Aumühle. Der Jurist Walter Pauly wurde von den Nationalsozialisten ermordet. Was ein Forscher über den Aumühler herausgefunden hat.

Der Kulturwissenschaftler Nikolaj Müller-Wusterwitz hat vor drei Jahren für das Projekt „Stolpersteine“ in Aumühle die Initiative ergriffen. Seitdem erinnern vor der Pfingstholzallee 1 drei der kleinen Mahnmale an das Schicksal der Aumühler Jüdin Anita Zoellner, die 1945 ermordet wurde, sowie an ihre Kinder Annemarie (1913–1998) und Kurt (1917–2002). Jetzt soll ein vierter Stein folgen, der an ein weiteres Opfer des Nationalsozialismus erinnern soll: an Walter Pauly. Er hat ebenfalls in Aumühle an der Sachsenwaldstraße gelebt und wurde 1944 unter dem Vorwand der „Euthanasie“ von den Nationalsozialisten ermordet.

Müller-Wusterwitz sucht nun außerdem Freiwillige, die sich als Paten um die Stolpersteine kümmern. Erneut hat der Wissenschaftler sich intensiv mit einer Familiengeschichte auseinandergesetzt. „Auf das Schicksal von Walter Pauly bin ich im Rahmen der Recherche zu den Kriegstoten auf dem Aumühler Waldfriedhof gestoßen“, sagt er. Wer war Walter Pauly, warum starb der Jurist so früh und hat keinen Grabstein im Familiengrab? All diese Fragen haben dem Kulturwissenschaftler keine Ruhe gelassen, bis er begonnen hat zu recherchieren.

Neuer Stolperstein für den Aumühler Walter Pauly

In detektivischer Feinarbeit hat er Schritt für Schritt die Geschichte des jungen Menschen nachverfolgt. „Dafür habe ich Kontakt aufgenommen zu Nachfahren der Familie Pauly, die in Hamburg leben“, sagt er. So hat er vom Schicksal Walter Paulys (1904–1944) erfahren, der im Rahmen des sogenannten „Euthanasieprogramms“ von den Nationalsozialisten umgebracht worden ist. Mit diesem beschönigenden Begriff haben die Nationalsozialisten ihre Krankenmorde verschleiert. Zwischen 1933 und 1945 haben sie in Deutschland und in den von ihnen annektierten Gebieten 216.000 Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung systematisch ermordet.

Der Kulturwissenschaftler Nikolaj Müller-Wusterwitz hat Walter Paulys Leben erforscht und die Initiative zur Setzung eines vierten Stolpersteines in Aumühle ergriffen.
Der Kulturwissenschaftler Nikolaj Müller-Wusterwitz hat Walter Paulys Leben erforscht und die Initiative zur Setzung eines vierten Stolpersteines in Aumühle ergriffen. © Stephanie Rutke | Stephanie Rutke

Pauly soll nach der Einschätzung eines Arztes der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universität Hamburg aus dem Jahr 1937 an Schizophrenie gelitten haben. Dies geht aus seiner Krankenakte hervor. Die Eltern Walter Paulys waren wohlhabende Schiffsversicherungskaufleute und lebten in einer großen Villa in Aumühle in der Sachsenwaldstraße 10, die es bis heute gibt. „Walter Pauly galt als überdurchschnittlich intelligent und hatte dennoch Schwierigkeiten in verschiedenen Schulen“, hat der Kulturwissenschaftler herausgefunden. Trotzdem legte Pauly das Abitur ab und studierte Jura.

Wer war Walter Pauly? 1936 wurde der junge Jurist entmündigt

Wegen Depressionen war er immer wieder in Behandlung und wurde 1936 schließlich entmündigt und in die geschlossene Abteilung einer Nervenklinik verlegt. Nach einer Massenverlegung kam er in die Landeskrankenanstalten in Meseritz-Obrawalde, wo er 1944 ermordet wurde. Er wurde im Familiengrab auf dem Aumühler Waldfriedhof beigesetzt – allerdings ohne Grabstein.

Auch interessant:

Jetzt aber soll ein Stolperstein vor seinem Elternhaus an Walter Pauly erinnern. Die Aumühler Gemeindevertretung hat einstimmig dafür votiert. Nikolaj Müller-Wusterwitz hat zum Künstler Gunter Demnig Kontakt aufgenommen, der für sein Gedenk-Projekt seit 1996 Stolpersteine verlegt. „Demnig selbst ist bis mindestens November ausgebucht, deshalb verlegen wir seinen Stein in Aumühle in Eigenregie“, erklärt Müller-Wusterwitz. Als Termin wurde dafür Paulys 80. Todestag, der 8. August, festgelegt.

Wer will sich um die Stolpersteine kümmern?

Für die dann vier Stolpersteine wünscht sich Nikolaj Müller-Wusterwitz mehr Aufmerksamkeit und daher Freiwillige, die sich als Paten darum kümmern, damit die Steine sauber und gut sichtbar sind. Wer Interesse an einer Patenschaft hat, kann sich unter www.aumuehle.de an die Gemeinde Aumühle wenden.