Aurich/Glinde. Die 46-Jährige soll die drei Mädchen jahrelang gequält haben. Nun wurde vor dem Landgericht Aurich das Urteil verkündet.

Jahrelang soll eine Frau aus Glinde ihre drei Töchter schwer misshandelt haben. Am Montag, 4. März, wurde vor dem Landgericht Aurich (Niedersachsen) das Urteil verkündet: Die 46-Jährige muss für sieben Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Der Vater der Mädchen kommt mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr davon.

Die Richter verurteilten die Frau wegen Misshandlung Schutzbefohlener in 28 Fällen, sechs Fällen der gefährlichen Körperverletzung, Freiheitsberaubung in acht Fällen sowie einem Fall der schweren Vergewaltigung. Außerdem muss die Mutter der ältesten Tochter 25.000 Euro Schmerzensgeld zahlen, der Vater weitere 1000 Euro. Für den 44-Jährigen lautete der Schuldspruch auf Misshandlung Schutzbefohlener in sechs Fällen.

Töchter jahrelang misshandelt: Sieben Jahre Haft für Mutter aus Glinde

Die Staatsanwaltschaft hatte der 46-Jährigen sexuellen Missbrauch, Freiheitsberaubung, vorsätzliche Körperverletzung und versuchte Zwangsprostitution in 195 Fällen im Zeitraum zwischen 2011 und 2016 vorgeworfen. Der Vater soll in zwei Fällen gegenüber den Mädchen handgreiflich geworden sein. Die Familie lebte damals in der niedersächsischen Stadt Emden. Inzwischen leben die Eltern getrennt, die 46-Jährige ist neu verheiratet und wohnt in Glinde.

Nicht alle Taten ließen sich laut Gerichtssprecherin Iris Schmagt in dem Verfahren belegen, weshalb die Frau in einem Teil der Anklagepunkte freigesprochen worden sei. Sicher sind die Richter, dass die 46-Jährige ihre Töchter wiederholt geschlagen und mehrfach mit Kabelbindern gefesselt in einem Kellerraum eingesperrt hat. Außerdem soll sie die Mädchen an den Armen festgehalten und ihnen Schnitte zugefügt sowie einmal auf dem Fuß eines der Kinder eine brennende Zigarette ausgedrückt haben.

Das älteste Mädchen wurde von der 46-Jährigen mit einem Besenstielvergewaltigt

Mindestens einmal soll die Frau auch einen Holzbesen verwendet haben, um einer der Töchter Schläge zuzufügen. Das älteste Mädchen hatte die Mutter dem Gericht zufolge zudem im Alter von 13 Jahren mit einem Besenstiel vergewaltigt, nachdem es ihr gestanden hatte, romantische Gefühle gegenüber einem Jungen zu hegen.

Die jüngste Tochter soll zum Zeitpunkt des ersten Übergriffs erst neun Jahre alt gewesen sei, die älteste elf. Inzwischen sind alle Mädchen volljährig. Die jahrelangen Misshandlungen waren laut Schmagt erst öffentlich geworden, als sich Jahre später eine der Betroffenen der Polizei anvertraute.

Taten waren Bestrafung für nicht zufriedenstellend erledigte Haushaltsarbeiten

Die Übergriffe sollen nach Feststellung des Gerichts nicht in der Wohnung der Familie in Emden ereignet haben, sondern im Haus einer Verwandten, die an den Taten beteiligt gewesen sein soll. Gegen die 44-Jährige aus Hinte im Landkreis Aurich wird in einem separaten Verfahren verhandelt. „Bei den Taten hat es sich nach Feststellung der Kammer um Bestrafungen gehandelt, weil die Mädchen ihnen aufgetragene Arbeiten im Haushalt der gesondert Verfolgten nicht zu deren Zufriedenheit erledigt hatten“, sagt Schmagt.

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Beide Eltern hatten die Taten vor Gericht gestanden, wobei die Mutter laut der Sprecherin bestritt, an der Vergewaltigung beteiligt gewesen zu sein. Sie sei lediglich anwesend gewesen, während die Verwandte ihre Tochter vergewaltigt habe. „Dieser Darstellung ist das Gericht nicht gefolgt“, so Schmagt.

Die 46-Jährige ist laut Gutachter trotz psychischer Erkrankungen voll schuldfähig

Während des Prozesses stand die Frage im Raum, inwieweit die 46-Jährige überhaupt schuldfähig ist. Es bestand der Verdacht einer psychischen Erkrankung. Unter anderem deshalb legte die Frau ihr Geständnis unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Auch während der Plädoyers, in denen Einzelheiten aus ihrer Krankengeschichte zur Sprache kamen, war die Öffentlichkeit ausgeschlossen.

Ein psychiatrischer Sachverständiger, der am Montag sein Gutachten vorstellte, attestierte der Glinderin eine dissoziale Persönlichkeitsstörung sowie eine Abhängigkeitserkrankung. Eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit ergebe sich daraus aber nicht.

Beide Elternteile können gegen das Urteil des Landgerichts Revision beantragen

Der Bewährungszeitraum für den Vater beträgt drei Jahre. Außerdem verhängte die Kammer eine Geldauflage in Höhe von 1000 Euro gegen den 44-Jährigen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beide Eltern sowie die Staatsanwaltschaft können binnen einer Woche Revision beantragen.