Glinde. Benjamin Kille hat 13 Jahre in Asien gelebt. Von seinen Verbindungen können Betriebe profitieren. Was er Kunden alles anbietet.

ln seinem Zwischenlager an der Möllner Landstraße in Glinde sind Dutzende Holzkisten bis unter die Decke aufgetürmt. Darin befinden sich Möbel, die ein Unternehmen in China hat fertigen lassen. Diese werden demnächst in Boutiquen aufgestellt. Zuständig für den Transport ist Benjamin Kille. Der 41-Jährige fungiert aber nicht nur als Spediteur. Er hilft Firmen, im asiatischen Raum Fuß zu fassen und zu expandieren. Dafür hat er ein großes Netzwerk geschaffen. „Wir bieten Infrastruktur und Know-how aus einer Hand, also eine Komplettlösung“, sagt der Geschäftsmann, der neben Englisch auch Mandarin spricht.

Konkret sieht das so aus: Seine Mitarbeiter vor Ort suchen für Kunden Produktionsstätten, schließen Verträge mit Lieferanten, kaufen die Materialien ein. Außerdem überprüfen sie vor der Verschiffung die Qualität der gefertigten Waren. Nicht zu vergessen das digitale Marketing. Deutschen Firmen, die ihre Utensilien auf dem chinesischen Markt anbieten, steht Kille ebenfalls zur Seite. „Wir kümmern uns um Einkauf und Verkauf. Kunden haben bei uns planbare Kosten“, sagt der Glinder. In Corona-Zeiten hatte er namhafte wie Aldi und Edeka. Für sie besorgte er Masken und Tests. Derzeit berät er drei E-Commerce-Unternehmen und hat einen Maschinenbauhersteller aus Köln an der Hand mit einem Auftragsvolumen von bis zu fünf Millionen Euro.

Sein Interesse an China weckte eine Lehrerin am Gymnasium

Kille ist schon viel herumgekommen auf dem Globus, lebte 13 Jahre in Asien, davon zwölf in Shanghai sowie den Rest der Zeit in Hongkong. Seine Begeisterung für China weckt eine Lehrerin am Glinder Gymnasium. „Sie sagte damals, das Land sei die Zukunft. Mich hat das Unbekannte gereizt.“ In der elften Klasse fliegt er mit Mitschülern und der Pädagogin tatsächlich nach China. Man bereitete sich in Arbeitsgruppen darauf vor, eignete sich Kenntnisse über Land und Leute an. „Ich war zwar kein Musterschüler, habe mich aber in Sachen reingekniet, die mich interessiert haben.“ Mit Bus und Bahn geht es quer durch die Volksrepublik. Dass seine berufliche Zukunft eng mit China verbunden sein würde, war da allerdings nicht abzusehen.

Benjamin Kille und seine Frau Candy vor der Skyline von Shanghai.
Benjamin Kille und seine Frau Candy vor der Skyline von Shanghai. © Privat

Nach dem Abitur macht Kille eine Lehre zum Speditionskaufmann in einer Hamburger Firma. Das reicht ihm aber nicht. Am Euro Business College in der Hansestadt studiert er Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Ostasien. In den Semesterferien ist der junge Mann für seinen Ausbildungsbetrieb im Einsatz. Der schickt Kille in die USA nach South Carolina. Er sagt: „Ich war IT-affin, habe die Leute in einer Lagerstätte auf dem neuen System geschult.“ Diese verantwortungsvolle Aufgabe meistert der Glinder mit Bravour. Die Firma offeriert ihm nach dem Studium eine Position in Shanghai. 2009 bricht Kille seine Zelte hier ab und siedelt über. Sein Job: Bindeglied zwischen Geschäftsführung, IT-Abteilung und Produktmanagement. 2013 wechselt er als Geschäftsführer zur Speditionsgesellschaft Alfons Köster und führt die dortige Niederlassung.

Der Stormarner lebt in der 28-Millionen-Einwohner-Metropole in einer Hochhaussiedlung mit vielen Einheimischen. „Ich wollte nicht in einer Käseglocke unterkommen mit Gebäuden, in denen ausländische Firmen ihre Mitarbeiter unterbringen samt Fahrservice und eigenen Supermärkten.“ So lernt er Menschen kennen, die dort aufgewachsen sind und gewinnt sie als Freunde. Sie reden natürlich über viele Dinge. Was Kille dabei aufgefallen ist: „In der Regel vermeiden Chinesen Kritik am eigenen Regime, gewisse Sachen werden nicht offen ausgesprochen. Keiner will Nachteile haben.“

Verbindungen zu Lieferanten erleichtern Schritt in Selbstständigkeit

In Shanghai lernt er auch seine Frau Candy kennen, die einen Handelsbetrieb führt. Die beiden haben eine Tochter, die inzwischen sechs Jahre alt ist. Der Glinder verspürt den Drang, sich beruflich zu verändern. Er will mehr als nur Spedition machen. Seine Idee: eine Zweigstelle für Unternehmen in China sein. Sein Vorteil: Er hat Verbindungen zu diversen Lieferanten. Ende 2020 macht sich Kille selbstständig und gründet die SGB Group of Companies mit Hauptsitz in Hongkong. Die Geschäfte laufen gut. Er verspricht sich langfristig aber mehr Erfolg, wenn die Firmenzentrale in Deutschland liegt. Seine Begründung mit dem Hinweis auf Verträge: „Unser Rechtssystem bietet eine bessere Absicherung für mich und die Kunden.“ Im März 2022 kommt Kille nach Glinde, um die Dinge zu regeln. Eigentlich will er im Juli zurück. Doch die Regierung verhängt einen Lockdown in Shanghai. Die Menschen in der Handels- und Hafenmetropole werden unter Quarantäne gestellt.

Kille schafft es, seine Frau und Tochter im Juni nach Glinde zu holen. Er beschließt, jetzt doch in der Stadt zu bleiben. Auf dem Firmenareal befindet sich das Haus, in dem er aufgewachsen ist. Mit der Familie bewohnt er die obere Etage. Auf der Fläche war früher ein Autohaus. Der China-Experte hat die Büroräume renoviert und steuert von hier aus die geschäftlichen Aktivitäten.

Eine weitere Niederlassung in Deutschland ist in Geretsried bei München. Die Dependancen in Asien verteilen sich auf Shanghai, Hongkong und Bangkok. An jedem Standort beschäftigt Kille bis zu drei Mitarbeiter. Es sind Menschen mit besten Verbindungen. Die Office-Managerin in Shanghai, Karen Zhang, hat lange für einen Automobilzulieferer in Deutschland gearbeitet sowie für den Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik in China. Kille sagt, sein Lebensmittelpunkt sei nun in Glinde. Eine spätere Rückkehr nach China hält er für möglich.