Reinbek. Um Lärm, noch mehr Verkehr, die Sicherheit der Fußgänger, zunehmende Versiegelung und der Naturschutz sorgen sich die Bürger im Rathaus

Der Stadtteil Schönningstedt scheint längst nicht mehr den dörflichen Charakter zu haben wie einst. Das wurde jetzt während der sogenannten frühzeitigen Bürgerbeteiligung für die geplante Erweiterung des Gewerbegebietes Senefelder Ring im Haidland deutlich. Vorgestellt wurde der Bebauungsplan, dessen Aufstellungsbeschluss die Stadtverordneten schon gefasst haben. Ein Bürgerentscheid scheiterte auf den letzten Metern an der politischen Abstimmung.

Den etwa 50 Zuhörerinnen und Zuhörern – vorwiegend Anwohner aus Schönningstedt – im Rathaussaal erläuterte Planer Torben Sell vom beauftragten Büro Claussen-Seggelke, was bisher geplant ist, sowie den Ablauf des Verfahrens. Vorgesehen sind auf dem Acker dort etwa zwölfeinhalb Hektar Gewerbeflächen, die vom Senefelder Ring aus, über die Seitenstraße nördlich der Firma Michaelis, angebunden werden sollen.

Gewerbegebietserweiterung alarmiert die Schönningstedter

„Die Knicks sollen als geschützte Biotope nach dem Landesnaturschutzgesetz weitestgehend erhalten, teilweise noch erweitert werden“, sagte Torben Sell. Der Knick im Osten, der auch schon im mit den Bürgern erarbeiteten Schönningstedt-Plan als Wegeverbindung vorgesehen war, soll möglichst durch eine zweite Baumreihe einen Fuß- und Radweg zwischen Sachsenwaldstraße und Bummereiweg entlang des neuen Gewerbegebietsabschnitts markieren. Auch der Knick im Westen, der das heutige Gewerbegebiet begrenzt, soll erhalten bleiben. Der mittlere Knick hingegen muss weichen und soll mit einer Ausgleichsfläche kompensiert werden.

Im ersten städtebaulichen Entwurf könnten elf Unternehmen Platz im neuen Gewerbegebiet zwischen Sachsenwaldstraße (unten) und Bummereiweg finden – nur eine von vielen Möglichkeiten.
Im ersten städtebaulichen Entwurf könnten elf Unternehmen Platz im neuen Gewerbegebiet zwischen Sachsenwaldstraße (unten) und Bummereiweg finden – nur eine von vielen Möglichkeiten.

Ulf Hahn, Geschäftsführer der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS), berichtete, dass die Gesellschaft mit den heutigen Eigentümern bereits Vorverträge geschlossen habe, um die Grundstücke zu entwickeln und an die Interessenten weiterzuverkaufen. Besonders ortsansässige Unternehmen sollen die Möglichkeit bekommen, sich dort zu erweitern. „Die stehen in Reinbek derzeit Schlange“, sagte er, um Bedenken zu zerstreuen, dass Reinbek am Ende finanziell das Nachsehen haben könnte. Mehr als 20 Firmen hätten Interesse an neuen Grundstücken in Reinbek angemeldet. Die künftigen Mehreinnahmen an Gewerbesteuern schätzt er auf jährlich 750.000 Euro. „Das hängt aber natürlich von den Firmen ab, an die wir verkaufen“, betonte der Wirtschaftsförderer.

Idee, die Erschließungsstraße in den Westen zu verlagern, findet sofort Anklang

Die WAS treffe eine Vorauswahl, die letzte Entscheidung fälle Reinbeks Politik – für jedes einzelne Unternehmen. Die kritischen Nachfragen einer Bürgerin, ob man den Käuferkreis nicht auf Reinbeker Unternehmen beschränken könnte, erteilte Hahn eine Absage: „Das finde ich schwierig, warum sollte man beispielsweise einem interessanten Glinder Unternehmen verweigern, sich in Reinbek niederzulassen?“ Schließlich teilten sich die Nachbarstädte sogar ein Gewerbegebiet.

Im Norden des Areals könnten etwa sieben kleinere Firmen und Dienstleister auf 2500 bis 3500 Quadratmeter großen Grundstücken Platz finden, die in der Mitte durch eine Stichstraße mit Wendehammer erschlossen werden sollen. Im Süden wären vier größere Betriebe auf Flächen mit 8500 bis 13.500 Quadratmetern denkbar. Dorthin soll auch der Recyclinghof der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) hinziehen. Die Gebäudehöhen sind mit elf Metern im Norden und zwölf im Süden niedriger aIs am benachbarten Senefelder Ring.

Im ersten Städtebaulichen Entwurf war für die Verkehrsanbindung eine Straße im Osten direkt neben dem Fuß- und Radweg eingezeichnet. „Warum verläuft die nicht im Westen an der Grenze zu den heutigen Gewerbeflächen?“, wollte eine Zuschauerin wissen. „Je weiter die Lärmquellen von der Wohnbebauung weg sind, desto besser.“ Die Planer wechselten ein paar Blicke, nickten zustimmend. „Da haben Sie recht, das werden wir sofort aufnehmen“, sagte Michael Vogt, Leiter der Stadtplanung in Reinbek.

Schon jetzt belastet der Autoverkehr Schönningstedt stark

Denn dass Schönningstedt heute Lärm geplagt ist, hat zuvor schon eine Zuhörerin unterstrichen: „Wir hören die Flugzeuge über Reinbek, wir hören die Bahn, wir hören den Lärm aus dem Gewerbegebiet, den Verkehr auf der Königs- und auf der Sachsenwaldstraße und die Geräusche vom dortigen Einkaufszentrum. Wenn wir unser Grundstück zu bestimmten Zeiten verlassen wollen, stehen wir erstmal im Stau.“ Eine Ortsumgehung vom Kreisverkehr durch die Bummerei ins neue Gewerbegebiet wurde vorgeschlagen. Eine andere Schönningstedterin bat zu bedenken, dass der Bummereiweg auch Schulweg sei, die Sicherheit der Fußgänger nicht zu vergessen.

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Ein Anwohner kritisierte, dass die Königstraße schon jetzt überlastet sei und forderte: „Sie glauben nicht, wie viele Lkw schon jetzt dort fahren. Die Königstraße muss unbedingt im Verkehrsgutachten für diesen Bebauungsplan berücksichtigt werden.“ Michael Vogt wies darauf hin, dass sie nicht unbedingt Teil eines Bebauungsplans für die Gewerbegebietserweiterung wäre. Er verwies an die anwesenden Kommunalpolitiker, die sich des Themas noch einmal gesondert annehmen sollten. Die Sorgen der Anwesenden richteten sich aber nicht nur auf den Verkehrslärm, sondern auch auf den Lärm aus dem Gewerbegebiet sowie auf die dort möglicherweise entstehenden Geruchsbelästigungen.

Ausgleich für versiegelte Flächen ist gesetzlich geregelt

Landschaftsplanerin Sabine Andresen beantwortete Fragen zu einem weiteren Komplex: zu Flächenversiegelung und Naturschutz. Karen Schönbrodt, Neuschönningstedterin und Leiterin der Tierherberge Einhorn am Senefelder Ring, sagte: „In meinem Stadtteil habe ich den Eindruck, dass die Eigentümer soviel versiegeln können, wie sie wollen.“ Andresen erwiderte, dass dieser Eindruck täusche: „Das ist gesetzlich alles genau geregelt. In Gewerbegebieten dürfen allerdings bis zu 80 Prozent der Fläche versiegelt werden, der Rest muss frei bleiben.“

Bei Ackerland müsse die versiegelte Fläche im Verhältnis 1:0,5 mit Naturschutzflächen, der mittlere Knick mit der doppelten Fläche ausgeglichen werden. Das entspreche also etwa vier Hektar. Diese müssen aber erstmal gefunden werden, denn nicht jedes Gelände ist verfügbar. Sabine Andresen deutete an, dass ihr Büro versuche, Ausgleichsflächen auf den angrenzenden Flächen zu finden und auch das heutige Gelände des Recyclinghofes zu entsiegeln, sei eine Idee.

Anregungen werden im Entwurf berücksichtigt

Ulf Hahn berichtete, dass in modernen Gewerbegebieten Auflagen möglich seien, um eine volle Versiegelung zu vermindern, etwa mit Rasensickersteinen für die Parkflächen, auch bestimmte Saaten und eine nur zweimalige Mahd im Jahr würden so bereits von der WAS in Bad Oldesloe praktiziert. Photovoltaik auf den Dachflächen sei mittlerweile schon gesetzlich vorgeschrieben.

Alle Anregungen sollen bei der Überarbeitung des Städtebaulichen Entwurfs und bei der politischen Diskussion berücksichtigt werden, versicherte Michael Vogt. Ob der Entwurf allerdings bereits zur nächsten Bauausschusssitzung im Mai fertig ist, steht noch nicht fest.