Reinbek. Komplex mit 120 Plätzen und 60 Service-Wohnungen geplant: Reinbeker Bismarck Seniorenstift möchte im Holzvogtland erweitern.
Anfang September feiert das Bismarck Seniorenstift in Reinbek sein zehnjähriges Bestehen. Der erste Tag des kommenden Monats steht ganz im Zeichen der Bewohner mit einer kleinen Party, am darauffolgenden hat sich Bürgermeister Björn Warmer angekündigt. Er wird genauso eine Rede halten wie Hartmut Thede, Leiter der Projektentwicklung beim Wohnungsunternehmen Semmelhaack, dem Eigentümer der Gebäude. Der Immobilienexperte spricht dann auch über die Expansionspläne. Die Altenpflegeeinrichtung soll wachsen – im Holzvogtland auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Angedacht sind ein Komplex mit 120 Plätzen im stationären Bereich sowie 60 Service-Wohnungen samt Demenz-WG. Das wäre nahezu eine Verdoppelung.
„Wir wollen die Sache im Zusammenspiel mit Verwaltung, Politik und den Bürgern behutsam entwickeln. Es gilt, den Bedarf zu decken“, sagt Thede. Das Bismarck Seniorenstift sei in der Stadt total integriert, es gebe eine sehr hohe Nachfrage nach Pflege. „Personen mussten leider abgewiesen werden.“ Das bestätigt Einrichtungsleiterin Regina Bargmann. „Wir haben immer eine Interessentenliste mit 20 Menschen, hinzu kommen jede Woche rund fünf Anfragen für die Kurzzeitpflege.“ Das seien Personen, die zum Beispiel nach einem Beinbruch nicht ins häusliche Umfeld zurück könnten. Oft mündeten solche Fälle in einem dauerhaften Verbleib im Heim.
Auf der Anlage gibt es auch 25 Bungalows
Bargmann berichtet von verzweifelten Anrufern. „Aber wir haben einfach keine Kapazitäten mehr. Es besteht dringender Handlungsbedarf.“ Viele ältere Menschen seien zudem in der eigenen Wohnung oder dem Haus überfordert. „Sie möchten trotz eines Umzugs zwecks nötiger Betreuung in ihrer Umgebung bleiben und nicht in eine andere Kommune übersiedeln.“
Bargmann ist Chefin von 109 Mitarbeitern. Die Einrichtung am Mühlenweg hat 111 Plätze, hinzu kommen 78 Wohnungen, 30 Prozent davon öffentlich gefördert, und 25 Bungalows mit 85 Quadratmetern sowie kleinem Gartenanteil inklusive Terrasse. Träger ist die Evangelische Stadtmission Kiel, eine Tochtergesellschaft der Evangelischen Stiftung Alsterdorf (ESA). Die Gebäude sind von Semmelhaack gepachtet.
Das Seniorenstift hat Warmer von den Vergrößerungsplänen in Kenntnis gesetzt, der Verwaltungschef wiederum die Fraktionsvorsitzenden informiert. Eine Visualisierung hat Semmelhaack noch nicht erarbeitet. Laut Thede, der zugleich Mitglied der Geschäftsleitung des Elmshorner Unternehmens ist, läuft es auf maximal drei Geschosse hinaus. Das Investitionsvolumen gehe in Richtung 20 Millionen Euro. 80 neue Arbeitsplätze würden in Reinbek entstehen.
Bürgerentscheid stoppte vor Jahren Wohnbebauung
Bürgermeister Warmer sagt über das Vorhaben: „Es müssen zuerst die genauen Bedarfe ermittelt werden. Wenn die Politik den Standort Holzvogtland ablehnt, müssen wir gucken, ob es für das Seniorenstift an anderer Stelle Erweiterungsmöglichkeiten gibt.“ Die Bebauung des Areals zwischen Schönningstedt und Prahlsdorf ist ein heikles Thema. Schon 1999 sollten nach dem Willen der Politik Wohnungen entstehen. Es gab einen städtebaulichen Wettbewerb, doch vielen Reinbekern war das Projekt ein Dorn im Auge. Bei einem Bürgerentscheid votierten 69,5 Prozent gegen die Bebauung.
Auch aktuell gibt es wieder Spannungen. Kai Dusenschön und Janno Krieger, Gesellschafter der Wohnbauer GmbH, möchten ein Quartier mit dem Namen Kampsredder auf einem 5,3 Hektar großen Acker schaffen. Weitere Kennzahlen des Projekts: 230 Mietwohnungen, 25 Prozent davon öffentlich gefördert, und rund 30 Grundstücke für Einzel- und Doppelhäuser. Die Investoren wollen eine Kita bauen und der Stadt schenken. Geplant ist zudem ein Bürgerhaus, ein Café, Büro- und Gewerbeflächen zum Beispiel für Ärzte sowie Räume zum Sporttreiben. Es soll einen Mobilitäts-Hub mit Car-Sharing und Lastenrädern geben. Eine Bürgerinitiative will das verhindern. Wie berichtet, strebt sie ein Bürgerbegehren für Mai 2022 an.
Seniorenbeiratschef ist für zwei Wohnbauprojekte
Semmelhaack will die Gebäude für das Bismarck Seniorenstift nahe dem Kampsredder-Quartier erstellen, zehn Hektar sind in Eigentum des Unternehmens. Die Politik hatte sich jüngst festgelegt: Sollten Dusenschön und Krieger bauen dürfen, muss der Rest des Holzvogtlands frei bleiben. Schlechte Karten also für Thede? Heinz-Dieter Weigert, Vorsitzender des Seniorenbeirats, drückt dem Projektentwickler die Daumen. Er sagt: „2030 sind mehr als 50 Prozent der Menschen in Reinbek über 60 Jahre. Ich befürworte die Erweiterung im Holzvogtland.“ Sie sei auch eine gute Ergänzung zum Kampsredder-Projekt.