Großensee. Gemeindevertreter verabschieden Haushalt gegen Stimmen der BfG. Warum die Politiker einen Bereich von Kürzungen verschonen wollen.

In diesem Jahr müssen die Bürger in Großensee tiefer in die Tasche greifen. Der kommunale Haushalt weist für das laufende Jahr ein Defizit von rund 450.000 Euro aus. Weil die Einnahmen die Ausgaben nicht mehr decken, haben die Gemeindevertreter auf ihrer jüngsten Sitzung zugleich mit dem Haushalt auch eine kräftige Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer beschlossen. Die letzte Anpassung liegt bereits 14 Jahre zurück. Der Beschluss erfolgte mehrheitlich gegen die Stimmen der Wählergemeinschaft Bürger für Großensee (BfG)

Die Hebesätze für die Grundsteuer steigen rückwirkend zum 1. Januar von 280 auf 380 Prozentpunkte, für die Gewerbesteuer von 320 auf 380 und für land- und forstwirtschaftliche Betriebe von 270 auf 370. Von der Erhöhung erhofft sich die Kommune Mehreinnahmen von rund 136.000 Euro. Mieter sind ebenfalls von dem Anstieg der Grundsteuer betroffen, da Hauseigentümer im Regelfall die Kosten in voller Höhe auf die Mieter umlegen können.

Großensee kämpft gegen Defizit: Diskussion um Einsparungen

Bei einem solchen Defizit sei die Gemeinde gehalten, die Hebesätze anzuheben, erläuterte die Finanzausschussvorsitzende Ursula Ruhfaut-Iwan (BfG). Auch der Finanzausschuss hatte dieses Vorgehen einstimmig empfohlen. Dass die BfG ihre Zustimmung zum Haushalt verweigerte, hatte sich bereits im Vorfeld abgezeichnet. Mögliche Sparpotenziale waren nach ihrer Ansicht nicht genügend diskutiert worden.

Ursula Ruhfaut-Iwan (BfG) begründete ihre Ablehnung so: „Ich werde dem in dieser Form aufgestellten Haushalt nicht zustimmen, da mir die Betrachtung und Abwägung von Einsparmöglichkeiten fehlt.“ In anderen Gemeinden, die ähnliche Probleme hätten, würden einzelne Positionen in aller Ruhe durchgesehen, um zu eruieren, bei welchen Ausgaben gekürzt werden könne, kritisierte sie. Besonders im Bereich der freiwilligen Leistungen werde da jede Position überprüft und zumindest teilweise Kürzungen vorgenommen, so Ruhfaut-Iwan. „Wir sind aber noch gar nicht dazu gekommen nachzudenken, wo noch etwas eingespart werden kann.“

Weil aus zeitlichen Gründen kein weiterer Finanzausschuss vor der Gemeindevertretung möglich gewesen sei, habe man ein fraktionsübergreifendes Treffen anberaumt. Dabei habe man sich nach „sehr kontroversen Diskussionen“ darauf verständigt, „dass insgesamt 17.000 Euro im Bereich der Straßenunterhaltung, des Freibads und der Baumpflege gekürzt werden können“. Weitere Einsparmöglichkeiten habe die Mehrheit der Beteiligten nicht gesehen.

Zu Ursachen für Defizit zählen Verzögerungen bei Bauprojekten

Auch Felix Müller (Grüne) hätte sich einen größeren Vorlauf für die Beratungen gewünscht. „Das Defizit ist ein Brett. Damit kann man nicht zufrieden sein, und das ist auch nicht unser Anspruch“, sagte er. Die Ursachen seien vielfältig und wurzelten in Teilen schon viele Jahre zurück. Die Finanzierungs- und Baukosten seien in den letzten Jahren durch die Decke gegangen. Die extreme Verzögerung von Projekten räche sich jetzt, weil dadurch auf Großensee extreme Mehrkosten zukämen.

Das trifft insbesondere auf die beiden größten Investitionen – Neubau des Feuerwehrhauses sowie Um- und Neubau des Kindergartens – zu. Für das Feuerwehrhaus werden in diesem Jahr Kosten von knapp drei Millionen Euro veranschlagt. Beim Kindergarten rechnet die Gemeinde mit Mehrkosten für die Planung von 500.000 Euro, wovon 200.000 im Haushalt 2024 eingestellt werden.

Amts- und Kreisumlage sind in den letzten Jahren stark angestiegen

Einen weiteren Grund für das Haushaltsloch sieht Markus Riegraf (BfG) in der finanziellen Belastung durch die Amts- und die Kreisumlage: „Das frisst uns auf“, sagt er. 2020 lag die Umlage für den Kreis bei 659.000 Euro, für 2024 wird mit 794.000 Euro kalkuliert. In derselben Zeitspanne dürfte die Amtsumlage von 326.000 Euro auf etwa 577.000 steigen. „Wir waren alle entsetzt über die Erhöhung“, sagt Bürgermeister Uwe Tillmann Mumm (Aktive Wählergemeinschaft Großensee). Der Amtsausschuss habe beschlossen, „dass es einen Nachtragshaushalt des Amtes bis zum Sommer geben muss“. Bis dahin lägen die entsprechenden Zahlen vor. Früher sei das technisch nicht machbar, weil längst nicht alle Amtsgemeinden ihren Haushalt beschlossen hätten. Für die Verwaltung geht der Wechsel von der Kameralistik zur Doppik mit einem wesentlich größerem Arbeitsaufwand einher.

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Bei Einsparungen sieht Müller nur wenig Spielraum. „Am Ende des Tages bleiben nur freiwillige Leistungen wie Freibad, Sportplatz, Vereine. Das ist für uns definitiv ein No-Go. Die Vereine müssen weiter gefördert werden“, forderte er. Rufaut-Iwan sagte: „Bei den Vereinen sind wir uns einig.“ Müller setzt auf Ausgabendisziplin. „Nur weil ein Budget vorgesehen ist, müssen wir das nicht ausschöpfen.“

Zuletzt verkündete Ruhfaut-Iwan eine gute Nachricht: Großensee sei noch schuldenfrei und „insgesamt verfügen wir über liquide Mittel in Höhe von 4,4 Millionen Euro“.