Ahrensburg. Gutachten benennt 67 Kommunen in Schleswig-Holstein, in denen Wohnungen akut fehlen. Stormarn taucht bedenklich häufig in der Liste auf.

Die Wohnungsnot hat sich längst zu einem bundesweiten Problem entwickelt. Von dem prognostizierten Bedarf von jährlich 400.000 neu gebauten Wohneinheiten ist Deutschland meilenweit entfernt. Das wird für viele Kommunen zunehmend zu einem handfesten Standortnachteil, der die Akquise von Facharbeitern quer durch alle Branchen erschwert und auch dramatische Auswirkungen auf öffentlichkeitswirksame Bereiche wie das Gesundheitswesen, die Pflege und die Gastronomie hat.

Das Gesetz tritt am 10. Februar in Kraft

Doch wo ist die Lage auf dem Wohnungsmarkt aktuell am prekärsten? Das hat das schleswig-holsteinische Innenministerium jüngst im Zusammenhang mit dem neuen Baulandmobilisierungsgesetz des Bundes in einem Gutachten ermitteln lassen. Das Gesetz soll, wie bereits berichtet, Abhilfe gegen die grassierende Wohnungsknappheit in Schleswig-Holstein schaffen und am 10. Februar in Kraft treten.

Zuvor hatte das Innenministerium alle 1106 Städte und Gemeinden im Land unter die Lupe nehmen lassen. Dabei wurden von den Gutachtern 67 Kommunen identifiziert, in denen die Situation auf dem Wohnungsmarkt besonders kritisch ist. „Ergebnis der gutachterlichen Bewertung zur Angespanntheit eines Wohnungsmarktes nach Paragraf 201 a Baugesetzbuch“ steht über der Liste. Ergo: Je höher die Position, desto schwieriger die Lage.

Liste benennt 14 Stormarner Kommunen

Angeführt wird das wenig schmeichelhafte Ranking von der beliebten Nordseeinsel Sylt. Doch auf den ersten 20 Plätzen finden sich auch etliche Kommunen aus dem Kreis Stormarn. Hinter Sylt und Norderstedt liegt die Stadt Glinde, wo gerade um ein großes Hochhausprojekt an der Sönke-Nissen-Allee mit 63 Wohneinheiten gestritten wird, auf Platz drei. Die Nachfrage und der Handlungsbedarf sind hier offenbar besonders groß, insbesondere im Bereich des bezahlbaren Wohnens.

Ein Befund, der laut Liste für den gesamten Süden Stormarns gilt. Denn mit Barsbüttel (Rang 5), Oststeinbek (11) und Reinbek (12) finden sich faktisch alle großen Kommunen im Dunstkreis der Freien und Hansestadt Hamburg auf vorderen Plätzen. Nicht viel besser stellt sich allerdings die Lage in Ahrensburg (10), Ammersbek (14), Bargteheide (15) und Großhansdorf (17) dar. Weiter hinten finden sich weitere sechs Stormarner Kommunen auf der Liste.

Wirkung des neuen Gesetzes wird bezweifelt

Mit der vom Landtag bereits beschlossen Verordnung werden die 67 Kommunen in die Lage versetzt, ihr gemeindliches Vorkaufsrecht auf brachliegende Grundstücke auszuweiten, bei dringendem Bedarf Baugebote auszusprechen und Befreiungen von Bauplänen zugunsten des Wohnungsbaus zuzulassen. Grundlage ist das Baulandmobilisierungsgesetz, das Ende Juni 2021 vom Bundestag beschlossen wurde, um schneller Bauland zur Schaffung bezahlbaren Wohnraumes zu aktivieren.

Dass das neue Gesetz die gewünschte Wirkung entfaltet, wird weithin bezweifelt. Vor allem deshalb, weil benötigte Brachflächen oft gar nicht zur Verfügung stünden. Neben Kreis- und Lokalpolitikern haben auch der Eigentümerverband Haus & Grund sowie Mietervereine Kritik geäußert.

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) hatte die die Offensive der Landesregierung in einer ersten Stellungnahme begrüßt. „Jetzt sind die Kommunen an der Reihe, ihre erweiterte Handhabe für den Bau bezahlbarer Wohnungen rasch zu nutzen“, erklärte VNW-Direktor Andreas Breitner. Forderungen nach Gründung neuer kommunaler Wohnungsgesellschaften wies er indes zurück. Sie würden nicht helfen, die aktuellen Probleme zu lösen. Weil eine Gründung in der Regel mehrere Jahre dauere, ohne das eine einzige Wohnung gebaut werde. „Staatliche Fördermittel werden sinnvoller ausgegeben, wenn damit die existierenden Vermieter bei der Schaffung von Wohnraum unterstützt werden“, so Breitner.