Glinde. Rahmenplan für Innenstadtkonzept in Glinde sieht neue 300 Wohnungen und mehr Geschäfte vor. Das ist aber längst noch nicht alles.
Das Zentrum in Glinde wird sich in den kommenden Jahren womöglich stark verändern. Grundlage dafür ist das neue Ortsmittenkonzept. Der dazugehörige Rahmenplan, in dem die Leitlinien für die städtebauliche Entwicklung festgelegt sind, muss von der Politik noch verabschiedet werden. An ihm haben neben einer Lenkungsgruppe mit Mitgliedern der Parteien, Verwaltungskräften und Planern auch Bürger mitgearbeitet, die zum Beispiel in Workshops Ideen eingebracht haben. Zudem sind Kennzahlen des Beratungsunternehmens Cima eingeflossen. Werden alle Möglichkeiten ausgeschöpft, geht es um ein Investitionsvolumen im dreistelligen Millionenbereich. Ziel ist es, die Attraktivität der 18.700 Einwohner zählenden Kommune zu erhöhen.
Für das Konzept zahlt die Stadt 100.000 Euro. Rund ein Jahr hat es gedauert, einen Rahmenplan zu erstellen. In dieser Zeit wurden verschiedene Varianten entwickelt, wie die City aussehen könnte. Sie unterscheiden sich in Nuancen: zum Beispiel bei den Abständen zwischen Gebäuden und der Anordnung von Grünzügen. Zentraler Bestandteil der Neugestaltung ist die Schaffung von 300 Wohnungen, 100 davon öffentlich gefördert, sowie 4000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche. Denkbar sind unter anderem zwei sechs- und ein siebengeschossiges Gebäude. Der Parkplatz am Markt könnte wegfallen. Als Ersatz sind dort ein Parkhaus samt Tiefgarage inklusive Carsharing sowie Immobilien mit Wohnungen und Büros skizziert.
Zentrale Busumsteigestation soll drei Haltepunkte ersetzen
Im nördlichen Bereich hinter der Sparkasse Holstein könnten Senioren eine Heimat finden – entweder in einem Altenheim oder beim betreuten Wohnen. Der Engelspark beim Rathaus soll als Erholungs- und Freizeitfläche erschlossen werden, eine Begegnungsstätte für Jung und Alt auf dem Areal entstehen. Nicht zu vergessen die Kreisverkehrsanlage an der Schnittstelle Möllner Landstraße/Oher Weg. Auch sind neue Radwege angedacht und eine zentrale Busumsteigestation, die drei Haltepunkte in unterschiedliche Fahrtrichtungen ersetzt. Der Plan sieht die Aufwertung diverser Grünflächen vor.
Bei der Umsetzung von Wohn- und Büroprojekten ist Glinde jedoch auf private Investoren angewiesen. Die Eigner der Immobilien entscheiden letztlich, ob Gebäude aufgestockt, abgerissen und neugebaut werden – oder gar nichts passiert. Der Stadt gehören Parkplatz und Wege zwischen den Gebäuden. Geht es nach Bürgermeister Rainhard Zug, wird ein Großteil der Bestandsgebäude an Markt und Passage ersetzt. Er sagt: „Die meisten Häuser sind nicht mehr zeitgemäß und abgängig.“ Er sei überzeugt, dass „das Ortsmittenkonzept eine zündende Idee ist, wie wir Glinde 50 Jahre zukunftssicher machen“.
Der Verwaltungschef will mit der Landesregierung auf jeden Fall über Städtebauförderung sprechen und erhofft sich auf diesem Weg Zuschüsse. Zug: „Binnen 15 Jahren könnte alles umgesetzt werden.“ Er rechnet mit der Absegnung des Rahmenplans durch die Politik nicht vor diesem Herbst. Bisher haben nur CDU und Grüne eine Stellungnahme abgegeben. Erst wenn SPD sowie FDP nachgezogen haben, wird über Einwände diskutiert und dann abgestimmt.
Bürgermeister: Auch die Stadt kann Parkhaus-Bauherr sein
In einem Flugblatt, das eine Gruppe jüngst verteilte, wird Rainhard Zug hart angegangen. „Nun versucht der Bürgermeister, die Glinder Politik für den Verkauf unseres Parkplatzgrundstücks an Investoren zu gewinnen“, heißt es darin. Dem widerspricht der Verwaltungschef vehement: „Ich habe keine Gespräche über das Thema geführt. Auch die Stadt könnte Bauherr sein.“ Zudem sei Erbpacht eine Option.
Und was sagen andere Bürger zum Rahmenplan für das Ortsmittenkonzept? Krankenpfleger Kevin Semcken plädiert für eine Tagesklinik samt Ärztehaus. „Seniorenheime haben wir in Glinde ja schon genug. Und wenn ein Parkhaus gebaut wird, dann bitte ohne Gebühren“, so der 27-Jährige. Vor allem begrüßt er die Begegnungsstätte für Jung und Alt. „Und es sollten bezahlbare Wohnungen entstehen.“ Semcken sucht mit seiner Freundin gerade selbst eine neue Bleibe in der Stadt und hat schon eine Wohnung im Visier. Die Miete für die 78 Quadratmeter beträgt 850 Euro kalt. Das Paar wartet noch auf die Zusage. Zweifel hat der junge Mann, dass Carsharing in Glinde funktioniert.
Hannelore Isermann möchte nicht, dass der Parkplatz am Markt wegfällt. Die 72-Jährige wohnt seit 1971 in Glinde und schlägt vor, das Gebäude neben dem Bürgerhaus, in dem die Commerzbank beheimatet ist, in moderner Bauweise aufzustocken. „Ich glaube nicht, dass sich kleine inhabergeführte Geschäfte hier durchsetzen können“, sagt sie.
Gewerbevereinigung wünscht sich Tempo bei Innenstadtgestaltung
Ricardo Spiegel führt seit 2007 einen Friseursalon in der City und ist in Glinde aufgewachsen. Der 44-Jährige sagt: „Hier fehlen kleine Boutiquen, die zum Bummeln einladen.“ Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum finde er gut. „Ich habe aber Angst, dass zu dicht bebaut wird.“ Er sei jedoch skeptisch, dass sich sehr viele Dinge aus dem Rahmenplan umsetzen ließen.
Die Gewerbevereinigung Glinde wünscht sich Tempo bei der Innenstadtgestaltung. In einem Schreiben an die Mitglieder des Bauausschusses heißt es: „Aus unserer Sicht kann die Veränderung nicht schnell genug erfolgen.“ Es fehlten ansprechende Treffpunkte, die auch am Abend und an den Wochenenden noch geöffnet seien.