Reinbek. Omas gegen Rechts und die Lokalpolitik rufen zu Protest gegen die Tagung auf. Rechte kommen nicht zum ersten Mal nach Reinbek.
Der Titel der Tagung klingt unscheinbar. Um „Deutschland 2050“ geht es am Montag im Reinbeker Schloss. Wer genauer hinschaut, könnte bei den geplanten Vorträgen zur „konservativen Ethik“ und „konservativen Ökologie“ stutzig werden. Genau das sind die Mitglieder des Bergedorfer Bündnisses gegen rechts, einem Zusammenschluss verschiedener Initiativen in Bergedorf und Umgebung. Sie setzen sich für eine freie und offene Gesellschaft ein.
Organisator der halbtägigen Tagung ist die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES), die politisch der AfD nahesteht. Die Stiftung war Ende Oktober in den Schlagzeilen, weil sie bis vor das Bundesverfassungsgericht zog, um zu erwirken, dass auch sie staatliche Fördermittel erhält. Bislang wurden die ihr verweigert.
AfD-nahe Stiftung: Omas gegen Rechts protestieren vor dem Schloss
„Uns widerstrebt es, dass die AfD unter dem Deckmantel einer Stiftung fragwürdiges, völkisches Gedankengut in einem öffentlichen Gebäude bei uns in Reinbek diskutiert“, sagt Inga Stöckmann. Die 70-jährige Reinbekerin ist eine von 25 „Omas und Opas gegen rechts“ aus Bergedorf und Umgebung. Die tauchen überall da mit ihren Plakaten auf, wo sie die demokratischen Werte in Gefahr sehen. Moralische Unterstützung erhalten sie von Bürgermeister Björn Warmer.
„Am Montag werden wir zwischen 14 und 19 Uhr eine Mahnwache vor dem Schloss abhalten“, sagt Stöckmann. Sie selbst hat erst vor zwei Tagen per Zufall von der Tagung erfahren und hofft nun umso mehr, dass sich spontan viele Menschen dem friedlichen Protest anschließen.
AfD-Stiftung kommt nicht zum ersten Mal nach Reinbek
Dass der viel bewirken kann, hat Stöckmann erlebt: Fünf Jahre lang hat sie tagtäglich an den Mahnwachen vor dem Glinder Bekleidungsgeschäft Tønsberg an der Möllner Landstraße teilgenommen. Das hat Kleidung einer Marke verkauft, die in der rechten Szene beliebt ist. Der Protest zeigte Wirkung, die Kunden blieben aus, Anfang 2017 hat der Laden geschlossen.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die AfD beziehungsweise die ihr nahe Stiftung im Reinbeker Schloss einmietet. Eine Veranstaltung im Januar vor zwei Jahren war besonders bitter aufgestoßen. Während der damalige Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion, Jörg Nobis, zum Thema „Retter oder Schlepper? – Seenotrettung im Mittelmeer“ im Schloss referierte, formierte sich vor dem Schloss ein breites Bündnis von Verbänden, Kirchen und Parteien.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Günther Herder-Alpen, erinnert sich noch gut an den gelungenen Protest mit Musik, einer Ausstellung und mehreren Hundert Teilnehmern. Er hatte ihn initiiert. Herder-Alpen unterstützt auch den aktuellen Protestaufruf. Damals hatte er sich dafür stark gemacht, die Satzung des Schlosses dahingegen zu ändern, dass bestimmte Parteien ausgeschlossen werden. Das aber gestaltet sich nach einer ausführlichen Rechtsprüfung schwierig, „wenn wir ein Schloss für alle wollen“, sagt er.
Schlossverwaltung muss sich neutral verhalten
Die Vermietung des Schlosses erfolgt nach der Satzungs- und Entgeltordnung der Stadt Reinbek. „Daraus ergibt sich ein Anspruch für alle Parteien – unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung. Wir müssen uns neutral verhalten“, sagt Elke Güldenstein, Leiterin des Schlosses. Sie sieht es als problematisch an, dass in den sozialen Netzwerken die Schlossverwaltung für die Vermietung verantwortlich gemacht wird.
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Die Anfrage unserer Redaktion, warum DES-Tagungen gerade in Reinbek abgehalten werden, ließ die Stiftung am Freitag unbeantwortet. Genauso wie die Frage, wie sie mit dem Protest umgehen wolle. Bislang wurden die Veranstaltungen von einem eigenen Sicherheitsdienst begleitet.
AfD-Stiftung: Sicherheitsdienst fiel bereits unangenehm auf
Bei der Tagung vor zwei Jahren fielen einige Sicherheitsleute durch „ungebührliches Verhalten“ gegenüber anderen Schlossbesuchern auf, musste die Schlossverwaltung sogar Hausverbote aussprechen. Die Polizei ist alarmiert: „Wir haben die Veranstaltung auf dem Schirm“, sagt Sprecherin Sandra Kilian.
Offenbar fürchtet man bei der DES Proteste und ist beim Bewerben der Tagung äußerst konspirativ vorgegangen: einen Hinweis auf der Homepage der in Lübeck gegründeten Stiftung gibt es nicht. Den erwarteten 80 Teilnehmern soll zudem vorab zugesichert worden sein, dass die Namensliste keinen Rückschluss auf die Veranstaltung zulasse.