Trittau. Zwischenfall beim Stammtisch der Grünen in einem Restaurant in Trittau: Plötzlich stehen Störer im Raum. Polizei ermittelt.

Anonyme Drohanrufe, E-Mails, Beschimpfungen und der Auftritt einer Gruppe von Störern: Es wirkt wie eine konzertierte Aktion, was sich bei einem offenen Stammtisch der Grünen in Trittau abgespielt hat. Für die Verursacher könnte das ein Nachspiel haben. „Die Polizei hat Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Nötigung aufgenommen“, teilt ein Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion mit. Der Sachverhalt werde derzeit durch das Staatsschutzkommissariat der Bezirkskriminalinspektion Lübeck geprüft.

Der Reihe nach: Am Tag vor der Veranstaltung lädt der Grünen-Ortsverband ganz offiziell im Trittau-Forum auf Facebook zum Grünschnack in die Taverna Platon ein. Es dauert nicht lange, und in der Kommentarspalte unter der Einladung wird wüst geschimpft. Als „Klimaverbrecher“ und „Antidemokraten“ wird die Partei bezeichnet, hinzu kommen Wörter aus der Fäkalsprache. Zudem gibt es Ankündigungen, das Lokal künftig zu meiden. „Ich werde das Restaurant auch nicht mehr betreten wenn diesen Kriegstreibern dort propaganda gewährt wird“, schreibt ein Nutzer im Wortlaut.

Restaurant Trittau: Gastronom wird bedroht – weil er Grüne bewirtet

Zu diesem Zeitpunkt liegt der erste anonyme Drohanruf, den der Betreiber der Taverne, Ayman Alyan, in diesem Zusammenhang erhalten hat, bereits eine Woche zurück. Am Veranstaltungstag dann der zweite Anruf: Ein Mann gibt an, das gesamte Lokal am selben Abend für eine geschlossenen Veranstaltung reservieren zu wollen. Als Alyan ihm mitteilt, dass das nicht möglich sei, weil es bereits Reservierungen gebe, ändert sich der Ton des anonymen Anrufers. Er droht damit, mit hundert Leuten vor das Lokal zu ziehen und dort „die Hosen herunterzulassen“, berichtet Alyan später.

In seinem E-Mail-Postfach geht derweil eine E-Mail ein, Tenor: „Wir betreten die Taverne nicht mehr, weil die Grünen bei Ihnen sind.“ Der Wirt ist ein höflicher, zuvorkommender Mann. Einer, der nicht die Konfrontation, sondern den Dialog sucht. Dementsprechend sachlich formuliert er seine Antwort: Als Gastgeber interessiere ihn der Hintergrund seiner Gäste nicht. „Bei mir ist jeder willkommen“, sagt Alyan.

Unterdessen erhält die Grünen-Ortsvorsitzende Sabine Paap einen Hinweis, dass Störer den Grünschnack kapern wollen, wie sie unserer Redaktion später berichtet. Sicherheitshalber informiert sie die Polizei Trittau. Die Polizeidirektion Lübeck bestätigt diesen Vorgang. „Die Polizei wurde am späten Nachmittag vor der Durchführung des Stammtischs durch ein Mitglied über eine mögliche Störung der Veranstaltung in Kenntnis gesetzt. Vor diesem Hintergrund hat die Polizei vor, während und nach der Veranstaltung ihre Präsenz sowohl im Bereich der Lokalität sowie auch im Umfeld des Veranstaltungsortes und der Trittauer Innenstadt erhöht.“

Stimmung wird nicht als freundlich, sondern aufgeladen empfunden

Als der Grünschnack begonnen hat, betritt eine größere Gruppe Menschen geschlossen das Lokal. Einige setzen sich an einen Tisch, während andere im Bereich der Garderobe stehenbleiben. Wie ein unbeteiligter Gast, der das Geschehen von seinem Sitzplatz aus mitverfolgt, später berichtet, zählt zu der Gruppe auch ein Mann, der sich eine Lichterkette umgehängt hat. Er führt Plakate mit sich, auf dem die Grünen als „Kriegstreiber“ und „Klimafaschisten“ bezeichnet werden. Ein Mann aus der Gruppe steuert zielstrebig den Stammtisch an, berichtet Paap später und schildert, was dann geschieht: Sie fragt ihn, wer er sei, er will seinen Namen nicht nennen. „Er hat gesagt, man müsse ohne Namen reden können“, berichtet der unbeteiligte Gast, der das Geschehen verfolgt.

„Das ist eine Masche“, vermutet Paap. „Die sagen nicht, wer sie sind, und behaupten, sie seien der Mittelstand. Wenn man aber genauer hinschaut, steckt oft die AfD dahinter“, so Paap. Sie habe sowohl Mitglieder der Partei erkannt als auch einige der Organisatoren der „Mittelstandsdemo“, die wenige Wochen zuvor in Trittau stattfand.

Ungebetene Gäste wollen über Bundespolitik sprechen

Zurück zum Stammtisch. Inzwischen haben sich sechs oder sieben Männer vor Sabine Paap aufgebaut. Ihr Parteikollege Dirk Rogosch springt ihr bei. Er erinnert sich später: „Sabine fragte, worüber sie reden wollten.“ Darüber, dass die Politik der Bundesregierung „Scheiße“ sei, habe die Antwort gelautet. Es habe keine freundliche, sondern eine aufgeladene Stimmung geherrscht.

Die Polizei formuliert es so: „Gemäß Sachlage sollen während der Veranstaltung mehrere Personen die Lokalität betreten und ein Gespräch mit Mitgliedern des Stammtisches gesucht haben. Dabei soll es zu verbalen Provokationen durch die Personen gekommen sein.“

Mit derartigen Aktionen soll eine Drohkulisse aufgebaut werden

„Es gab keinerlei Anhaltspunkte für ein konstruktives Gespräch“, sagt Dirk Rogosch später. „Sie haben dann eingesehen, dass sie nicht weiterkommen. Unser Stammtisch hatte sich inzwischen auch gefüllt.“ „Da ging es nicht um politische Meinungsbildung“, meint Sabine Paap. „Die sind ja nicht gekommen, weil sie reden, sondern stören wollten.“ Derartige Aktionen dienten dazu, Ängste in der Gemeinde der kommunalen Vertreter zu schüren, glaubt sie.

Inzwischen bittet der Wirt die Störer, sich zu setzen. Wie unbeteiligte Gäste später berichten, kommen sie Störer der Aufforderung nach, setzen sich an den Tisch und regen sich dort lautstark auf.

Betreiber des Lokals erstattet Anzeige wegen Nötigung

Was dann geschieht, geht aus der schriftlichen Mitteilung der Polizei hervor. „Unter den Personen, die die Lokalität betraten, befand sich nach Mitteilung auch eine mit einer Lichterkette bekleidete Person. Diese Person entfernte sich nach Aufforderung aus dem Gastraum.“ Wie unbeteiligte Gäste berichten, positioniert sich der Mann mit seinen Plakaten daraufhin draußen auf dem Restaurantgelände.

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Nach Angaben des Sprechers der Polizei liegen „nach derzeitigem Sachstand keine Hinweise vor, dass es durch diese Person zu konkreten Störungen oder Straftaten kam“. Der Vorbesitzer des Lokals verweist den Lichterkettenmann schließlich des Platzes.

Am darauffolgenden Tag und in der Folgewoche gehen bei der Polizei weitere Hinweise ein. „Im Vorfeld der Veranstaltung soll der Betreiber der Lokalität in Form von Telefonanrufen aufgefordert worden sein, den Stammtisch nicht in seinem Restaurant stattfinden zu lassen“, bestätigt der Polizei-Sprecher.