Reinbek. Eigentlich sollten Reinbeker zur Europawahl über die Erweiterung abstimmen. Doch zur Fragestellung gab es keine Mehrheit. War es Kalkül?

Es ging, so schien es zumindest, eine Welle der Ratlosigkeit durch den Sitzungssaal des Reinbeker Rathauses, als am Donnerstagabend in der Stadtverordnetenversammlung über den Bürgerentscheid zur Erweiterung des Gewerbegebietes Haidland abgestimmt worden war. Eigentlich sollten Reinbekerinnen und Reinbeker wie berichtet am 9. Juni 2024, dem Tag der Europawahl, darüber entscheiden, ob das Gewerbegebiet Senefelder Ring zwischen Sachsenwaldstraße und Bummereiweg um neun Hektar ins Haidland erweitert werden soll.

Im November hatten die Stadtverordneten auf Initiative der FDP einem Bürgerentscheid zugestimmt. Die Mehrheit der Politik, SPD, CDU, FDP und Forum 21, ist für die Erweiterung, die Grünen sind dagegen. Gegen die Stimmen der CDU stimmte die Politik im November dafür, die Reinbekerinnen und Reinbeker entscheiden zu lassen. Die beteiligten Fraktionen setzten darauf, dass die Bürger sie in ihrer Meinung bestätigen.

Bürgerentscheid Gewerbegebietserweiterung: Keine ausreichende Mehrheit

Doch nun die große Überraschung: In der jüngsten Stadtverordnetenversammlung sollte noch über das Datum und über die konkrete Fragestellung abgestimmt werden. Aber weder zum einen noch zum anderen konnte die erforderliche Mehrheit gefunden werden. In der Datumsfrage gab es 15 Jastimmen, neun Neinstimmen und sechs Enthaltungen. Zur Fragestellung gab es zwölf Jastimmen, 16 Neinstimmen und zwei Enthaltungen.

Schon im Hauptausschuss am 20. Februar hatte sich die Politik nicht auf eine Fragestellung einigen können. Am Tag der Stadtverordnetenversammlung teilte die Stadtverwaltung der Politik nach einer entsprechenden Prüfung durch die Kommunalafsicht mit, dass es keinen Bürgerentscheid geben wird, falls die Fragestellung in der Stadtverordnetenversammlung keine ausreichende Mehrheit findet. Das wären bei 37 Stadtverordneten mindestens 19 Stimmen gewesen.

Bürgerentscheid: Die Grünen werfen der SPD Kalkül vor

Grüne und FDP stimmten mit Ja, die CDU dagegen, Forum 21 stimmte nicht einheitlich ab. Die SPD, die im Hauptausschuss noch für die Fragestellung gestimmt hatte, enthielt sich in der Datumsfrage und stimmte gegen die Fragestellung, die hätte lauten sollen: „Sind Sie dafür, dass der Aufstellungsbeschluss zur Erweiterung des Gewerbegebietes Haidland vom 9. November 2023 aufgehoben wird, so dass keine Erweiterung des Gewerbegebietes Haidland und keine Verlagerung des Recyclinghofes Reinbek der AWSH in die Erweiterungsfläche erfolgt?“ Das Abstimmungsergebnis bedeutet in der Folge: Es wird keinen Bürgerentscheid geben.

Die Grünen werfen der SPD Kalkül vor: „Nachdem der Textvorschlag der Grünen im Hauptausschuss keine Mehrheit fand, haben Grüne in der Stadtverordnetenversammlung für die Fragestellung gemäß Beschlussvorlage der Verwaltung gestimmt, um den Bürgerentscheid zu ermöglichen, was auch mit den Stimmen zusammen mit SPD und FDP grundsätzlich möglich gewesen wäre. Doch die SPD fiel um und hatte plötzlich nichts mehr für den Bürgerentscheid übrig. Die Annahme ist erlaubt, das dies kalkuliert aufgrund des Ergebnisses der aktuellen Prüfung durch die Kommunalaufsicht geschehen ist“, sagt Grünen-Fraktionschef Günther Herder-Alpen.

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Diesen Vorwurf des Kalküls weist SPD-Fraktionsvorsitzender Nikolaus Kern auf Nachrage entschieden zurück. „Mit der jetzigen Fragestellung konnten wir nicht leben“, so Kern. Die SPD habe sich eine positive Fragestellung gewünscht, das sei nicht erlaubt gewesen. Kern: „Damit konnten wir uns nicht anfreunden. Aus unserer Sicht wäre die Gefahr zu groß gewesen, dass die Menschen das falsch verstehen und etwas ankreuzen, was sie nicht wollen.“

Die SPD war mit der Fragestellung nicht einverstanden

Die SPD befürworte die Gewerbegebietserweiterung. „In unserem Programm zur Kommunalwahl haben wir versprochen, Gewerbeflächen auszuweisen, um Arbeitsplätze in Reinbek zu halten und weiterhin für lokale Betriebe attraktiv zu sein. Außerdem sehen wir es als wichtigen Faktor für die Sicherung des städtischen Haushalts, durch eine Gewerbegebietserweiterung unsere finanzielle Lage zu verbessern“, so Kern.

Daher sei es aus Sicht der SPD immer ein Wagnis gewesen, von politischer Seite einen Bürgerentscheid in dieser Frage anzugehen. „Dennoch haben wir uns nach dem Beschluss an allen Schritten beteiligt. Die Fragestellung jedoch, die letztendlich beschlossen werden sollte, konnten wir aber nicht mittragen“, so Kern. Unklar scheint aktuell noch, ob ein Bürgerbegehren möglich ist. Dafür müssten allerdings genügend Reinbeker tätig werden. Andernfalls wird die Gewerbegebietserweiterung kommen.