geschäftsführer der TSV Reinbek. Das hat sich bislang noch nicht geändert.
Wirklich beruhigen tut ihn das aber nicht, denn auch Höhne fürchtet für den Sportverein in den kommenden Monaten „massive Kostensteigerungen, deren Dimensionen noch niemand genau beziffern kann“. Fest steht schon jetzt: Die Kostensteigerungen werden die Rücklagen des Vereins mit 3600 Mitgliedern und einer 130-jährigen Geschichte weiter auffressen. „Die Frage ist, wie lange die Durststrecke dauert“, sagt Höhne ratlos.
Energiekosten: Schleswig-Holstein will Härtefallfonds für Vereine auflegen
Schon die Pandemie hat in der Vereinskasse Spuren hinterlassen, denn die TSV hat nicht von den staatlichen Corona-Hilfen profitiert, sondern musste auf die Ersparnisse zurückgreifen. „Ohne finanzielle Unterstützung und Erhöhung der Mitgliedsbeiträge werden wir diese Krise nicht unbeschadet überstehen“, sagt Höhne.
Das weiß die Politik. Das Land Schleswig-Holstein hat bereits Anfang des Monats angekündigt, einen Härtefallfonds für Vereine und Verbände in Höhe von 20 Millionen Euro aufzulegen. Oberstes Ziel soll sein, die Vereinsangebote in jedem Fall aufrechtzuerhalten. Die Stadt Reinbek unterstützt das Vorhaben und hat dem Verein zugesichert, keine der 15 genutzten Sportstätten im Winter aus Energiespargründen zu schließen. „Das hat uns beruhigt“, sagt Höhne, da Hallenplätze – nicht nur in Reinbek – knapp sind.
Sporthallen an das neu entstehende Blockheizkraftwerk anschließen
Zusätzlich soll jeder der 2600 Vereine im Land 20 Prozent an Energie einsparen. Das ist der Wunsch von Landessportverbandspräsident Hans-Jakob Tiessen. „So viel Potenzial sehe ich bei uns nicht mehr“, sagt Höhne. Sein Verein hat in seinen Anlagen an der Theodor-Storm-Straße schon lange vor der Krise sehr genau auf den Energieverbrauch geachtet und ihn wöchentlich dokumentiert. „Wir haben unser Licht auf LED umgestellt, haben Bewegungsmelder eingebaut, Wärmebrücken abgeschafft. Vereine, die jetzt erst anfangen wollen, zu sparen, haben vorher etwas falsch gemacht“, sagt Höhne.
Er selbst hat angeregt, dass alle drei Sporthallen – wie die benachbarte Grundschule und die Feuerwehr – an das neu entstehende Blockheizkraftwerk am Mühlenredder mit anzuschließen. Aktuell werden zwei Hallen mit Gas, die große Uwe-Plog-Halle mit Holzpellets beheizt. Letztere gehört der Stadt, der Verein bezahlt eine Nutzungsgebühr. Warum die Stadt es vor sechs Jahren bei der großen Sanierung versäumt hat, die Halle mit LED auszustatten, versteht Höhne bis heute nicht. Dass ein Umdenken in den Köpften stattfinden muss, davon ist er überzeugt und hält seine elf Mitarbeiter in der Geschäftsstelle an, einen Pulli überziehen und die Heizung runter zu regeln.
TSG-Bergedorf hat einen hohen Energieverbrauch, sensibilisiert zum Sparen
In den Hallen selbst ist eine einheitliche Raumtemperatur aber schwierig. Beim Yoga und Seniorensport braucht man andere Temperaturen als bei intensiven Bewegungssportarten.“ Das sieht sein Kollege Boris Schmidt, Geschäftsführer der TSG-Bergedorf, genauso. Mit 9500 Mitgliedern ist der Hamburger Verein zwar fast viermal so groß wie die TSV in Reinbek, aber hat auch unweit mehr eigene größeren Sportstätten (die Sportforen am Bult und am Billwerder Billdeich mit Saunenbetrieb und Bewegungsbad, das Befit im Bille-Bad sowie das Kissland in Wentorf). „Wir gehören unter den Hamburger Vereinen im Breitensport zu denen mit dem höchsten Energieverbrauch“, weiß Schmidt. Er ist zudem der Vorsitzende des Freiburger Kreises, einer Arbeitsgemeinschaft von 180 größeren deutschen Sportvereinen.
In der aktuellen Krise setzt die TSG jetzt zum einen auf eine große Sensibilisierungskampagne unter Mitarbeitern und Mitgliedern mit Aufklebern auf Lichtschalten und in Duschen sowie Hinweisen zum richtigen Lüften, zum anderen auf die von der Politik angekündigten finanziellen Hilfen. Auch Hamburg will einen millionenschweren Härtefonds einrichten. Das haben Finanzsenator Andreas Dressel und Innensenator Andy Grote bei der jüngsten Sitzung des Freiburger Kreises in Hamburg bekräftigt.
TSG erhöht Mitgliedsbeiträge und schränkt Öffnungszeiten ein
Sich allein auf den Staat verlassen, will die TSG nicht und will ihren Beitrag beisteuern. Unter den betroffenen Mitgliedern wird aktuell abgefragt, welche Einschränkungen sie bereit sind, am Sportforum hinzunehmen. Am Montag wird der Vereinsvorstand Maßnahmen beschließen. Fest steht, dass ab 1. Oktober die Trainingszeiten im Sportforum von 24 auf 22 Uhr gekürzt und der Saunabetrieb eingeschränkt werden. Nicht mehr an jedem Tag werden beiden Saunen samt Dampfbad angeheizt. Letzteres ist ohnehin nicht so beliebt, weiß Schmidt. Auch die Wassertemperatur im Bewegungsbad soll von derzeit 30 Grad auf wahrscheinlich 28 Grad Celsius abgesenkt werden und die Temperatur in den Tennishallen künftig um die 16 Grad betragen. „Wir werden uns wieder daran gewöhnen müssen, lange Hosen im Training im Winter anzuziehen“, sagt Schmidt und erinnert sich, dass das in seinen Studienzeiten in den 1980-er Jahren üblich war.
Noch eines mutet der Verein seinen Mitgliedern zu: Ab 1. Oktober erhöhen sich die Mitgliedsbeiträge um bis zu 13 Prozent. Erwachsene zahlen dann im Monat 3,40 Euro, Kinder 2,40 Euro mehr. Grund dafür sind aber vor allem die gestiegenen Personalkosten. In Vereinen arbeiten üblichweise viele auf Mini-Jobbasis. Deren Mindestlohn ist seit 2019 um 30 Prozent gestiegen.