Wie schön ist es doch, in einer Stadt zu leben, in der die Fähre einen zum Essen schippert. Wer in Hamburg nördlich der Elbe lebt, braucht nur in die HVV-Linie 62 zu steigen und kann mit Blick auf Kräne, Elbvillen und Strand nach Finkenwerder fahren. Wenige Meter vom Anleger entfernt duckt sich ein flacher Backsteinbau ins Gelände – die Finkenwerder Landungsbrücke. Da wir an einem recht kühlen und windigen Sommerabend zu Gast sind, ist das Draußensitzen keine Option. Schade, denn das Traditionslokal wird vor allem wegen seines Außenbereichs in Wassernähe als Ausflugsziel gelobt.
So betreten wir zunächst einen größeren Saal, in dem Betreiber Klaus-Dieter Schulze und sein Team seit Jahrzehnten auch Familienfeiern und Bankette ausrichten. Unser per E-Mail reservierter Tisch liegt jedoch in einem der hinter Räume, genauer gesagt in der guten Stube, die gemütlich mit viel dunklem Holz und rustikalem Mobiliar eingerichtet ist. Inmitten dieses dörflich Urigen lässt sich die Speisekarte in Ruhe studieren.
Zwar gibt es einige Fleischgerichte wie Oma Marthas Sauerfleisch (14,60 Euro) oder Rumpsteak (24,50 Euro). Doch die Nähe zum Wasser ist in der Finkenwerder Landungsbrücke Programm. Wir ordern nicht – es sei uns verziehen – die lokalpatriotische Scholle Finkenwerder Art (21,50 Euro), sondern fangfrischen Angeldorsch (18,50 Euro), Forelle blau mit zerlassener Butter und Sahnemeerrettich (18,90 Euro) sowie original Hamburger Pannfisch aus drei verschiedenen Fischfilets (18,90 Euro). Als Beilagen gibt’s Brat- oder Petersilienkartoffeln.
Unser Kellner ist flott, freundlich und stapelt – als er einen Nachbartisch abräumt – nach alter Schule gefühlt zwei Dutzend Teller auf seinem Arm. Beeindruckend. Schnell kommt dann auch die zur Einstimmung bestellte Hamburger Krebssuppe mit (reichlich) Büsumer Krabben, Sahnehaube und einer Dillgarnitur (6,50 Euro). Cremig und pikant ist diese Vorspeise – Löffel für Löffel von der Nordsee inspiriert. Wer gern salzarm ist, sollte jedoch lieber einen anderen ersten Gang wählen.
Die Hauptgerichte kommen schon feiner gewürzt daher. Die Dijon-Senfsauce, die sowohl den Pannfisch als auch den Angeldorsch begleitet, besitzt eine angenehm zitronige Note. Die jeweiligen Fischfilets zerfallen locker und haben zugleich saftigen Biss. Lecker!
In der Finkenwerder Landungsbrücke gibt es kein Chichi und keine Nouvelle Cuisine, sondern frische hanseatische Hausmannskost, wie sie so wohl bereits vor Jahren und Jahrzehnten zubereitet und angerichtet wurde. Ein echter Hamburger Klassiker also. In unserer Sitzecke lässt sich entspannt klönschnacken. Eigentlich soll das Lokal bis 22 Uhr geöffnet sein, doch gegen 21 Uhr fragt uns der Kellner bereits, ob es noch ein Espresso oder Verteiler sein darf. Nach der Kaffeerunde ertönt dann ein nettes, aber bestimmtes „Wir schließen jetzt, die Damen!“
An diesem Werktag sind wir um diese Uhrzeit die letzten Gäste. Und so brechen wir verständnisvoll auf. Denn es lockt ja noch die Rückfahrt mit der Fähre über die Elbe. Satt und zufrieden lassen wir zu leichtem Wind und Wogen das Hafenpanorama vorüberziehen. Ein toller Kurzurlaub, typisch Hamburg.
Finkenwerder Landungsbrücke dienstags bis sonntags 11 bis 22 Uhr (Fähre 62, Bus 150), Benittstraße 9, T. 742 51 51; info@finkenwerder-landungsbruecke.de