Reinbek. Viele Menschen leben seit Jahren in Notunterkünften. Das bringt Probleme und ist teuer. Wo neue Wohnungen entstehen sollen.

In den Gemeinschaftsunterkünften herrscht drangvolle Enge, es fehlt an Privatsphäre, die Hygiene lässt vielfach zu wünschen übrig. Zustände, die von der Reinbeker Flüchtlingsinitiative seit Langem beklagt werden. „Gerade in den Notunterkünften, in denen nur alleinstehende Männer untergebracht sind, ist es besonders schlimm“, weiß Roderich Ziehm (71), der sich seit neun Jahren in der Initiative engagiert: „Da teilen sich zwei Männer unterschiedlicher Nationen zehn Quadratmeter. Der eine arbeitet nachts, der andere am Tag. Zur Ruhe kommt keiner.“

Viele Flüchtlinge und Wohnungslose leben schon seit vielen Jahren unter diesen Umständen. Das Problem ist, eine bezahlbare Alternative zur Notunterkunft zu finden. Nicht nur in Reinbek fehlen Sozialwohnungen. Zwar dürften diejenigen, deren Aufenthaltsstatus geklärt ist, aus Reinbek wegziehen. „Doch in den Nachbarkommunen sieht es nicht besser aus. Zumal die Menschen hier ihre Arbeit haben und nicht weit aufs Land ziehen wollen und können“, sagt Torsten Christ, Leiter des Amtes für Bürgerangelegenheiten.

Reinbek will vier Grundstücke mit 219 Sozialwohnungen bebauen

Reinbek will darauf reagieren. Im nächsten Sozialausschuss am Dienstag, 7. März, soll eine Initiative zur Diskussion gestellt werden. Demnach sollen auf vier städtischen Grundstücken bis 2030 insgesamt 219 Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von rund 13.000 Quadratmetern errichtet werden. In ihnen sollen die 544 Menschen untergebracht werden, die aktuell in den Reinbeker Unterkünften leben.

Frei zur Bebauung ist unter anderem ein 4,6 Hektar großer Acker an der Sonstkoppel in Ohe. Dort soll in den nächsten Jahren die neue Wache der Freiwilligen Feuerwehr Ohe entstehen. Daneben wäre noch Platz für fünf Modulhäuser, in denen 120 Menschen wohnen könnten. Auch 4200 Quadratmeter an der Oher Straße neben der Kita Schönningstedt bieten sich aus Sicht der Stadt für Wohnbebauung an.

Den größten Bedarf gibt es an Ein-Zimmer-Wohnnungen

Eine Nachverdichtung wäre zudem an der Schulstraße 24 möglich. Auf dem Grundstück befindet sich bereits eine Unterkunft. Für einen zweiten Baukörper wäre noch Platz. Besonders viel Fläche zur Bebauung gibt es zwischen Feldstraße und Eggerskoppel. Zusammen könnte dort auf zehn Hektar viel Wohnraum entstehen. Den größten Bedarf gibt es an Ein-Zimmer-Wohnnungen. Sollten sich die Pläne realisieren lassen, hätte die Stadt ein großes Problem gelöst.

Gemeindewehrführer Oliver Selke auf der 4,6 Hektar großen Ackerfläche an der Sonstkoppel, auf der Ohes neue Feuerwehrwache entstehen soll. Laut Stadt wäre noch Platz für Wohnhäuser.
Gemeindewehrführer Oliver Selke auf der 4,6 Hektar großen Ackerfläche an der Sonstkoppel, auf der Ohes neue Feuerwehrwache entstehen soll. Laut Stadt wäre noch Platz für Wohnhäuser. © U. Gerullis | Undine Gerullis

In den 40 Notunterkünften, die über alle Stadtteile – bis auf Ohe – verteilt sind, leben derzeit 544 Menschen. Darunter sind sowohl Geflüchtete als auch Wohnungslose. Die größte Gruppe, 140 Menschen, kommt aus der Ukraine, gefolgt von Geflüchteten aus Syrien und Afghanistan.

Notunterkünfte sind die teuerste Form der Unterbringung

Rund 2,6 Millionen Euro gibt die Stadt im Jahr für die Unterkünfte aus. „Notunterkünfte sind durch die zusätzlichen Personalkosten wie Hausmeister, Sozialpädagogen, Sicherheitsdienst und Reinigungskräfte die teuerste Form der Unterbringung“, sagt Christ. Er rechnet vor: „Bei den Notunterkünften verbleiben bei der Stadt Reinbek im Haushalt 2023 insgesamt 2.580.000 Euro als Aufwand. Dieser besteht bei einer Gesamtfläche von 8000 Quadratmetern. In zwölf Monaten ergeben sich damit Kosten in Höhe von 25,60 Euro pro Quadratmeter.“

Im gehobenen Wohnstandard wie im Neubau der Baugenossenschaft Sachsenwald am Täbyplatz kostet der Quadratmeter zwölf Euro, zuzüglich zwei Euro an Betriebskosten sowie zwei Euro an Heizkosten. Im Ergebnis also 16 Euro pro Quadratmeter. „Rechnerisch könnten so knapp zehn Euro pro Quadratmeter dauerhaft eingespart werden. Nicht nur finanziell lohnt es sich für die Stadt, Wohnraum zu schaffen“, sagt Christ.

Dass sich am Ende ein Unternehmen findet, das die Wohnungen baut, da ist sich Andreas Breitner, Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen, sicher. Er vertritt 341 Wohnungsgenossenschaften und -gesellschaften in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg. „Die Rahmenbedingungen für sozialen Wohnungsbau sind aktuell gut. Das Land Schleswig-Holstein hat ein attraktives Förderprogramm auf die Beine gestellt, an dem wir als Verband mitgewirkt haben“, sagt Breitner: „Wenn sich der Bau von Wohnungen lohnt, dann der von geförderten.“