Reinbek. Anwohner vermissen den Weg schmerzlich. Viele Reinbeker Bürger waren bei der Begehung dabei. Was die Politik jetzt tun will.
So viele Menschen nehmen selten an einer Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses in Reinbek teil. Bereits kurz vor 19.30 Uhr tummelten sich in der Kehre an der Bogenstraße um die Ausschussmitglieder etwa 60 Bürgerinnen und Bürger. Die Sitzung begann mit einer Besichtigung der örtlichen Situation beim ehemaligen Verbindungsweg von der Kehre Bogenstraße zum Grünzug Klosterbergen.
Grund war, dass die Politik doch noch eine Lösung finden wollte, um einen Ersatz für den entfallenden Durchgang zwischen Bogenstraße und dem Grünstreifen Richtung Klosterbergenstraße nahe dem Täbyplatz zu schaffen. Die Verwaltung wollte davon ursprünglich absehen, unter anderem wegen zu hoher Umsetzungskosten. Auf Wunsch des Ausschussvorsitzenden Günther Herder-Alpen (Grüne) hatte die Verwaltung ihre Beschlussvorlage zurückgezogen. Man einigte sich auf eine Ortsbesichtigung.
Verbindungsweg gekappt: Emotionen kochen bei Begehung hoch
2022 wurde der Durchgang aus den 1960er-Jahren inklusive einer Treppe zur Überwindung des Höhenunterschieds aus Sicherheitsgründen abgebaut. Die Treppe war in die Jahre gekommen und baufällig. Doch seitdem vermissen Anwohner den Durchgang schmerzlich. Die Menschen wollen ihn zurückhaben. Die Baugenossenschaft Sachsenwald hat mittlerweile als Erbbauberechtigte einen zusätzlichen Parkplatz mit 16 Stellplätzen für ihre 36 neuen Wohnungen an der Berliner Straße 4 errichtet. Der wird noch erweitert.
Wie die Stadtverwaltung in der Beschlussvorlage erläutert, verlaufe der Durchgang nicht auf öffentlichem Weg, sondern auf Grundstücken in privater Hand. Eigentümerin ist die Kirchengemeinde Reinbek-West. „Eine Wiederherstellung des Durchgangs an selber Stelle durch die Stadt Reinbek ist nicht umsetzbar – das Eigentum an den Flächen ist nicht gegeben und die Flächen stehen auch aufgrund der erfolgten baulichen Tätigkeiten nicht für einen Weg zur Verfügung“, heißt es in der Vorlage.
Ein Planungsbüro hat drei mögliche Lösungen entwickelt
Vorstellbar wäre laut Verwaltung ein Ersatz etwas weiter nördlich auf städtischem Grund: „Hierbei wäre zwingend zu beachten, dass aufgrund der Rechtslage nur ein barrierefreier Weg hergestellt werden darf – der Höhenunterschied in diesem Bereich, der früher eben durch die genannte Treppe überwunden wurde, müsste heute durch einen Weg mit Steigungen und ebenen Flächen im Wechsel allmählich überwunden werden. Das erfordert nicht nur wesentlich mehr Fläche als eine Treppenanlage, sondern auch ein Vielfaches an finanziellen Mitteln.“
Um eine Realisierung auszuloten, sei ein Planungsbüro gebeten worden, eine Lösungsmöglichkeit zu skizzieren. Drei Vorschläge seien entwickelt worden. Daraus sei abzulesen, „dass jeweils ein umfangreicher Eingriff in den vorhandenen Baum- und Strauchbereich im Hangbereich und eine Verlegung der bestehenden Nord-Süd-Wegeverbindung erfolgen müsste und dass die Anbindung an die Kehre Bogenstraße an verschiedenen Stellen erfolgen würde.“ Grob überschlagen würden die Kosten zwischen 100.000 und 200.000 Euro liegen.
Bürger äußerten Unmut darüber, dass der Weg plötzlich verschwunden war
Bei der Ortsbesichtigung kochten die Emotionen bei den Bürgerinnen und Bürgern teilweise hoch. Mehrere äußerten Unverständnis darüber, dass der Weg „bei Nacht und Nebel“ abgebaut worden sei. Dass er baufällig gewesen sei, hätten sie, auch das sagten mehrere Bürger, nicht gemerkt. Viele Menschen, darunter Ältere, aber auch viele Schüler, würden den Weg schmerzlich vermissen.
„Ich verstehe den Unmut“, sagte Günther Herder-Alpen und stellte die Frage in den Raum, mit wem man denn nun über das Thema sprechen müsse: mit der Kirchengemeinde oder der Baugenossenschaft Sachsenwald. „Wir als Erbbaupächter können nicht darüber verfügen, es gehört uns nicht“, sagte Dirk Reiche, Vorstand der Baugenossenschaft. Er äußerte auch seinerseits Unmut über das Verhalten einiger Bürger. „Es ist nicht mehr feierlich, wenn Handwerker beschimpft werden“, so Reiche.
Ob und wie eine Lösung gefunden werden kann, hängt von vielen rechtlichen Fragen ab
Ein Bürger fragte Reiche, ob er sich grundsätzlich vorstellen könnte, dass in dem Bereich, den die Baugenossenschaft gepachtet hat, wieder ein Weg für Bürger entstehen könne, wenn ihm finanziell keine Nachteile entstehen beziehungsweise er einen Ausgleich erhält. „Darüber könnte man sprechen“, so Reiche.
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Thema war auch ein Trampelpfad, der sich nahe dem ursprünglichen Weg als nicht offizieller Pfad gebildet hat. Ob es nicht möglich sei, dass die Stadt diesen Weg pflege, ihn für Rollstuhlfahrer etwas verbreitere und einige Stolperfallen entfernt. Hier seien jedoch zahlreiche rechtliche Fragen zu klären, so Jürgen Vogt-Zembol, Leiter des Fachbereichs Umwelt, Klimaschutz und Innere Dienste bei der Stadt Reinbek.
Verwaltung will in nächstem Schritt Gespräche mit der Kirchengemeinde führen
Denn wenn die Maßnahmen rechtlich als Neuerrichtung eines Weges zu bewerten wären, müsste der Weg auch barrierefrei gebaut werden, was das Ganze viel aufwändiger und teurer machen würde. Ob es nicht Möglichkeiten gebe, von dieser Vorgabe abzuweichen, wollte eine Bürgerin wissen. So oder so wurde während der Besichtigung und auch während der anschließenden Sitzung, in der das Thema weiter diskutiert wurde, klar: Es sind noch viele Fragen, vor allem rechtlicher Natur, zu klären.
Die Vorlage der Verwaltung wurde erneut vertagt. Man einigte sich darauf, in einem nächsten Schritt Gespräche mit der Kirchengemeinde als Eigentümerin der Fläche zu führen und zu fragen, ob die Kirchengemeinde bereit sei, ein Teilstück für die Wegeverbindung zur Verfügung zu stellen. Auch rechtliche und technische Fragen sollen geklärt werden.
Auch wenn eine endgültige Lösung noch nicht in Sicht ist, schienen viele Bürger nach dem Vor-Ort-Termin zumindest etwas besänftigt zu sein. Mehrere dankten den Politikern und Verwaltungsmitgliedern dafür, dass sie sich die Zeit genommen hatten, um vorbeizukommen und eine Lösung für das Problem zu finden. Dafür gab es noch während der Besichtigung Applaus.