Glinde. Bürgermeister Rainhard Zug wurde Projektstart am Holstenkamp für spätestens April angekündigt. Wieder ist nichts passiert.
Der Bauzaun steht bereits seit langer Zeit, der blaue Container dahinter auf dem Grundstück am Holstenkamp in Glinde gegenüber der kleinen Ladenzeile ebenfalls. Die Zufahrt ist mit massiven Holzbrettern ausgelegt, mehrere Sandhügel sind begrünt, Sträucher und Unkraut wachsen überall. Eigentlich hätten hier längst 37 Sozialwohnungen errichtet werden sollen. Die Stadt benötigt dringend bezahlbare Bleiben. Sie hat das Areal per Erbpacht an einen Investor vergeben. Der Kontrakt gilt für 99 Jahre. Ankündigungen für den Start gab es nicht nur einmal. Auch das jüngste Versprechen wurde nicht eingehalten.
„Mich wundert schon sehr, dass überhaupt nichts passiert. Das ist sehr bedauerlich“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Diese Aussage darf durchaus als Kritik verstanden werden an der D.R.S. Bauregie Dresden mit Sitz in Hamburg. Mit dem Unternehmen hatte der Verwaltungschef zuletzt Ende 2022 Kontakt. Damals wurde ihm mitgeteilt, dass es im März oder April endlich losgeht.
Kita auf Areal am Holstenkamp wurde 2020 eingeweiht
Rückblick: 2017 übernimmt die Firma mehr als 5500 Quadratmeter Fläche von der Stadt. Den entsprechenden Beschluss fasste die Politik. Hinten soll eine Kita und vorne zur Straße hin Wohnraum entstehen. Für die Kindertagesstätte sucht Glinde als Träger die Arbeiterwohlfahrt (Awo) aus. Man will zügig mit dem Bau beginnen. Doch es kommt zu Verzögerungen wegen der Nähe des Gebäudes zum Schönningstedter Graben. Aus wasserschutzrechtlichen Gründen wird dieser auf 90 Metern Länge verrohrt und an anderer Stelle als Ausgleich wieder entrohrt. Im November 2020 feiert die Betreuungseinrichtung schließlich Einweihung. Kosten: 3,9 Millionen Euro.
- Glinde: Abriss alter Gebäude im Zentrum für Wohnbauprojekt
- Glinder Wohnbauprojekt: Initiative zieht Klage zurück
- Gemeinschaftsschule beschmiert: Glinde erstattet Anzeige
Das Haus für Jungen und Mädchen hat drei Geschosse und 1090 Quadratmeter Nutzfläche inklusive der 174-Quadratmeter-Dachterrasse. Platz ist für 80 Kinder in vier altersgemischten sowie einer Elementargruppe. Es gibt eine Außentoilette, die im Gebäude integriert ist. Zudem sind zwei Außentreppen vorhanden. Eine perfekte Umgebung für die Kleinen.
Dass erst die Kita und danach die Wohnungen angegangen werden, war so geplant. Als die Betreuungsstätte offiziell eröffnet wird, kündigt D.R.S.-Geschäftsführer Michael Demuth den Baubeginn für das zweite Vorhaben für Frühjahr 2021 an. Das Investitionsvolumen beläuft sich seinerzeit auf 8,1 Millionen Euro. 18 Monate später sollen die Mieter einziehen in die beiden viergeschossigen Gebäude mit 18 und 19 Einheiten. Die Zwei- bis Vierzimmerwohnungen sind zwischen 40 und 86 Quadratmeter groß, alle haben Balkon oder Terrasse. Glinde hat Vorschlagsrecht bei der Auswahl der Mieter.
Im Stadtteil Wiesenfeld ruhen zwei weitere Wohnbauprojekte
D.R.S. wartet allerdings ab, weil man keine Handwerksfirmen findet, die Arbeiten zu angedachten Preisen ausführen. Zudem gibt es Probleme mit dem eingereichten Förderantrag für die Wohnungen bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH), weil das Unternehmen auch das Kita-Areal aufführt. Die Grundstücke müssen neu zugeschnitten werden, es bedarf einer Änderung des städtebaulichen Vertrags. Dem stimmt die Stadtvertretung in der Septembersitzung vergangenen Jahres im nicht öffentlichen Teil zu. Das Geld ist inzwischen bewilligt. Bereits im Juli bekräftigt Demuth gegenüber dieser Redaktion, er möchte im dritten Quartal anfangen. Zusatz: Man sei jetzt mit der Vergabe beschäftigt. Ein sportliches Ziel, zu einer Umsetzung kommt es nicht.
Natürlich hat auch die D.R.S. Bauregie Dresden mit steigenden Materialkosten zu kämpfen, aufgrund der letzten Mitteilung war Verwaltungschef Zug aber fest davon ausgegangen, dass die Sache im Stadtteil Wiesenfeld nun endlich Fahrt aufnimmt. Er hat keine Kenntnisse über den Grund für die weitere Verzögerung. Geschäftsführer Demuth war für diese Redaktion nicht erreichbar.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach hat indes Verständnis: „Es ist im Moment sehr schwierig, etwas auf die Beine zu stellen. Für Wohnungssuchende ist das eine bittere Pille.“ Zwei weitere Projekte in unmittelbarer Nähe ruhen ebenfalls: das Vorhaben der Vonovia mit 113 Einheiten sowie jenes der Baugenossenschaft Sachsenwald mit 149 Wohnungen – Bestandteil sind jeweils auch öffentlich geförderte Wohnungen. Voran geht es derzeit nur im Zentrum: Am Alten Gleisdreieck baut das Unternehmen Semmelhaack 31 Reihenhäuser und 89 Wohnungen, die allesamt vermietet werden.