Reinbek. Das E-Werk kündigt massiv steigende Energiepreise an: Gas steigt zum Januar auf das Drei- bis Vierfache, Strom auf das Doppelte.

Im Herbst wird es in Reinbek kühl und dunkel – zumindest ein wenig. Während die Straßenbeleuchtung bleibt wie sie ist, wird vom Schloss, von der Maria-Magdalenen-Kirche und vom Wehr die Außenbeleuchtung ausgestellt. „Auch die Stadt muss Energie einsparen, um nicht von den Kosten aufgefressen zu werden“, sagt Bürgermeister Björn Warmer, auch wenn das Einsparpotenzial im Fall der Außenbeleuchtung eher gering sein wird, wie er zugibt. Dennoch will und muss die Kommune mit gutem Beispiel vorangehen und ein sichtbares Zeichen setzen.

Weitaus höher fällt das Einsparpotenzial hingegen beim Heizverbrauch aus. „90 Prozent des Gasverbrauchs in unserem Versorgungsgebiet (in Reinbek, Glinde, Barsbüttel, Oststeinbek und den Sachsenwaldgemeinden, die Red.) wird von privaten Haushalten zum Heizen genutzt“, sagt Thomas Kanitz. Der 65-jährige Geschäftsführer vom E-Werk Sachsenwald, das 9000 Kunden mit Gas und 26.000 Kunden mit Strom beliefert, blickt mit Sorge auf die kommenden Winter.

Es gibt derzeit nur eine Lösung zu den Preissteigerungen: sparen, sparen, sparen

Nicht weil das Gas nicht reichen könnte, wovon der Energieexperte im Norden nicht ausgeht, sondern weil es extrem teuer geworden ist und einige Kunden in Zahlungsschwierigkeiten kommen könnten. „2023 wird hart und teuer“, sagt Kanitz – für Kunden und E-Werk. Seit 36 Jahren ist Thomas Kanitz in der Energiebranche tätig. Zeiten wie diese hat er aber nie erlebt. „Es gibt derzeit nur eine Lösung: sparen, sparen, sparen“, sagt Kanitz, der hofft, dass die Krise in zwei Jahren vorbei ist.

Wer sparen will, muss die Raumtemperatur senken und das Thermostat herunterdrehen, rät Thomas Kanitz vom E-Werk Sachsenwald.
Wer sparen will, muss die Raumtemperatur senken und das Thermostat herunterdrehen, rät Thomas Kanitz vom E-Werk Sachsenwald. © Undine Gerullis

Wie das geht, soll in Online-Infoabenden und in einem Flyer erklärt werden, den der Versorger ab Ende September in den öffentlichen Einrichtungen auslegt. Im Oktober folgt eine zweite ausführliche Broschüre, die an alle Kunden verteilt wird. Darin sind auch Adressen enthalten, an die sich Kunden wenden können, wenn die Rente nicht reicht, um die hohen Heiz- und Stromkosten zu bezahlen. Schon jetzt melden sich viele besorgten Kunden beim E-Werk.

Preissteigerungen treffen nicht nur Privathaushalte hart – auch die Stadt

Denn neben der Umlage von 3,6 Cent pro Kilowattstunde, die der kommunale Versorger zwar einzieht, aber an die Gasbeschaffer weiterreichen muss, kündigt Kanitz für Anfang 2023 Preissteigerungen auf das Drei- bis Vierfache des bisherigen Kilowattpreises an. Der Strompreis steigt ebenfalls – wahrscheinlich auf das Doppelte.

Die Preissteigerungen treffen nicht nur Privathaushalte hart, auch die Stadtkasse ächzt unter den Mehrkosten. Eine Task-Force sucht im Rathaus nun nach schnellen Ad-hoc-Einsparmöglichkeiten für den kommenden Winter. Eine ist: „Wir werden in allen öffentlichen Einrichtungen – vom Rathaus, über Kitas und Schulen, Volkshochschule und Begegnungsstätte – die Thermostate austauschen“, sagt Warmer. Vorausgesetzt, die mehrere Hundert benötigten Thermostate sind noch am Markt verfügbar.

Außenbecken wird stillgelegt, Wassertemperatur um ein Grad abgesenkt

Die Raumtemperatur soll dann je nach Arbeitsbereich maximal 19 Grad Celsius betragen. „Individuelle Wohlfühltemperaturen wird es nicht mehr geben“, sagt Warmer. Denn die Thermostate können nur von der Person hoch- und runtergeregelt werden, die den passenden Schlüssel hat. Zudem sollen in allen Gebäuden die Heizungsanlagen überprüft und optimiert werden. „Das Absenken der Raumtemperatur um ein Grad spart sechs Prozent beim Verbrauch ein“, weiß Kanitz, der nicht empfiehlt, auf Elektroheizungen auszuweichen. „Das würde unser Stromnetz überlasten.“

Noch höher ist das Einsparpotenzial beim Freizeitbad, dem wohl größten öffentlichen Energiefresser der Stadt – neben dem nicht gedämmten Rathaus. Das Freizeitbad ist eine Tochter des kommunalen E-Werks. Die gute Nachricht ist: Eine komplette Schließung ist erst einmal vom Tisch. Dafür soll der Verbrauch um 30 Prozent reduziert werden, in dem das Außenschwimmbecken nach den Herbstferien geschlossen wird und die Temperatur im großen Mehrzweckbecken ab September um ein Grad auf 28 Grad reduziert wird. Auch die Schließzeit für Wartungsarbeiten soll im November um eine Woche auf vier ausgeweitet werden.

An der Straßenbeleuchtung wird nicht gedreht – es gibt kein Einsparpotenzial mehr

Dafür wird der aktuell eingestellte Saunabetrieb im September wieder aufgenommen, wird die Sauna immer freitags angeheizt. Trotz der vielen Maßnahmen: „Die Kostensteigerungen – nicht nur für Energie, sondern auch für Chemikalien – können wir damit nicht auffangen“, sagt Freizeitbad-Geschäftsführer Holger Kehl, der ebenfalls für Anfang Januar Preisanpassungen beim Eintritt ankündigt.

Neben all den Einschränkungen gibt es auch eine gute Nachricht: An der Straßenbeleuchtung wird nicht gedreht. „Da gibt es kein Einsparpotenzial mehr“, sagt Kanitz. Denn mehr als 80 Prozent der Straßenleuchten sind auf LED umgestellt. Zusätzlich wird die Lichtstärke zwischen 22 und 6 Uhr um 50 Prozent reduziert. Wenigstens sicher dürfen sich die Bürger weiterhin fühlen.