Bargteheide. CDU will Aufhebung des Status für das Landhaus Lüneburg in Bargteheide prüfen lassen. FDP geißelt teure Träume der Grünen.

Das Gezerre um die Zukunft des Landhauses Lüneburg, aka Villa Wacker, aka Villa Hemsen, nahe dem Bahnhof Bargteheide geht in die nächste Runde. Auf Antrag der CDU-Fraktion soll die Stadtverwaltung jetzt klären, unter welchen Voraussetzungen eine Streichung der seit Jahren umstrittenen Immobilie aus der Denkmalschutzliste des Landes möglich sei. „Ja, wir werden uns nun juristischer Beratung durch einen Fachanwalt versichern, um diese Frage klären zu können“, bestätigte Bürgermeisterin Gabriele Hettwer auf Abendblatt-Anfrage. Sie gehe aber schon jetzt davon aus, dass dieses Thema das Rathaus und die Kommunalpolitik noch auf Jahre hinaus beschäftigen werde.

Mitte März vergangenen Jahres hatte das Landesamt für Denkmalpflege das vermutlich 1925 für den Bargteheider Kaufmann Fritz Lüneburg errichteten Ensemble urplötzlich zum Kulturdenkmal erklärt. Das Landhaus Lüneburg sei ein „charakteristisches bauliches Zeugnis für die Heimatschutz- und Reformarchitektur“ des Landes und die „damalige Lebensweise des gehobenen Bürgertums“, hieß es in der Begründung.

Gutachten als nicht zielführend zerrissen

In der letzten Sitzung des Bargteheider Bauausschusses vor den Osterferien war es erneut zu einer hitzigen Debatte zum weiteren Vorgehen in der Causa gekommen. Dabei hatten die Grünen das von der Stadtverwaltung in Auftrag gegebene Gutachten zur Bauzustandsanalyse zum wiederholten Male scharf kritisiert.

Das Papier sei schlecht und nicht zielführend, weil die marode Villa nicht unter dem Aspekt des Denkmalschutzes betrachtet worden sei. Von einer „detaillierten Beschreibung des Bauzustands“ könne keine Rede sein. Stattdessen würden „nicht nachvollziehbare, exorbitante Sanierungskosten“ behauptet.

Instandsetzung kostet fast eine Million Euro

Wie bereits berichtet, hatte der Hamburger Architekt Rüdiger F. Solvie dem Gebäude An den Stücken ein denkbar schlechtes Zeugnis ausgestellt. Seinen Erkenntnissen zufolge würde die reine Instandsetzung nach aktuellen Maßgaben rund eine Million Euro kosten. Sanierung und weiterer Unterhalt des Gebäudes seien nur „unter hohem Aufwand“ zu realisieren. Und selbst dann könne das Gebäude „technisch und energetisch nicht zeitgemäß wieder hergestellt werden“, so Solvie.

Hier das gesamte Areal aus der Vogelperspektive. Ober rechts der Bahnhof Bargteheide.
Hier das gesamte Areal aus der Vogelperspektive. Ober rechts der Bahnhof Bargteheide. © HA | Manfred Giese

All das zweifeln die Grünen nach wie vor an. Außerdem nutzten sie die wiederholte Befassung im Bauausschuss für einen Frontalangriff auf die Bürgermeisterin. Die Verwaltung würde nicht neutral agieren und habe „nur aufgrund einer einzelnen Anregung aus der vorangegangenen Sitzung“ den Antrag zur Streichung des „zeithistorischen Gebäudes“ von der Denkmalliste „unverzüglich auf die Tagesordnung gesetzt“, so Dirk Ollroge.

Bürgermeisterin weist Unterstellungen zurück

Diese Unterstellung hatte Gabriele Hettwer vehement zurückgewiesen. Zum einen handele es sich um einen Antrag der CDU-Fraktion. Zum anderen hieve die Verwaltung nicht im Sinne einer Partei oder Fraktion eigene Anträge in die Ausschüsse. Zudem verteidigte sie das aktuelle Guthaben zur Sache. „Herr Solvie ist ein zertifizierter Bausachverständiger. Das Gutachten wurde gründlich recherchiert. Es ist weder fehlerhaft oder falsch, noch am Thema vorbei, sondern entspricht viel mehr der DIN 276“, so die Bürgermeisterin.

Unterstützung erhielt sie unter anderem von FDP-Fraktionschef Gorch-Hannis la Baume. „Aus meiner Sicht wäre das Gutachten um keinen Deut anders ausgefallen, wäre es mit dem besonderen Fokus auf den Denkmalschutz erstellt worden“, sagt der Freidemokrat, der als Bauingenieur und Statiker selbst tief in der Materie steckt.

Keine besonderen Merkmale, die Denkmalschutz rechtfertigen

Wie vielen anderen stelle sich unterdessen auch ihm die Frage, warum es fast 100 Jahre gedauert habe, um dem außerordentlichen Wert des Bauwerks auf die Spur zu kommen, den er allerdings nicht erkennen könne. „Es verfügt schlicht über keine besonderen Merkmale, die solch eine herausragende Bedeutung rechtfertigen könnte“, legt sich la Baume fest.

Den vehementen Kampf der Grünen um die alte Villa bezeichnete er als „nicht zeitgemäßes Denken aus einem gewohnten Wohlstand“ heraus, den es so aber längst nicht mehr gebe. „Jetzt haben wir eine juristische Auseinandersetzung am Hals, die einen komplett entbehrlichen Nebenschauplatz betrifft“, wettert der Liberale.

Grüne Träumereien, die nur unnötig Geld verschlingen

Dabei stehe die Stadt jetzt vor gänzlich anderen Herausforderungen. Gesucht würden dringend geeignete Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau und die Unterbringung von Flüchtlingen. „Das sind die aktuellen Probleme, die viele Menschen bewegen und beschäftigen. Diese zu lösen, dafür sind wir von den Bürgern gewählt worden. Und nicht für ideologisch getriebene Träumereien, die nur Geld verschlingen, das die Stadt schlicht und ergreifend nicht mehr hat“, erklärt la Baume.

Stattdessen würde nunmehr die städtebauliche Entwicklung eines riesigen Areals blockiert, das sich durch seine Lage und die Nähe zum Bahnhof geradezu anbiete, um hier sozialen Wohnungsbau zu realisieren oder Menschen in Not eine Zuflucht zu bieten mit bester Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr.

Aktueller B-Plan weist Areal als Baugebiet aus

Zumal der aktuelle Bebauungsplan für dieses Quartier die betreffende Fläche als Baugebiet ausweise und eben nicht als Grünanlage. „Wir müssen doch Dinge voranbringen, die der Stadt und ihren Bürgern nutzen. Alles andere ist weit weg von den Realitäten, denen sich endlich auch die Grünen konsequent stellen sollten“, sagt Gorch-Hannis la Baume.

Norbert Muras, Fraktionschef der Wählergemeinschaft für Bargteheide (WfB), erinnerte noch einmal daran, dass die alte Villa schon beim Kauf des Areals durch die Stadt „als abgängig“ galt. Zu diesem Ergebnis sei bereits vor Jahren ein früheres Gutachten gekommen. „Dass die Kosten für eine Sanierung unzumutbar sind, gilt heute mehr denn je“, so Muras.

Mehr zum Thema

Die SPD, die schon vor der wundersamen Erhebung des Landhauses Lüneburg in den Status eines Denkmals einen „ergebnisoffenen Architektenwettbewerb“ für das Areal angeregt hatte, der dann auch mehrheitlich beschlossen worden ist, würde sich ebenso wie alle anderen Fraktionen außer den Grünen eine zeitnahe Klärung der Denkmalschutzfrage wünschen. „Anderenfalls käme für uns auch eine Veräußerung des Grundstücks in Betracht“, ließ Reinhard Niegengerd wissen.

Anders als bei einer Ertüchtigung der Villa durch die Stadt kämen laut Verwaltung nur bei einer privaten Sanierung Zuschüsse aus der Städtebauförderung in Betracht. Allerdings bliebe das finanzielle Risiko auch in diesem Falle hoch, darf der Sanierungsaufwand doch nicht höher liegen als 70 Prozent der Kosten eines Neubaus.