Bargteheide. Unterkunft am Haferkamp soll um drittes Gebäude und zwölf Stellplätze erweitert werden. Anwohner sind nicht einverstanden.

Im vergangenen Jahr hat das Land Schleswig-Holstein dem Kreis Stormarn mehr als 3100 Asylbewerber und Geflüchtete zugewiesen, von denen 2753 aus der Ukraine kamen. Deren Unterbringung stellt die Kommunen vor wachsende Probleme. Wegen des gravierenden Mangels an bezahlbarem Wohnraum sind Massenunterkünfte manchmal einzige Alternative. Das erschwert aber die Integration und bringt die Helfer immer öfter an den Rand ihrer Belastungsgrenze. In Bargteheide war zwar schon im Herbst vergangenen Jahres eine Sporthalle der Dietrich-Bonhoeffer-Schule zur Notunterkunft mit 40 Plätzen umgewidmet worden. Bezogen worden ist sie bislang aber nicht.

Wohnungen für bis zu 25 Personen

„Wir arbeiten mit Hochdruck an der Erweiterung der bestehenden Flüchtlingsunterkunft am Haferkamp. Dort soll so schnell wie möglich ein drittes Gebäude entstehen im gleichen Stil wie die bereits bestehenden“, sagt Bürgermeisterin Gabriele Hettwer. Mindestens 25 Personen könnten dann untergebracht werden.

Als diese Pläne Mitte Februar das erste Mal im Bauausschuss diskutiert wurden, äußerten gleich mehrere Anwohner aus der Nachbarschaft Einwände und Bedenken. Der Tenor: Schon jetzt gehe es auf dem Areal oft zu laut zu, es gebe zu viele Autos und zu viele wild abgestellte Fahrräder. Der Rasen werde zu selten gemäht und überhaupt mache das gesamte Quartier einen eher ungepflegten und unordentlichen Eindruck.

Verdichtung führt zu Verschärfung der Situation

Diese Klagen fanden sich nun auch in der jüngsten Vorlage des Rathauses zum Thema wieder. Von einer „bestehenden, angespannten Haltung“ einiger Anwohner bezüglich der Neubauplanung ist dort die Rede. Weshalb „eine weitere Verdichtung an dieser Stelle“ womöglich zu „einer Verschärfung der Situation“ führen könne.

Anwohner der Flüchtlingsunterkunft am Haferkamp sind gegen eine weitere bauliche Verdichtung auf dem Areal.
Anwohner der Flüchtlingsunterkunft am Haferkamp sind gegen eine weitere bauliche Verdichtung auf dem Areal. © HA | Lutz Kastendieck

Dennoch halten Stadtverwaltung und Kommunalpolitik an ihren Plänen fest. Laut einstimmigem Beschluss wird allerdings auf ein Staffelgeschoss verzichtet, dass es bei den beiden bereits bestehenden Gebäuden nicht gibt. Es war jedoch von Mitgliedern des Bauausschusses angeregt worden, um eine möglichst hohe Zahl von Unterkunftsplätzen realisieren zu können. Direkt unter einem Pultdach sollten auf diese Weise zwei weitere kleine Wohnungen mit je 50 Quadratmetern Fläche für bis zu acht Personen entstehen, samt Terrasse und außenliegendem Abstellraum.

Zuwegung und Stellplatzanordnung schwierig

Dazu wird es aber nicht kommen. Allerdings wollen beide Seiten den Verzicht nicht als Zugeständnis an die meuternde Nachbarschaft verstanden wissen. Eine erste planungsrechtliche Überprüfung habe zwar ergeben, dass jenes Staffelgeschoss laut bestehendem Bebauungsplan rechtlich möglich gewesen wäre. Dennoch hätten gleich mehrere Gründe gegen eine Aufstockung gesprochen.

Das beginnt schon mit der schwierigen Herstellung der erforderlichen Stellplätze auf dem Grundstück. „Die planerische Umsetzung gestaltet sich wegen der Zufahrtssituation, der Stellplatzanordnung und der Bestandsbauten jedoch schwierig“, sagt Katja Liebehentschel, im Fachbereich Bau und Liegenschaften für das Projekt zuständig. Zwar seien zwölf Parkplätze durchaus umsetzbar. Es sollte aber geprüft werden, ob nicht zusätzlich eine benachbarte Fläche angekauft werden könne.

Städtebauliches Ensemble nicht mehr gegeben

Kritisch wurde von den Planern zudem gesehen, dass sich das dritte Gebäude mit Staffelgeschoss optisch deutlich von den beiden Bestandsbauten abgehoben hätte und somit „die städtebauliche Ensemblewirkung“ verloren gegangen wäre. Dieser Argumentation mochten vor allem SPD und die Wählergemeinschaft WfB allerdings nicht folgen.

Zu den entscheidenden Punkten in der Debatte wurden unterdessen die Faktoren Zeit und Mehrkosten. „Wegen der fehlenden Planungsvorlagen für ein Gebäude mit Staffelgeschoss wäre mit einer erheblichen Verlängerung der Fertigstellung zu rechnen“, stellte Liebehentschel unmissverständlich klar. Schätzungen des Fachbereichs zufolge hätte die Ausführung eines Staffelgeschosses unter Berücksichtigung von Planungs- und Vergabezeit einen Verzug von bis zu sechs Monaten und zusätzliche Kosten von rund 300.000 Euro bedeutet.

Aufstockung würde Zuschüsse des Bundes gefährden

„Die im Beschluss vom 16. Februar festgestellte Dringlichkeit ermöglicht ein vereinfachtes Vergabeverfahren aufgrund einer Notlage und ist zudem an einen gewissen Kostenumfang gebunden. Diese Indikation wäre im Falle der Planung eines Gebäudes mit Staffelgeschoss aber hinfällig“, erklärte Bürgermeisterin Gabriele Hettwer. Mit einschneidenden Folgen.

Zum einen bestehe dann wieder die Pflicht zur Einhaltung eines regulären, deutlich verlängerten Vergabeverfahrens. Zum anderen müssten die Bauleistungen unter Umständen sogar EU-weit ausgeschrieben werden. Nicht zuletzt gefährde der aufwendigere Bau mit Staffelgeschoss mögliche Zuschüsse des Bundes, die den Etat der Stadt entlasten würden.

Deshalb hatte das Stadtoberhaupt an die Mitglieder des Bauausschusses appelliert, der Variante ohne Aufstockung zuzustimmen. „Nur so kann es gelingen, den Bau des dritten Gebäudes zeitnah in Angriff zu nehmen und möglichst vor dem nächsten Winter fertigstellen zu können“, mahnte Gabriele Hettwer. Zumal absehbar sei, dass es schon bald zu weitere Zuweisungen von Flüchtlingen und ehemaligen afghanischen Ortskräften kommen werde.

Die Kreisverwaltung in Bad Oldesloe geht davon aus, dass in Stormarn im Laufe dieses Jahres mindestens 1750 schutzsuchende Personen aufgenommen werden müssen. Im Vorjahr waren auf Bargteheide 172 entfallen. Im städtischen Haushaltsentwurf sind für 2023 jedenfalls vorsorglich 2,5 Millionen Euro für die Errichtung weiterer Unterkünfte und zusätzlich 500.000 Euro für die Anmietung von Wohnungen vorgesehen.