Glinde. „Helmut Schmidt hat mich geprägt“, sagt Lauterbach. Das Abendblatt stellt die Bewerber für die Bürgermeisterwahl in loser Folge vor.

Vor Kurzem und nicht zum ersten Mal durfte Frank Lauterbach wieder auf jenem Platz sitzen, den er demnächst dauerhaft wärmen will: den Chefsessel im Glinder Rathaus. Seit dem Jahr 2013 vertritt der SPD-Politiker während dessen Urlaub, führt dann zum Beispiel Gespräche mit dem Personalrat oder gibt Geld für städtische Bauaufträge frei. „Das Amt reizt mich, weil es vielfältig und spannend ist“, sagt der 56-Jährige, der genauso wie der Grünen-Ortsvorsitzende Jan Schwartz bei der Bürgermeisterwahl am 24. September gegen den Amtsinhaber antritt.

Fragt man Lauterbach danach, was ihn für den Job prädestiniert, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Ich bin Glinder, kenne Stadt und Menschen, habe einen guten Draht zu Vereinen und Verbänden, versuche immer, diplomatisch zu sein.“ So viel zur Selbsteinschätzung. Ein erster Flyer, der jetzt an die Bewohner der 18.500-Einwohner-Kommune verteilt wird, ist natürlich mit Inhalten gefüllt. Also mit dem, was er verspricht und als Bürgermeister umsetzen möchte: zum Beispiel die Verwaltungsabläufe transparenter zu machen, mehr Mut zu unkonventionellen Entscheidungen zu haben, ein Leitbild und eine Identität für Glinde zu vermitteln, runde Tische mit Bürgern zu initiieren, um Sachverstand und Ideen zu bündeln.

Lauterbach, unverheiratet und kinderlos, hat sich viele Gedanken gemacht, wie er sich als Bürgermeisterkandidat präsentieren will. Er meint zu wissen, wie Glinde tickt – aus der Perspektive des Bürgers sowie als Politiker. In Hamburg-Lohbrügge aufgewachsen, zog er 1978 in die Stadt, wohnte dort an verschiedenen Orten. Erst in Hochhäusern, seit acht Jahren und dem Tod der Mutter in einem Einfamilienhaus mit seinem Vater Bernhard (81), der den liebevoll gestalteten Garten pflegt.

Die Kinderarmut in Glinde ist Lauterbach ein Dorn im Auge

Seit 1985 ist er für die Sozialdemokraten in Glinde aktiv, was nicht verwundert. Schon die Urgroßmutter war SPD-Mitglied. „Helmut Schmidt hat mich geprägt, sein Sturz mich noch enger an die Partei gebunden“, sagt Lauterbach. Seine Positionen bei den Glinder Genossen: Sechs Jahre war er Ortsvorsitzender, einige Zeit auch in Doppelfunktion als Fraktionschef tätig. Nun beschränkt sich Lauterbach auf letzteren Posten, ist zudem Vorsitzender des Sozialausschusses. Themen, die dort behandelt werden, sind sein Spezialgebiet.

Darauf wurde er auch nach der Bekanntgabe seiner Kandidatur von Bürgern angesprochen. Lauterbach: „Die Leute haben sich speziell über die Jugendpolitik erkundigt und Fragen zu Kitagebühren gestellt.“ Ein Dorn im Auge ist dem Bürgermeisterkandidaten, dass Glinde in Sachen Kinderarmut mit Bad Oldesloe an der Spitze im Kreis Stormarn steht. Er verspricht: „Ich setze mich weiter dafür ein, Familien und Kinder zu unterstützen, damit wir allen gleiche Teilhabe an Bildung und Kultur ermöglichen können.“

Mehrfache Operationen während der Kindheit

Seine eigene Kindheit war nicht immer leicht. In jungen Jahren wurde Lauterbach mehrfach an Füßen und Beinen operiert, ist zu 70 Prozent schwerbehindert. Trotzdem machte er früher bei Ballsportarten mit und ging auf Seegeltouren, war im Schulunterricht allerdings bei der Leichtathletik freigestellt. Sein Ziel, Anwalt zu werden, warf er über den Haufen und beendete das Studium vor dem ersten Staatsexamen. Stattdessen ging es als Angestellter in eine Steuerberatungskanzlei mit den Schwerpunkten Buchhaltung und EDV. Inzwischen arbeitet Lauterbach dort nur noch in Teilzeit, ist dafür als selbstständiger Personal- und Businesscoach im Einsatz. Er bietet zum Beispiel Seminare für Firmen und in Seniorenheimen an.

In den Mitarbeiterschulungen liegt der Schwerpunkt auf Kommunikation und Konfliktmanagement. „Das Coaching bringt einen selbst weiter. Man muss zuhören können, das ist auch als Bürgermeister gerade im Bereich der Personalführung wichtig“, sagt der SPD-Politiker, der nicht jedem nach dem Mund redet. Auf der Mitgliederversammlung, bei der die Partei Lauterbach als ihren Kandidaten für das Amt des Verwaltungschefs kürte, gab es auch Gegenstimmen. „Das liegt daran, dass ich nicht Everybody’s Darling bin.“

Erst der Einstieg in die Politik, dann bei den Johannitern

Genauso wenig ist der Sozialdemokrat ein Selbstdarsteller. Die Bitte, über seine politischen Erfolge reden, wiegelt er ab. Die Verwirklichung einer Idee sei immer eine Mannschaftsleistung. Wenn überhaupt, dann würde er sein Wirken so beschreiben: „Ich habe es oft geschafft, andere Fraktionen mit ins Boot zu holen.“ Und seine Stärken? Da kommt Lauterbach philosophisch daher, sagt: „Vielleicht die Diplomatie, aber diese kann auch als Schwäche ausgelegt werden.“ Zumindest fällt es ihm nicht schwer, über seine negativen Angewohnheiten zu reden: „Das Verspeisen von Süßigkeiten in jeder Form.“ Er habe bei seinen 1,78 Metern Körpergröße einige Kilo zu viel auf den Rippen, will sein Gewicht aber nicht verraten.

Es ist die Stärke eines jeden Menschen, der sich im Ehrenamt für das Gemeinwohl einsetzt. Auf Lauterbach trifft das nicht nur in der Funktion als Kommunalpolitiker zu. Seit 1986 ist er Mitglied bei den Johannitern, war bei der Hilfsorganisation Fachberater sowie Ausbilder und Prüfer im Rettungshundewesen im Bereich Katastrophenschutz und Auslandshilfe.

Sein eigener Hund, ein Australian Shepherd, heißt Buddy und ist acht Jahre alt. Der treue Freund begleitet Lauterbach auch täglich im Beruf. Damit dürfte es vorbei sein, sollte der Sozialdemokrat Bürgermeister werden. Lauterbach: „Generell sind Hunde im Glinder Rathaus nicht erlaubt.“