Bargteheide. Bahn lehnt zweite Gleisquerung aus Kostengründen ab. Doch die meisten Fahrgäste kommen auf der falschen Seite Bargteheides an.

Der Bahnhof und sein Umfeld gehören in Bargteheide zu jenen drei Fokusräumen neben der Rathausstraße und dem Marktplatz am Stadtpark, die im Zuge des Städtebauförderungsverfahrens gerade in besonderer Weise betrachtet werden. Die im August 1865 entstandene Anlage an der Bahnstrecke Hamburg-Lübeck genügt längst nicht mehr den Anforderungen an einen modernen Verkehrsknotenpunkt des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Bei näherer Betrachtung wirkt der Bahnhof Bargteheide wie aus der Zeit gefallen.

Mängelliste ist sehr umfänglich

Die Liste der gravierenden Mängel ist umfänglich. Die Anlage ist nicht barrierefrei und die Beleuchtung unzureichend. Die Bahnsteige sind nicht überdacht und der Tunnel zur Ostseite ist zu eng und konfliktträchtig. Die Parkplätze rundherum sind weitgehend ungeordnet und einen ansehnlichen Bahnhofsvorplatz als Tor zur Innenstadt gibt es auch nicht.

Da wirkte die Ankündigung der Deutschen Bahn, den Bahnhof ab 2023 für die neue S-Bahnlinie 4 von Hamburg nach Bad Oldesloe grundlegend umbauen zu wollen, wie ein Signal des Aufbruchs. Der östliche Bahnsteig soll künftig dem S-Bahn-Betrieb vorbehalten sein und sich in zwei barrierefreie Haltebereiche (Nord und Süd) mit jeweils 210 Metern Länge teilen. Der westliche Bahnsteig wird auf eine Höhe von 76 Zentimetern gebracht und überdacht.

Radrampen sind kapitaler Planungsfehler

„Das alles erscheint uns aber nicht zu Ende gedacht“, moniert Grünen-Fraktionschefin Ruth Kastner. Während die Bahn den Hauptfahrgastverkehr an die Ostflanke des Bahnhofs verlege, liege das Zentrum Bargteheides aber im Westen der Bahntrasse. Am schnellsten zu erreichen durch eine Gleisunterführung, die ein permanentes Konfliktpotenzial berge.

Der Bargteheider Bahnhof und sein Umfeld aus der Vogelperspektive.
Der Bargteheider Bahnhof und sein Umfeld aus der Vogelperspektive. © HA | Manfred Giese

2004 war der Tunnel gegraben worden, samt zweier Rampen für Fahrradfahrer. Während jene auf der Westseite südlich des Tunnels angelegt wurde, entstand die östlich gelegene nördlich des Tunnels. Ein kapitaler Planungsfehler. Zum einen, weil diese Konstellation dazu führt, dass Radfahrer nicht auf einer Seite des Tunnels bleiben können, sondern kreuzen müssen. Was immer wieder zu Konflikten mit Fußgängern führt. Zum anderen, weil Einfahrt und Ausfahrt in einem scharfen und deshalb unübersichtlichen 90-Grad-Winkel erfolgen müssen.

Zweite Gleisquerung ist nicht in Sicht

Während die Deutsche Bahn bislang eine zweite Gleisquerung aus Kostengründen beharrlich ablehnt, haben sich die Bargteheider Fraktionen und das von der Stadt beauftragte Planungsbüro Petersen & Partner Gedanken gemacht, wie dem Problem am besten beizukommen wäre. Mit unterschiedlichen Ideen und Lösungsansätzen.

Das Planungsbüro hat vorgeschlagen, die östliche Rampe ebenfalls an die südliche Tunnelöffnung zu legen. Die Wählergemeinschaft WfB setzt sich hingegen vehement für gradere Ausfahrten ein. Das allerdings würde nicht nur einen aufwendigen und kostenintensiven Umbau der Rampen bedeuten. Dabei müsste auf der Westseite auch eine alte, ortsbildprägende Eiche gefällt werden.

Verkehrsströme sollen neu geordnet werden

Das lehnen die Grünen kategorisch ab. Sie plädieren dafür, die bestehende Gleisunterführung zu belassen, wie sie ist. „Auf beiden Seiten bleibt genügend Raum, um dort je einen Fahrstuhl zu bauen“, sagt Kastner. So ließen sich erhebliche Baukosten und Ressourcen sparen.

Stattdessen unterbreitet ihre Fraktion weitergehende Vorschläge, um die Verkehrsströme im Bahnhofsumfeld neu zu ordnen. So regt sie an, auf der Westseite die Buslinien gen Westen und Norden zu bündeln (374, 8107, 8108) und auf der Ostseite jene gen Süden und Osten (8106, 8109, 8180).

Kleiner Bahnhofsvorplatz soll entstehen

„Die Bahnhofstraße könnte vor dem alten Bahnhofsgebäude zudem nach Westen verschwenkt werden, damit dort ein kleiner Bahnhofsvorplatz entstehen kann“, erläutert Kastner. Und auf der Ostseite sollte ein kleines Reisezentrum mit WC und Kiosk gebaut werden, wie es auch die Entwürfe von Petersen & Partner vorsehen.

Der Mittelbahnsteig soll zurückgebaut und östlich des dritten Gleises verlegt werden.
Der Mittelbahnsteig soll zurückgebaut und östlich des dritten Gleises verlegt werden. © Deutsche Bahn AG | Günter Jazbec

Wichtig ist den Grünen auch eine Neuordnung der Parkplätze. „Am liebsten wäre uns eine weitgehende Verlagerung auf die Westseite, um auf der Ostseite die Ausläufer des Krähenwalds und den sogenannten Hochzeitswald zu schützen“, so Kastner. Deshalb sollte geprüft werden, ob der bestehende Parkplatz auf der Westseite zwischen Bahnhofsgebäude und dem ehemaligen Stellwerk nicht um eine zweite Ebene aufgestockt werden könne.

Mehrbedarf on 200 Parkplätzen wird bezweifelt

„Den behaupteten Mehrbedarf von 200 Stellplätzen können wir nicht erkennen“, sagt Ruth Kastner. Sie beziehe sich dabei unter anderem auf regelmäßige Zählungen der Bürgerinitiative Basta. Die habe in den vergangenen Monaten auf der Ostseite selten mehr als 30 Fahrzeuge gezählt und die Stadtverwaltung deshalb aufgefordert, ihre Planungen zu überdenken. „Wenn aber an dem Parkdeck nördlich des Tunnelausgangs festgehalten wird, sollte es zumindest deutlich näher an den neuen Bahnsteig herangerückt werden, als bisher vorgesehen“, fordert Kastner.

Die Stadtverwaltung hat unterdessen bereits darauf hingewiesen, dass insbesondere die beabsichtigte Umgestaltung der westlichen Tunnelanbindung nicht ohne ausdrückliche Zustimmung der Deutschen Bahn erfolgen könne, in deren Eigentum sich das betreffende Terrain befindet. Die diskutierten Modifikationen hätten zwangsläufig Anpassungen jener Unterlagen zur Folge, die bereits zur Prüfung beim Eisenbahn-Bundesamt lägen. Weshalb davon auszugehen sei, dass die Deutsche Bahn wenig Neigung verspüren werde, den Wünschen der Stadt in solch einer fortgeschrittenen Planungsphase nachzukommen.

„Allerdings besteht die Möglichkeit, im Zuge des Beteiligungsverfahrens während der Planfeststellung die Änderungen nochmals vorzutragen und gegebenenfalls auch gerichtlich durchzufechten“, erklärt Stefan Schröter vom Fachbereich Planung der Stadtverwaltung. Das allerdings würde dann unweigerlich zu Verzögerungen beim Neubau der S 4 führen.

Über das weitere Vorgehen diskutiert der Planungsausschuss der Stadtvertretung bereits in seiner nächsten Sitzung am Mittwoch, 22. Februar, ab 19 Uhr im Ratssaal.