Bad Oldesloe. Platz für 80 bis 130 Menschen in Oldesloes ländlichem Stadtteil geplant. Anwohner sind dagegen – und haben einen Trumpf im Ärmel.
Die Stadt Bad Oldesloe plant den Neubau einer großen Flüchtlingsunterkunft. Vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen unter anderem infolge des Ukraine-Kriegs hat die Verwaltung einen Beschlussvorschlag vorgelegt, über den am Donnerstag, 23. Februar, von 19.30 Uhr in der Stadtverordnetenversammlung in der Festhalle (Olivet-Allee 2) abgestimmt werden soll. Drei Standorte stehen zur Wahl: ein Gebiet südlich des Ziegeleiweges im Ortsteil Rethwischfeld, ein Standort am Pölitzer Weg oder Flächen nahe der Feuerwehr Poggensee.
Geflüchtete: Stadt bringt 260 Menschen an mehreren Standorten unter
260 geflüchtete Menschen bringt die Stadt aktuell unter. Sie leben in den Gemeinschaftsunterkünften an der Kastanienallee und am Sandkamp, in freien Klassenräumen der Schule am Kurpark sowie in angemieteten Immobilien. Wie auch andere Kommunen platzen die Unterkünfte in der Kreisstadt langsam aus allen Nähten: Die Zahl der Zuweisungen übersteigt laut Verwaltung zwischenzeitlich die der Flüchtlingswelle 2015. „Außer Schutzsuchenden aus der Ukraine kommen auch wieder vermehrt Geflüchtete aus Syrien, Afghanistan und weiteren Ländern, die bis zuletzt in den Landesunterkünften untergebracht waren“, heißt es seitens der Verwaltung.
Problem: Viele Geflüchtete bleiben lange, teilweise mehrere Jahre, in den Gemeinschaftsunterkünften. Viele sind durch ihren Duldungsstatus gehindert, eine Wohnung zu mieten. Auch ukrainische Geflüchtete hätten es oft schwer, auf dem freien Markt eine Wohnung zu finden. Nach wie vor miete die Verwaltung einzelne Wohnungen, Ein- und Mehrfamilienhäuser an. „Allerdings binden die kleinteiligen städtischen Unterbringungsmöglichkeiten zunehmend die begrenzten Verwaltungsressourcen“, heißt es in der Vorlage.
Eine Entspannung der Lage ist derzeit nicht in Sicht
Weil nicht absehbar sei, dass sich die Lage entspannt, müsse zeitnah eine weitere zentrale Unterbringungsmöglichkeit her. Übergangsweise wäre die Jugendherberge am Konrad-Adenauer-Ring eine Alternative. Das Gebäude gehört der Stadt und wurde zuletzt als Impfzentrum und Arbeitsplatz des Stormarner Gesundheitsamtes genutzt. Das Impfzentrum hat Ende 2022 den Betrieb eingestellt, das Gesundheitsamt zieht zum 31. März aus. Das Deutsche Jugendherbergswerk möchte den Betrieb als Jugendherberge wie berichtet wegen baulicher Gegebenheiten nicht wieder aufnehmen.
Grundsätzlich soll an diesem Standort aber eine neue Jugendherberge gebaut werden. In diesem Punkt herrsche „zwischen Verwaltung und Politik bereits grundsätzlicher Konsens“. Planung und Realisierung werden mehrere Jahre dauern. Zwischenzeitlich soll die Jugendherberge daher als zusätzliche Gemeinschaftsunterkunft genutzt werden. „Die hierfür erforderlichen infrastrukturellen Grundvoraussetzungen sind in dem Gebäude grundsätzlich gegeben“, heißt es aus dem Rathaus.
Jugendherberge soll übergangsweise als Unterkunft genutzt werden
Damit dem Neubau nichts im Weg steht, soll aber schon jetzt der Weg für eine weitere, dauerhafte Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete geebnet werden. „Für den Neubau einer Gemeinschaftsunterkunft für geflüchtete Menschen empfiehlt die Verwaltung, eine Unterbringungskapazität zwischen 80 und 100 Menschen vorzusehen, mit der Option einer Erweiterungsmöglichkeit auf circa 130 Plätze“, heißt es in der Beschlussvorlage.
Die Verwaltung habe mehrere mögliche Standorte untersucht. Die drei Vorschläge seien unter anderem deshalb ausgewählt worden, weil sich ein Neubau dort recht zeitnah umsetzen ließe. Derzeit favorisiere die Verwaltung den Standort im Ortsteil Rethwischfeld südlich des Ziegeleiweges. Die Flüchtlingsunterkunft würde mitten in einem Wohngebiet voller Einfamilienhäuser liegen. „Von dem Standort sind fußläufig Einkaufsmöglichkeiten erreichbar. Die Innenstadt kann gut mit dem Fahrrad oder dem Öffentlichen Personennahverkehr erreicht werden. Die Rahmenbedingungen ermöglichen somit eine gute Integration der Bewohner und Bewohnerinnen“, heißt es. Es handelt sich um städtische Grundstücke. 2025 oder 2026 könne dort mit dem Bau begonnen werden.
Geflüchtete: Darf in Rethwischfeld eine Unterkunft gebaut werden?
Doch nicht überall stößt der Vorschlag auf Begeisterung. Mit dem Bekanntwerden der Pläne, die auch schon Thema im Bildungs-, Sozial- und Kulturausschuss waren, wurde auch Kritik aus der Anwohnerschaft laut. Nicht alle sind begeistert, wünschen sich eher mehrere kleinere, dezentrale Unterkünfte als eine große Gemeinschaftsunterkunft.
Außerdem besteht laut Dirk Sommer, Anwohner und Vorsitzender der Wählergemeinschaft für Bad Oldesloe (FBO), noch ein ganz anderes Problem. Im Wirtschafts- und Planungsausschuss sprach Sommer in der Einwohnerfragestunde als Anwohner und wies auf folgenden Umstand hin: „Im Eingemeindungsvertrag zwischen der einstigen Gemeinde Rethwischfeld und der Stadt Bad Oldesloe steht, dass dort keine Obdachlosenunterkunft errichtet werden darf“, sagt Sommer. „Auch wenn der Vertrag 51 Jahre alt ist, ist er rechtsgültig.“ Der Begriff Obdachlosenunterkunft schließt laut Sommer eine Flüchtlingsunterkunft ein. Stimmte die Stadtverordnetenversammlung für Retwischfeld als Standort, würde also möglicherweise zunächst erst einmal ein Rechtsstreit folgen.
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Eine andere Alterative wäre ein Neubau am zentraler gelegenen Pölitzer Weg. Die Flächen dort gehören teilweise der Stadt, das Bebauungskonzept müsste noch angepasst werden. Ähnlich wie in Rethwischfeld wird auch hier mit einem Baubeginn 2025 oder 2026 gerechnet. Zuletzt schlägt die Stadtverwaltung Flächen bei der Feuerwehr Poggensee vor. Doch: „Weder die Innenstadt noch Einkaufsmöglichkeiten sind fußläufig erreichbar, sodass die Voraussetzungen für eine gute Integration der Bewohner und Bewohnerinnen nicht gegeben sind.“ Zudem sei wegen rechtlicher Rahmenbedingungen lediglich eine mobile, temporär nutzbare Flüchtlingsunterkunft möglich, was die Verwaltung als unwirtschaftlich betrachte. Entsprechend sei Rethwischfeld die erste Wahl.