Großhansdorf. Maklerin gewährt Einblick in Villa in Großhansdorf. Zuletzt war das geheimnisvolle Anwesen zentraler Handlungsort der NDR-Krimiserie.
Sie ist ein Hingucker am Ortseingang von Großhansdorf: die Villa Funck an der Hansdorfer Landstraße. Hinter hohen Eibenbüschen ragt das grau verputzte Landhaus mit den auffälligen, gelb-braunen Fensterladen, den Ornamenten in der Fassade und dem geschwungenen Giebeldach empor. Das Gebäude hat etwas Verwunschenes, Geheimnisvolles an sich.
Genau das qualifizierte die Villa aus Sicht der Locationscouts als Drehort für eine neue Folge der NDR-Erfolgsserie „Nord bei Nordwest“. Für zwei Wochen wurde Großhansdorf im Februar zum Ostsee-Dorf Schwanitz und die Villa Funck zum Nolden-Haus, einem geheimnisumwitterten Gemäuer, das Schauplatz eines Verbrechens wird.
„Nord bei Nordwest“: Produktionsleiter entdeckt Villa in Großhansdorf in Annonce
Es war ein Zufall, dass das Filmteam auf der Suche nach dem perfekten Drehort gerade in Großhansdorf fündig wurde. Einen wesentlichen Anteil daran hat Ulrike Dreyer. Seit im vergangenen Jahr die letzte Bewohnerin ausgezogen ist, ist die Maklerin mit dem Verkauf des Anwesens betraut.
„Im November hat mich Markus Kadl, der Produktionsleiter, der aus der Gegend kommt, über ein Immobilienportal angeschrieben“, erzählt Dreyer. „Er hatte meine Annonce gesehen.“ Dreyer, selbst großer Fan von „Nord bei Nordwest“, war von der Idee begeistert, die Villa zur Kulisse zu machen und konnte auch die Eigentümer überzeugen.
Filmteam hat zunächst Bedenken wegen des Straßenlärms
Einige Zeit später kam die Filmcrew nach Großhansdorf. Dreyer war dabei, als die Profis über die Möglichkeiten und den Aufbau der einzelnen Szenen diskutierten. „Es wurde bis ins Detail über Kameraeinstellungen und Lichtverhältnisse gesprochen, als Laie ist das total spannend für mich gewesen“, erzählt die Maklerin.
Zunächst sei unklar gewesen, ob die Funck-Villa den Zuschlag erhält. „Es gab Bedenken wegen des Straßenlärms“, sagt Dreyer. Die Gemeinde erklärte sich schließlich bereit, für die Dauer der Dreharbeiten ein Tempolimit von 30 km/h auf der Hansdorfer Landstraße einzurichten.
Die neuen Folgen der Erfolgsserie werden Anfang 2025 ausgestrahlt
Der NDR dreht zurzeit drei neue Folgen von „Nord bei Nordwest“, die Anfang 2025 im Ersten zu sehen sein werden. In der Serie spielt Hinnerk Schönemann den ehemaligen Hamburger Polizisten Hauke Jacobs, der gemeinsam mit Kommissarin Hannah Wagner (Jana Klinge) und Tierärztin Jule Christiansen (Marleen Lohse) im verschlafenen Schwanitz an der Ostsee ermittelt. Letztere hat einen besonderen Bezug nach Großhansdorf: Sie ist im Nachbarort Hoisdorf aufgewachsen.
Im Schnitt verfolgten die drei jüngsten, in diesem Januar ausgestrahlten Folgen mehr als acht Millionen Fernsehzuschauer. Die Episode, für die in Großhansdorf gefilmt wurde, trägt den Titel „Das Nolden-Haus“. Das Drehbuch stammt von Niels Holle, Regie führt Felix Herzogenrath.
Großhansdorfer Villa wird als Spukhaus Tatort eines Verbrechens
Im Zentrum der Handlung steht das gleichnamige Anwesen, das seit Jahren leersteht und in Schwanitz als Spukhaus verschrien ist. Angeblich geht dort der Geist von Inge Nolden um, die vor vielen Jahren von ihrem Mann verlassen wurde und sich aus Kummer erhängt hat.
Dennoch lässt sich die Lübeckerin Lena Helbing (Joanna Kitzl) nicht davon abhalten, die alte Villa zu beziehen. Die Aufregung ist groß, als die neue Bewohnerin bereits nach der ersten Nacht tot auf dem Dachboden aufgefunden wird – ebenso wie Inge Nolden erhängt. Hinnerk, Hannah und Jule stehen vor einem Rätsel, während für den Rest von Schwanitz klar ist: Die alte Nolden ist zurück und holt sich bald ihr nächstes Opfer.
Architekt August Nissen wirkte am Hamburger Hauptbahnhof mit
Für das Szenario scheint die Großhansdorfer Villa mit ihren zwölf Zimmern, verwinkelten Kammern, dem Salon mit Stuckdecke, der Bibliothek, dem alten Dachboden und dem holzvertäfelten Treppenhaus mit Kronleuchter und ornamental gestaltetem Bleiglasfenster geradezu perfekt. Zu den 318 Quadratmetern Nettowohnfläche auf drei Etagen plus Gewölbekeller kommt außerdem ein großer Garten rund um das Gebäude.
Dreyer gerät ins Schwärmen, wenn sie von der Villa spricht. „Mich fasziniert, dass so viele Gestaltungsmerkmale im Original erhalten sind“, sagt sie. So seien etwa die Deckenlampen Maßanfertigungen des Architekten des Gebäudes, August Nissen, der zahlreiche Villen in der Region entworfen und auch am Hamburger Hauptbahnhof mitgewirkt hat. „Die Bewohner haben viel Mühe da hineingesteckt, das zu erhalten“, sagt die Maklerin.
Seit Frühjahr 2023 steht die Villa Funck unter Denkmalschutz
Errichtet wurde das repräsentative Landhaus im Jugendstil 1910 von dem wohlhabenden Obsthändler und Geschäftsmann Wilhelm Dickhuth. Der im Bleiglasfenster dargestellte Obstkorb zeugt noch immer vom Erbauer. „Später lebte viele Jahre lang die siebenköpfige Familie Funck hier, ehe sich die Kinder, die inzwischen in alle Welt verstreut leben, im vergangenen Jahr entschieden haben, die Villa zu verkaufen“, sagt Dreyer.
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Ein Schnäppchen ist die Immobilie nicht: 980.000 Euro kostet das Gebäude inklusive des rund 2200 Quadratmeter großen Grundstücks. Weitere schätzungsweise 600.000 Euro müsste der neue Eigentümer laut Dreyer in die Sanierung investieren. Die Summe könne aber bis zu 100 Prozent von der Steuer abgesetzt werden, weil das Gebäude seit Frühjahr 2023 unter Denkmalschutz steht.
Das Filmteam nahm für die Dreharbeiten unfangreiche Umbaumaßnahmen vor
Vor Beginn der Dreharbeiten wurde die Villa durch das Filmteam aufwendig präpariert und umgebaut. „Im Flur wurden zum Beispiel zusätzliche Holzvertäfelungen und eine Garderobe angebracht“, erzählt Dreyer. Im Garten wurde kurzerhand ein neuer Baum „gepflanzt“ – zumindest der Stamm. „Die Krone wird digital hinzugefügt“, sagt die Maklerin.
Der neue Baum sei notwendig gewesen, um eine Schlüsselszene genau an der richtigen Stelle des Grundstücks drehen zu können. „Mehr darf ich nicht verraten, um den Zuschauern die Spannung nicht zu verderben“, sagt Dreyer.
Flur und Treppe zum Dachboden dienen als Kulissen für Szenen
In der Villa sei unter anderem im Flur und an der Treppe hinauf zum Dachboden gefilmt worden. „Die restlichen Räume waren voll mit Technik und Mitarbeitern“, erzählt die Maklerin, die an einem Drehtag vor Ort sein durfte. Dabei habe sie auch verstanden, warum der Straßenlärm ein Problem darstellte. „Wenn gefilmt wurde, hieß es: Bitte Ruhe, alle! Dann durfte kein Löffel im Haus mehr klirren, weil man das sonst später im Film hören würde“, sagt Dreyer.
Inzwischen ist der Baum wieder verschwunden, nur ein wenig aufgewühlte Erde zeugt noch davon. Auch von den anderen Umbaumaßnahmen ist nichts mehr zu sehen. Wie die Funck-Villa nach dem Verkauf genutzt wird, ist noch unklar. Dreyer kann sich neben einer Nutzung als privaten Wohnsitz auch vorstellen, dass dort eine Stiftung oder ein Unternehmen einziehen und sie als repräsentativen Sitz nutzen.
„Charmant fände ich es auch, wenn dieses ungewöhnliche Gebäude der Öffentlichkeit als Veranstaltungsort zugänglich wird“, sagt sie. Die Dreharbeiten für die neuen Folgen „Nord bei Nordwest“ laufen noch bis Mitte April in Hamburg und Umgebung und auf Fehmarn.