Grönwohld. Maskottchen einer vierten Klasse beinahe 14 Tage verschwunden. Am Donnerstagvormittag geschah dann, worauf alle gehofft hatten.
Riesenfreude bei den Viertklässlern der Grundschule Grönwohld: Zwei Wochen nach dem Verschwinden ihres Maskottchens ist Wolf-Dieter wieder aufgetaucht. Das glückliche Ende einer langen Suche. Das so filmreif ist, wie die legendäre NDR-Fernsehserie „Neues aus Büttenwarder“ mit dem kongenialen Duett Jan Fedder und Peter Heinrich Brix, die zu großen Teilen in Grönwohld gedreht worden ist. „Besser kann diese Woche nicht mehr werden“, so Klassenlehrerin Janis Walzel, ihre Schüler seien schier völlig aus dem Häuschen gewesen.
In der Grundschule lief am Donnerstag, 20. Juni, gerade die erste Unterrichtsstunde, als im Büro von Sekretärin Gaby Pulst um 8.35 Uhr das Telefon klingelte. „Am anderen Ende meldete sich ein Mitarbeiter der Autokraft aus Bad Oldesloe. Sie suchen einen grauen Wolf mit Namen Wolf-Dieter, fragte er. Der sitzt bei uns im Büro“, schilderte Pulst das Telefonat mit einer Mischung aus Erstaunen und Vorfreude.
Vermisster Wolf Wolf-Dieter ist wieder da – große Erleichterung an Grundschule Grönwohld
Fast 14 Tage lang wurde der Vierbeiner von den Viertklässlern schmerzlich vermisst. Denn immerhin handelt es sich im Wortsinn um den Leitwolf der Klasse. „Er bedeutet uns so viel. Vier Jahre hat er uns begleitet – bei Ausflügen, Klassenfahrten und täglich im Unterricht. Er ist doch einer von uns“, sagt Schülerin Melissa.
„In unserer Schule ist es seit vielen Jahren schöne Tradition, dass jede Klasse bei der Einschulung ein Klassentier bekommt“, sagt Klassenlehrerin Janis Walzel. Alle möglichen Tiere seien schon dabei gewesen: ein Rabe, ein Pinguin, ein Bär, ein Eichhörnchen. An jedem Wochenende begleitete das Maskottchen ein Kind nach Hause.
Als Wolf-Dieter vor zwei Wochen mit Joni im Bus nach Hause fuhr, blieb er einfach sitzen
Wer es sein durfte, wurde ausgelost. Das war immer der Höhepunkt einer Woche, auf den sich alle mit großer Spannung gefreut haben“, berichtet Walzel. Und wer Wolf-Dieter schließlich mit nach Hause nehmen durfte, sei jedes Mal stolz wie ein König gewesen.
Am zweiten Juni-Wochenende war Joni der Glückliche. Doch die Freude währte nicht lang. Auf dem Weg nach Hause kam Wolf-Dieter am Freitag, 7. Juni, im Bus der Linie 8723 Richtung Sandesneben kurz nach 13 Uhr abhanden. Während Joni ausstieg, blieb Wolf-Dieter sitzen. Als es der Schüler bemerkte, war der Bus schon abgefahren. Seitdem blieb das Klassentier verschwunden, sein Platz in dem schönen Korbkoffer auf der Fensterbank verwaist.
Bei der Abschlussfeier vor dem Schulwechsel soll Wolf-Dieter unbedingt dabei sein
Hektische Telefonate mit dem Busunternehmen blieben erfolglos. Niemand konnte dort etwas zum Verbleib des Wolfes sagen. Umso größer war der Schreck, als der Verlust am folgenden Montag bei Unterrichtsbeginn offenbar wurde. Die Polizei wollten die Schüler aus naheliegenden Gründen mit der Suche aber trotzdem nicht behelligen.
Doch eine Abschlussfeier vor dem Wechsel in die weiterführenden Schulen ohne Wolf-Dieter – undenkbar. Denn die Hoffnung war groß, dass er ja doch unversehens wieder auftaucht. So schrieben sie gemeinsam Suchanzeigen, die die Eltern möglichst auch über die sozialen Netzwerke verbreiten sollten.
Die Abenteuer des Leitwolfs füllen inzwischen einen ganzen Ordner
Unzweifelhaft ist, dass der kleine Kerl recht unternehmungslustig ist und dabei schon den ganzen Norden des Landes bereist hat. „Seine Abenteuer füllen inzwischen einen ganzen Ordner mit lustigen Fotos und sehr lebendigen Schilderungen“, berichtet Janis Walzel. Stoff genug für mehrere Bücher.
Neben mehreren Treckerfahrten, Radtouren und Städtereisen bewährte sich Wolf-Dieter natürlich als Partytier bei Kindergeburtstagen. Mit Alexia war er beim Boxtraining und einer Bootstour auf dem Meer, mit Theo beim Segelfliegen hoch oben am blauen Himmel. Mit Jonathan ist er zu Halloween um die Häuser gezogen, mit Phil hat er Hühner besucht und am Lagerfeuer Stockbrot gemacht. Bei Bosse lernte er Schachspielen, Tamo durfte er bei der Holunder-Ernte helfen und bei Mia auf einer Luftmatratze im Pool umherschippern.
Problemwolf Wolf-Dieter hat die Tänzerinnen beim Ballett Schwanensee bewundert
Im Sommer tummelte er sich an den Stränden von Nord- und Ostsee, besuchte Hansa- und Serengetipark, den Wildpark Eekholt, das Heimatmuseum Hoisdorf und die Insel Amrum, bewunderte die Tänzerinnen beim Ballett Schwanensee, schaute beim Judo- und Tischtennistraining zu und chillte in Strandkörben, auf gemütlichen Couches oder kuscheligen Kinderbetten.
Nach solch erlebnisreichen Wochenenden zeigte sich der Leitwolf am Montagmorgen nicht selten etwas müde. Sam vermutete gar, Wolf-Dieter sei Lernen womöglich zu anstrengend und beschrieb ihn als eher faul und bequem. Doch das gönnten ihm die anderen Kinder offenbar, hatten sie mit ihrem Klassentier doch ansonsten jede Menge Spaß. Zumal er auch erfolgreich zu trösten vermochte, wenn es mal Kummer und Tränen und gab.
Wenige Stunden nach einem Artikel im Abendblatt gab es das Happy End
Doch nun war selbst das tägliche Begrüßungsritual nicht mehr das, was es mal war. Schloss es bisher den grauen Star der Klasse automatisch ein, wenn die Kinder laut im Chor „Guten Morgen, Frau Walzel und Wolf-Dieter“ riefen, so fehlt jetzt etwas in der zelebrierten Routine. Und niemand berichtete montags im Morgenkreis mehr stolz von gemeinsamen Erlebnissen mit dem Leitwolf.
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Schließlich baten die Viertklässler das Abendblatt um Hilfe – und wenige Stunden, nachdem es über den Vermisstenfall berichtet hatte, gab es das Happy End, als bei Gaby Pulst das Telefon klingelte. Es sollte nicht der einzige Anruf zum Thema Wolf-Dieter an diesem Tag bleiben. „Das Telefon stand überhaupt nicht mehr still“, berichtet Pulst.
Auch die Radiosender RSH und NDR boten den Schülern ihre Hilfe an
Der Abendblatt-Bericht vom Vortag habe offenbar viele Menschen berührt, die dann unbedingt helfen wollten. Gemeldet hatten sich unter anderen die beiden Radiosender RSH und NDR, die die Suche nach dem verschwundenen Leitwolf der Viertklässler medial unterstützen wollten.
Da war der wuschelige Vierbeiner aber schon wieder auf dem Weg nach Hause. Die Kollegen aus der Autokraft-Zentrale hatten nämlich versprochen, ihn noch am selben Tag in die Grundschule zurückbringen zu wollen. So geschah es dann auch. Punkt 11.04 Uhr fuhr ein großer blauer Bus der Autokraft vor. Einziger Fahrgast: Wolf-Dieter.
Begrüßungskomitee nimmt Wolf-Dieter am Donnerstag zu Hause in Empfang
Als Fahrer Christoph Meyn die Tür öffnete, strahlten Alexia und Lennard, die das Begrüßungskommitee bildeten um die Wette. Meyn, der ohnehin auf dem Weg zum Dienstbeginn nach Trittau war, übergab den beiden den Ausreißer. Der wurde dann flugs wieder auf seinen Stammplatz im Korbkoffer auf einer Fensterbank im Klassenzimmer expediert. „Ich glaube, er war auch glücklich, wieder bei uns zu sein“, sagt Alexia. „Allerdings wirkte er auch ziemlich müde“, warf Lennard ein. Kein Wunder, nach der ungeplanten Odyssee, die der kleine graue Kerl hinter sich hatte.
Unterdessen gingen an diesem besonderen Tag noch weitere Hilfsangebote ein für den Fall, dass sich Wolf-Dieter nicht wieder angefunden hätte. So schrieb etwa Tanja Wüpper aus Hamburg, sie würde als Trostspender seinen „Bruder“ vorbeibringen. Der lebe seit 2018 bei ihr und sehe Wolf-Dieter verblüffend ähnlich.
Nun hat Wolf-Dieter vorerst genug von großen Abenteuern und ruht sich aus
Angefügt hatte sie Fotos vom Zwilling und seiner Schafsfreundin, aufgenommen in einem Familienurlaub auf den Bahamas. Zuvor hatte das Paar den Sohn von Frau Wüpper bei dessen Auslandsjahr in New Jersey begleitet. Die Reiselust steckt Familie Kuschel-Wolf also offenbar im Pelz und wird auch ausgelebt.
Wolf-Dieter hat von Ausflügen derweil vorerst genug. Zur großen Abschlussfeier seiner Viertklässler vor deren Wechsel an die weiterführenden Schulen muss er nämlich wieder fit sein. Am 19. Juli ist ihm in der kleinen Grundschule Grönwohld eine Schlüsselrolle jedenfalls gewiss.