Reinbek. Museumsverein bietet Stadtrundgang zur Geschichte Reinbeks. Frank Manzel schlüpft in die Rolle eines ganz besonderen Kaufmanns.

Der Geschichts- und Museumsverein Reinbek hat jetzt seinen neuen historischen Stadtrundgang über die Geschichte des Sophienbades einigen Mitgliedern präsentiert. Am Sonntag, 2. Juni, können alle Interessierten den Spuren Dr. Julius Andresens, einst Inhaber des Sophienbades, auf eine etwa einstündige Zeitreise ins Reinbek des 19. Jahrhunderts folgen. Damals mauserte sich Reinbek vom ländlichen Durchgangsort zur Wellness-Oase für bessere Kreise vor den Toren Hamburgs. In die Rolle des umtriebigen Unternehmers jener Zeit schlüpft Vereinsvorsitzender Frank Manzel.

Er erzählt unterhaltsam und launig, wie es dazu kam, dass der Uetersener damals in Reinbek am Standort des heutigen Amtsgerichtes eine „Molken- und Wassercuranstalt“ eröffnet hat. Denn das heutige Gebäude des Amtsgerichts hatte Andresen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Kureinrichtung erbauen lassen.

Stadtgeschichte: Neue Zeitreise in das Reinbek des 19. Jahrhunderts

„Das heutige Amtsgericht Reinbek war damals eine Kaltwasserheilanstalt – das Sophienbad, benannt nach Julius Andresens Frau Sophia“, erzählt Frank Manzel, Vorsitzender des Museumsvereins. Im Park flanierten die Damen und Herren, die es sich leisten konnten, sich vom Hamburger Stadtleben zu erholen. Die feinen Damen trugen eng geschnürte Kleider, die ihre Anfälle von Unwohlsein aus heutiger Sicht leicht erklären. Ihre Gatten gingen derweil in Hamburg ihren Geschäften nach.

Amtsgericht Reinbek im Sommer
Amtsgericht Reinbek im Sommer © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Der Sanitätsrat Dr. Georg Julius Andresen warb mit der heilenden Wirkung von Kuh- und Ziegenmolke, Dampfbädern, Gymnastik, sogar mit Massagen. Dass man mit kaltem Wasser seine Gesundheit erhalten und gegen Gicht, Rheuma und Nervenleiden vorgehen kann, war neu zur damaligen Zeit. Diese Idee hat Sebastian Kneipp (1821-1897) zuerst aufgebracht.

Bahnlinie macht den Wellness-Tempel möglich

Ein Brief des Hamburger Malers Otto Speckter (1807-1871) an seine Frau beschreibt das Reinbeker Kurleben anschaulich. „Bis zehn Uhr ruhe ich auf meinem Zimmer, dann ist Sitzbad. Das gewährt einen heiteren Anblick: In einem großen Raum sitzen wohl 20 Personen, alle mit langen weißen Gewändern, die meisten mit Turbanen auf dem Kopf, bis einer plötzlich sich erhebt und seinen bloßen Allerwertesten zeigt.“

Dass in Reinbek damals das gebaut wurde, was man heute als Wellness-Tempel bezeichnen würde, hatte die Stadt auch der neuen Bahnlinie nach Berlin zu verdanken. Denn die schnitt 1846 die Wildkoppel vom Schlossgewese ab. Dort, wo früher der Herzog mit seinen Gästen jagte, gab es nun Platz für den Neubau. Zudem machte die Bahn Reinbek nicht nur als Villenvorort, sondern auch als Ausflugsziel für die Hamburger interessant, das sie jetzt anstatt nach einem halben Tag mit der Kutsche schon nach nur einer Stunde mit dem Zug erreichen konnten.

Reinbek – Ausflugsziel der Hamburger Kaufleute

„Reinbek war bis dahin ein Gemeinwesen, das im Grunde nur aus dem Schloss, der Mühle und ein paar Häusern bestand“, sagt Frank Manzel. 1860 lebten in Reinbek rund 506 Einwohner. Die Bahn brachte Reinbek auch den ersehnten wirtschaftlichen Aufschwung. Die Gunst der Stunde nutzte der Sanitätsrat Dr. Georg Julius Andresen.

Dieser erwarb im Jahre 1857 drei Parzellen des Geheges Wildkoppel vom Königlich (dänischen) Ministerium für die Herzogtümer Holstein und Lauenburg, um die Kaltwasserheilanstalt zu errichten. Andresen hatte mit dem Kauf auch die Nutzung der Quellen in der Wildkoppel erhalten. Neben der Kaltwasserheilanstalt, dem Sophienbad, wurden auch drei Wohnhäuser, zwei Logierhäuser, eine Musikhalle, ein Pavillon sowie kleinere Nebengebäude errichtet. Den Namen erhielten Kurbad und Quelle nach Andresens Ehefrau Sophia. Auch der Name Sophienstraße stammt daher.

Der Rundgang führt auch in die Wildkoppel

Doch mit der Zeit bekam das Sophienbad wirtschaftliche Probleme und die Eigentümer verkauften das Anwesen. Seit 1999 ist das Gebäude als Amtsgericht an das Justizministerium des Landes Schleswig-Holstein vermietet. Die Immobilie wurde jüngst zum Verkauf angeboten.

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Der Stadtrundgang führt auch in die Wildkoppel hinter dem Amtsgerichtsgebäude: „Dr. Andresen“ schildert, wie das Waldgebiet damals genutzt wurde und vor allem wie die heutige Form entstanden ist. Dort stand bis 1938 das alte Quellhäuschen. Mithilfe von historischen Fotografien und Illustrationen führt er den Gästen vor Augen, wie es dort damals ausgesehen hat.

Ein kleines Bilderheft gibt es zum Rundgang dazu

Die Gäste erhalten auch ein kleines Heft mit historischen Aufnahmen der Gebäude und Nebengebäude, der Innenräume sowie des Gartens. Treffpunkt ist um 15 Uhr an der Herzog-Adolph-Straße, Ecke Eschenweg. Der Termin und alle folgenden sind auch auf der Website des Geschichts- und Museumsvereins unter www.museumsverein-reinbek.de. Die Ehrenamtlichen bitten um eine kleine Spende, um ihre Auslagen zu finanzieren.