Ahrensburg. Partei holt Mehrheit in 54 von 55 Orten. Grüne stürzen hinter SPD auf Rang drei – und bleiben in einem einzigen Dorf stärkste Kraft.

Auf den Höhenflug von vor fünf Jahren folgte bei der Europawahl 2024 der Absturz: Katapultierten sich die Stormarner Grünen 2019 noch in 27 von 55 Stormarner Kommunen an die Spitze, so landeten sie diesmal gerade noch in einem einzigen Ort ganz vorn. Im nördlich von Reinfeld gelegenen 530-Einwohner-Dorf Heidekamp stimmten 23,9 Prozent (minus 12,5 Punkte) der Wähler für die Grünen. Das reichte trotz der herben Verluste für Platz eins vor CDU (19,6 Prozent, minus 0,9) und AfD (18,7 Prozent, plus 10,5). In sämtlichen anderen Orten im Kreis holten die Christdemokraten die Mehrheit.

Damit ist die politische Landkarte in Stormarn wieder schwarz gefärbt. Kreisweit steigerte sich die CDU auf 30,8 Prozent (plus 4,1 Punkte). In den größeren Städten Ahrensburg, Reinbek, Bargteheide und Bad Oldesloe gelang es ebenso wie in Ammersbek, Trittau und Reinfeld, die 2019 verlorene Spitzenposition zurückzugewinnen. Die Stimmanteile reichten von 26,6 (Ahrensburg) und 27,8 (Ammersbek) bis zu 42,0 (Mönkhagen) und 42,7 (Neritz) Prozent. Auch wenn der Zugewinn deutlich über den bundesweiten Zahlen liegt, konnte Stormarns CDU das 7,3-Prozentpunkte-Minus von vor fünf Jahren noch nicht ganz wieder aufholen.

Europawahl in Stormarn: CDU ist wieder stärkste Partei

Trotzdem ist die Parteispitze sehr zufrieden. Für den Glinder Lukas Kilian, Generalsekretär der CDU Schleswig-Holstein und Landtagsabgeordneter, ist der Wahlkampf unter dem Motto „Für Europa Schleswig-Holstein wählen“ voll aufgegangen. Er sagt: „Wir haben uns auf unsere Stärken und auf unsere Schleswig-Holstein-Themen konzentriert – auch als politisches Gegenmodell zur Ampel in Berlin und so mancher verzweifelt anmutenden Wahlkampfaktion auf Bundes- und Landesebene.“ Das sei die richtige Richtung für die Bundestagswahl 2025.

Der Landesvorsitzende und Ministerpräsident Daniel Günther ergänzt: „Trotz der Freude über unser eigenes Landesergebnis sind die Werte für die AfD, die in ihrem Wahlkampf gegen Europa und gegen internationale Zusammenarbeit Stimmung gemacht hat, ein bitteres Ergebnis.“ Sein Fazit: „Das Erfolgsrezept gegen die AfD kann für alle demokratischen Parteien nur lauten: lösungsorientiertes Arbeiten und mehr Miteinander als Gegeneinander.“

Ampel-Parteien SPD und FDP legen in Stormarn gegen den Bundestrend zu

Für Stormarns Grüne fielen die Verluste noch krasser als im Bund aus. Sie sackten kreisweit von 29,4 auf 15,8 Prozent ab und büßten damit fast den gesamten Zuwachs von vor fünf Jahren wieder ein. Auffällig: Die beiden anderen Ampel-Parteien legten im Unterschied zum deutschen Ergebnis, das sie Stimmen kostete, sogar zu. Die SPD verbesserte sich in Stormarn um 0,5 Punkte auf 16,7 Prozent. Und die FDP schaffte ein Plus von 0,7 Punkten auf 7,6 Prozent. Die Gewinne der AfD fielen mit 3,6 Punkten auf jetzt 11,6 Prozent dagegen geringer aus als im Bund. Das neu gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreichte 3,8 Prozent. Volt sprang von 0,5 auf 2,5 Prozent, während die Linke von 3,4 auf 1,9 Prozent zurückfiel.

„Gemeinsam haben wir ein Zeichen für Demokratie und Zusammenhalt gesetzt“: Der in Stormarn lebende Landes-Europaminister Werner Schwarz lobt die hohe Wahlbeteiligung.
„Gemeinsam haben wir ein Zeichen für Demokratie und Zusammenhalt gesetzt“: Der in Stormarn lebende Landes-Europaminister Werner Schwarz lobt die hohe Wahlbeteiligung. © dpa | Christian Charisius

Nach 106 Terminen in den vergangenen sechs Wochen, 6000 Kilometern und 54 Schuldiskussionen ist die in Stormarn aufgewachsene SPD-Europaabgeordnete Delara Burkhardt allerdings nicht zufrieden. „Das ist nicht das Ergebnis, das wir uns erhofft hatten“, sagt sie. Zudem sei das Europäische Parlament klar nach rechts gerückt. „Ursula von der Leyen und CDU/CSU haben nun die Wahl, ob sie mit der parlamentarischen Mitte inklusive der Sozialdemokraten zusammenarbeiten – oder ob sie sich für eine Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten und Rechtsradikalen entscheiden.“

Die Sozialdemokratie werde keine Kommissions-Kandidatin unterstützen, die die Hilfe der Rechtspopulisten und Rechtsextremen in Anspruch nehme, die beabsichtigten, den Green Deal mit seiner Klima- und Umweltgesetzgebung zurückzudrehen. Das sei immer wieder passiert. „Ob Naturschutz, Agrarpolitik oder Plastikreduktion: Konservative und Rechte haben hier zentrale Gesetze gemeinsam blockiert oder aufgeweicht“, so Burkhardt. Priorität habe ein klimaneutrales Europa, in dem sich alle Menschen die klimaneutralen Technologien auch leisten könnten.

Landes-Europaminister lobt die sehr hohe Wahlbeteiligung

Die Wahlbeteiligung lag in Stormarn deutlich über den bundesweiten 64,8 Prozent (Rekordwert seit der Wiedervereinigung). Von den knapp 192.000 stimmberechtigten Menschen im Kreis gaben 69,2 Prozent ihre Stimme ab. Vor fünf Jahren waren es 65,4 Prozent. Großhansdorf (76,3 Prozent), Tangstedt (74,4) und Ammersbek (73,7) stachen noch einmal heraus.

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Für den auf Gut Frauenholz in Rethwisch lebenden Werner Schwarz (CDU), seit zwei Jahren Minister für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz im Land, ist das auch ein Erfolg der Kampagne „Gemeinsam stärker: Wir wählen Europa“ und des großen Einsatzes vieler verschiedener Initiativen von Unternehmen, Verbänden sowie von Bürgerinnen und Bürgern. „Gemeinsam haben wir ein Zeichen für Demokratie und Zusammenhalt gesetzt. Gemeinsam sind wir Europa – diesen Gedanken weiter zu verbreiten und zu festigen ist jetzt umso mehr Aufgabe aller demokratischen Parteien“, sagt Schwarz.

Ergebnisse aus der Region (in Klammern 2019): Kreis Stormarn: CDU 30,8 (26,7), SPD 16,7 (16,2), Grüne 15,8 (29,4), AfD 11,6 (8,0), FDP 7,6 (6,9), BSW 3,8 (neu), Volt 2,5 (0,5), Linke 1,9 (3,4), Die PARTEI 1,8 (2,0); Ahrensburg: CDU 26,6 (24,1), SPD 17,1 (16,2), Grüne 21,7 (34,1), AfD 8,4 (6,2), FDP 8,8 (6,9), BSW 3,3 (neu), Volt 3,3 (0,6), Linke 2,0 (4,0); Ammersbek: CDU 27,8 (22,6), SPD 17,7 (17,3), Grüne 19,4 (33,9), AfD 9,3 (6,6), FDP 7,5 (6,5), BSW 4,4 (neu), Volt 2,6 (0,6), Linke 2,1 (4,5); Bad Oldesloe: CDU 27,7 (24,0), SPD 16,1 (15,5), Grüne 17,9 (31,3), AfD 12,8 (8,5), FDP 5,6 (5,4), BSW 4,3 (neu), Volt 2,7 (0,5), Linke 2,6 (4,1); Bargteheide: CDU 29,9 (25,6), SPD 17,3 (15,2), Grüne 18,3 (33,1), AfD 8,5 (6,4), FDP 7,3 (6,6), BSW 4,1 (neu), Volt 3,3 (1,1), Linke 2,1 (3,4); Barsbüttel: CDU 36,3 (29,3), SPD 17,8 (18,0), Grüne 9,6 (22,2), AfD 13,6 (10,4), FDP 6,5 (7,3), BSW 4,8 (neu), Volt 1,8 (0,5), Linke 1,6 (3,1); Glinde: CDU 30,7 (26,1), SPD 19,9 (19,3), Grüne 9,9 (24,7), AfD 14,1 (10,5), FDP 7,1 (6,1), BSW 4,5 (neu), Volt 2,2 (0,6), Linke 1,5 (3,5); Großhansdorf: CDU 32,8 (31,6), SPD 15,4 (13,6), Grüne 18,3 (29,6), AfD 7,5 (5,8), FDP 10,8 (8,5), BSW 3,3 (neu), Volt 2,7 (0,7), Linke 1,8 (3,1); Oststeinbek: CDU 35,5 (31,7), SPD 17,5 (18,2), Grüne 10,5 (21,6), AfD 13,9 (9,8), FDP 6,7 (7,4), BSW 4,0 (neu), Volt 1,9 (0,4), Linke 1,7 (2,9); Reinbek: CDU 29,4 (26,8), SPD 16,8 (16,4), Grüne 16,2 (28,6), AfD 11,1 (8,3), FDP 9,2 (7,9), BSW 3,8 (neu), Volt 2,8 (0,5), Linke 2,0 (3,4); Reinfeld: CDU 30,7 (25,1), SPD 18,0 (17,2), Grüne 16,6 (32,5), AfD 11,8 (7,8), FDP 6,0 (4,6), BSW 3,8 (neu), Volt 2,1 (0,6), Linke 1,8 (3,3); Trittau: CDU 31,3 (25,4), SPD 15,7 (15,6), Grüne 13,1 (30,0), AfD 15,4 (8,8), FDP 6,3 (6,7), BSW 3,3 (neu), Volt 2,5 (0,4), Linke 2,3 (2,8);