Reinbek. Nur die Grünen waren gegen das Vorhaben. Schönningstedter sprachen sich bei einer Bürgerbeteiligung überwiegend dagegen aus.
Die Reinbeker Politik hat in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses den Weg frei gemacht für die Erweiterung des Gewerbegebiets Senefelder Ring im Haidland in östliche Richtung. Die entsprechenden Änderungen im Bebauungsplan und im Flächennutzungsplan wurden von den Mitgliedern des Ausschusses beschlossen. Die Entschlüsse fielen mehrheitlich: SPD, CDU, FDP und Forum 21 stimmten dafür. Nur die Grünen waren dagegen.
Zum Hintergrund: Seit Jahren wird die Erweiterung des Gewerbegebiets Senefelder Ring in östliche Richtung in Reinbek diskutiert. Der derzeitige Recyclinghof der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) an der Glinder Straße soll wegen Verkehrs- und Lärmbelästigung ins Haidland östlich des Unternehmens E. Michaelis verlegt werden. Das ist bereits beschlossene Sache.
Viele Reinbeker Unternehmen wollen sich vergrößern
Doch auch viele Reinbeker Unternehmen wollen laut einer Umfrage der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) expandieren – auch dafür kam das etwa elf Hektar große Gebiet im Osten des bestehenden Gewerbegebiets zwischen Sachsenwaldstraße im Süden und Bummereiweg im Norden infrage.
Wie berichtet, war die Erweiterung im Spätsommer Thema im Bauausschuss, wurde auf Antrag der Grünen aber zunächst zurück in die Fraktionen gegeben. Die Grünen wollten eine unnötige Flächenversiegelung vermeiden und den Wunsch von einer Gruppe Bürgerinnen und Bürgern respektieren: Denn eine Bürgerbeteiligung unter dem Titel Stadtteilplan-Schönningstedt hat gezeigt, dass sie überwiegend gegen eine Erweiterung sind. Das Projekt kostete seinerzeit mehr als 80.000 Euro.
Markus Linden (Grüne): „Ich bin empört und halte die Entscheidung für falsch“
„Ich bin empört und halte die Entscheidung aus ökonomischen, ökologischen und demokratischen Gesichtspunkten für falsch“, sagt Markus Linden, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, über das Ergebnis im jüngsten Bauausschuss. „Wir begrüßen eine Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen und wollen Reinbeker Betrieben eine eventuell gewünschte Ausweitung ihrer Fläche ermöglichen. Aber in diesem Fall werden riesige Flächen einfach als Gewerbe ausgewiesen, ohne dass konkreter Bedarf vorliegt“, so Linden. Die Prognosen der WAS zu Gewerbesteuereinnahmen überzeugten ihn nicht.
Ökologisch gesehen sei die Erweiterung laut Linden eine Katastrophe. Und: „Für die bereits unter Druck stehenden demokratischen Strukturen ist der gesamte Vorgang sehr schädlich gewesen: Erst wurden Gespräche hinter verschlossenen Türen geführt, aus denen nichts an die Öffentlichkeit dringen sollte. Dort wurde die Gewerbegebietserweiterung besprochen und das dann in eine Bürgerbeteiligung umgemünzt. Es stand aber bereits vor Start des Prozesses fest, dass die Bürger über ein Wie mitsprechen dürfen, aber nicht über ein Ob“, so der Grünenpolitiker. Die Schönningstedter seien nun frustriert. Linden: „Es ist kein Wunder, wenn sie sich künftig nicht mehr beteiligen wollen.“
Nikolaus Kern (SPD): „Wir müssen Gewerbesteuereinnahmen erhöhen“
Das sehen die übrigen Parteien anders. „Wir halten die Erweiterung für absolut notwendig“, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Nikolaus Kern. „Wir müssen zusehen, dass wir die Gewerbesteuereinnahmen erhöhen und auf eine sichere Basis stellen.“ Das Gebiet, das bebaut werden soll, sei laut Kern kein ökologisch wertvolles Gelände.
Auch Lindens Kritik am Prozess und dem Umgang mit der Bürgerbeteiligung weist Kern zurück: „Eine Bürgerbeteiligung kann immer nur eine Empfehlung aussprechen. Wir sind für alle Reinbeker Bürger zuständig und nicht nur für die in Schönningstedt. Wir haben bei unserer Entscheidung die Ergebnisse des Workshops berücksichtigt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Notwendigkeit der Maßnahme das Interesse der Gruppe überlagert.“
Bernd Uwe Rasch: „Durch die Erweiterung werden Arbeitsplätze geschaffen“
Ähnlich sieht es FDP-Fraktionsvorsitzender Bernd Uwe Rasch: „Wir haben für die Änderungen im Flächennutzungsplan und Bebauungsplan gestimmt, weil wir schlicht Gewerbeflächen für Reinbek benötigen.“ Es gebe ausreichend Nachfrage von Reinbeker Betrieben. Die WAS hatte Reinbeker Unternehmen befragt, rund 20 wollten expandieren und hatten Bedarf nach neuen Flächen angemeldet.
Rasch: „Durch die Erweiterung werden auch neue Arbeitsplätze in Reinbek geschaffen.“ Dadurch müssten weniger Bürgerinnen und Bürger zum Arbeiten auspendeln. „Außerdem gibt es durch die Erweiterung mehr Gewerbesteuereinnahmen, das ist auch wichtig für die Kommune.“ Ökologisch gesehen sei zwar jegliche Versiegelung von Flächen nicht gut. „Das ist ein Nachteil“, so Rasch. „Aber aus Sicht der FDP überwiegen die Vorteile.“
Auf der Fläche sollen vorrangig Betriebe aus Reinbek und Umgebung angesiedelt werden
Es sollen vorrangig Betriebe aus Reinbek und Umgebung in dem Gebiet angesiedelt werden. Außerdem soll der Ausbau nach neuesten ökologischen Standards erfolgen, das habe die WAS als potenzielle Entwicklungsgesellschaft laut Rasch bereits zugesagt.
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„Wir brauchen eine ortsverträgliche Ausweisung von neuen Gewerbeflächen“, sagt auch CDU-Fraktionsvorsitzender Patrick Ziebke. „Gewerbesteuern sind ein maßgeblicher Einnahmefaktor auf kommunaler Ebene. Sie sind eines der wenigen Steuerungsinstrumente zur Erhöhung der Einnahmen, wenn man die Grundsteuer nicht erhöhen möchte.“ Für zahlreiche Ausgaben, gerade für freiwillige Leistungen, brauche die Stadt Reinbek schlicht Geld. Das müsse irgendwo herkommen. Weiterhin sei der Bedarf bei Unternehmerinnen und Unternehmer vorhanden.
Die Empfehlung des Bauausschusses muss noch in der Stadtverordnetenversammlung beschlossen werden. Die nächste Sitzung findet am Donnerstag, 9. November, 19.30 Uhr, im Sitzungssaal des Reinbeker Rathauses (Hamburger Straße 5-7) statt.