Reinbek. Die TSV Reinbek verzeichnet so viele Mitglieder wie seit 20 Jahren nicht mehr. In einigen Abteilungen hat der Verein schon Wartelisten.
Auf dem Bildschirm in seinem Büro präsentiert Rüdiger Höhne diverse mit Farben gestaltete Diagramme zur Mitgliederentwicklung der TSV Reinbek. Eine Grafik zeigt zum Beispiel die Verteilung von Altersgruppen, eine andere den Verlauf bei den verschiedenen Abteilungen. Der Geschäftsführer hat dabei ein Lächeln im Gesicht, was kaum verwundert. Denn die Linien gehen in der Regel nach oben – bei wenigen Ausreißern. Und wenn sie abfallen, dann nur ganz flach. Fünf Prozent hat der Sportverein binnen zwölf Monaten hinzugewonnen, registrierte am Jahresbeginn 3842 Mitglieder und liegt damit voll im Trend. Das geht aus einer gerade veröffentlichten Mitgliedererhebung des Kreissportverbands hervor. Die Mehrzahl und vor allem die größeren Vereine in Stormarn sind gewachsen.
168 Verein sind auf der sogenannten Hitliste erfasst, die jedes Jahr veröffentlicht wird. Die Zahlen wurden jeweils am 1. Januar erhoben. 2024 belegt wieder der Ahrensburger TSV (4134 Mitglieder, plus 5,9 Prozent) Platz eins vor dem TSV Bargteheide (4016, 2,9). Dahinter folgen die TSV Reinbek, der TSV Glinde (2625, plus 1,8 Prozent), der VfL Oldesloe (2411, 3,4), der SV Preußen Reinfeld (1945, 1,9), der SSC Hagen Ahrensburg (1776, 6,4), der TSV Trittau (1626, 7,7), der Oststeinbeker SV (1570, 1,3) sowie der Hoisbütteler SV mit 1516 Mitgliedern (plus 2,9 Prozent). In den Top Ten gab es nur eine Änderung. Oststeinbek und Trittau haben die Positionen getauscht.
TSV Reinbek hat höchsten Mitgliederbestand seit 20 Jahren
Den höchsten Zuwachs unter den Vereinen mit mehr als 1000 Mitgliedern verzeichnet der SV Großhansdorf. Es kommt auf 1302 Personen: ein sattes Plus von 11,4 Prozent. In dieser Kategorie gibt es nur einen Verlierer. Der FC Voran Ohe rutschte von 1051 auf 1006 Beitragszahler ab. Bei den kleineren Vereinen ist der Reit- und Voltigierverein Bad Oldesloe mit einem Plus von 146,1 Prozent Meister, zählt jetzt 32 Mitglieder. Der Reitverein in Havighorst verlor hingegen 77,1 Prozent (jetzt elf Mitglieder).
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„Wir haben Corona nicht nur aufgeholt, sondern den höchsten Mitgliederbestand seit 20 Jahren“, sagt Höhne (55). 1999 begann er bei der TSV Reinbek als Referent für Sportorganisation, übernahm 2001 den Geschäftsführerposten. Heute hat der Verein 24 hauptamtliche Mitarbeiter, darunter auch Teilzeitkräfte, bietet 50 Sportarten an, die sich auf 24 Abteilungen verteilen. Inzwischen sind 20 Prozent der Beitragszahler über 60-Jährige. „Das ist viermal so viel wie zur Jahrtausendwende“, sagt Höhne. Das sei natürlich auch dem demografischen Wandel geschuldet. „Aber wir haben mit entsprechenden Angeboten auch darauf reagiert, dass sich das Bewusstsein von Senioren verändert hat hin zu mehr Bewegung. Bei uns treten Menschen bis ins hohe Alter ein.“
Hobby-Horsing wurde 2023 ins Programm aufgenommen
Der Kreissportverband hat die Mitgliederentwicklung in Stormarn von 1997 bis 2024 ausgewertet. In Sachen Zuwachs ist die Altersgruppe über 60 top. In den Sportvereinen wird auch an die Jüngeren gedacht. „Wir probieren Neues aus mit Kursen. Und wenn das funktioniert, etablieren wir es als feste Sportart“, so Höhne. So verfuhr die TSV im vergangenen Jahr mit dem Hobby-Horsing. Das ist eine Sportart aus Skandinavien mit Gymnastikelementen, bei der Bewegungsabläufe ähnlich derer beim Springreiten oder Dressur nachgestellt werden, ohne dass echte Pferde zum Einsatz kommen. Stattdessen benutzen die Teilnehmer überwiegend selbst gefertigte Steckenpferde.
In diesem Jahr startete der Verein mit Hula-Hoop. Bei diesem Training mobilisiert man die Wirbelsäule und kann Rückenschmerzen vorbeugen sowie die Balance verbessern. Es ist eine effektive Ganzkörperübung, da alle Muskeln gleichzeitig beansprucht werden. Bei den etablierten Sportarten sind vor allem zwei Wachstumstreiber. Höhne: „Basketball geht derzeit durch die Decke. In 24 Monaten ist die Zahl der Spieler von 120 auf 220 gestiegen.“ Karate habe in einem Jahr um rund 30 Prozent zugelegt mit jetzt 170 Aktiven.
Sportverein ist im offenen Ganztag der Grundschulen eingebunden
Die TSV Reinbek bewegt allerdings nicht nur ihre Mitglieder, sondern kooperiert mit mehreren Altenheimen. Im Park neben dem Bismarck Seniorenstift bieten Übungsleiter Training an Geräten an. Die Teilnahme ist gratis. Geld generiert der Verein dafür von einer Stiftung. An den Reinbeker Grundschulen ist Höhnes Team in den offenen Ganztag eingebunden, also die Nachmittagsbetreuung. „Wir erstellen jedes Jahr einen Angebotskatalog, aus dem ausgewählt werden kann.“ Zudem arbeite man mit der Gemeinschaftsschule zusammen. „Und am Gymnasium bieten der FC Voran Ohe und wir im Sportprofil die Trainer-C-Lizenz im Breitensport an.“ Oberstufenschüler müssen dabei in den Vereinen hospitieren. „Die Theorie für den Schein wird zu 95 Prozent im Schulunterricht vermittelt“, so Höhne.
Auch so kann man neue Mitglieder generieren. Das geschieht laut Höhne zudem nach wie vor klassisch durch Mund-zu-Mund-Propaganda, ein FSJler ist diesbezüglich auf Facebook und Instagram aktiv. Nach Ende seines Freiwilligen Sozialen Jahres beginnt der junge Mann am 1. Oktober mit einem dualen Studium im Verein. Die TSV Reinbek habe eine gesunde Größe erreicht, ein weiteres erhebliches Wachstum sei schwer machbar unter den gegebenen Umständen, sagt der Geschäftsführer. „Es fehlt an Infrastruktur, wir müssten für diesen Fall mehr Trainingsplätze, hauptamtliche Mitarbeiter und Übungsleiter haben.“ Schon jetzt arbeitet die TSV mit Wartelisten beim Schwimmen und Turnen sowie den kleinsten Kindern in der Fußball-Abteilung. In diesem Quartal hat der Verein die Mitgliederzahl auf mehr als 4000 gesteigert.