Reinbek. Die Stadt Reinbek braucht Unterkünfte für 150 Menschen. An der Stettiner Straße sind alle willkommen, nur nicht die Container.
150 weitere Geflüchtete werden in diesem Jahr ein sicheres neues Zuhause in Reinbek brauchen. Die Stadt ist verpflichtet, sie unterzubringen, auch wenn für sie neue Unterkünfte geschaffen werden müssen. Aktuell sind 565 Menschen in den 47 Unterkünften der Stadt untergebracht. 2023 wurden 90 Asylbewerber, 15 Obdachlose und 44 ukrainische Geflüchtete einquartiert. Im Haushalt 2024 stehen jetzt 500.000 Euro für die Anmietung und eine Million Euro für den Kauf von zusätzlichen Unterkünften in Modulbauweise bereit.
Doch die Zeit drängt: Die neuen Unterkünfte werden frühestens im Herbst fertig sein. Die Stadtverwaltung schlägt eine dezentrale Unterbringung vor. Als Standorte, die die Politik noch beschließen muss, sind aktuell der Festplatz in Schönningstedt und der ehemalige Spielplatz zwischen Gartenstraße und Sandweg als vorübergehende Lösungen sowie das rückwärtige Grundstück an der Schulstraße 24 und das Areal an der Stettiner Straße 15 als langfristige Lösungen in der Diskussion. Dort aber rührt sich gegen die Pläne Widerstand in der Nachbarschaft: 25 Anwohner und Anwohnerinnen wehren sich dagegen, dass die dortigen 12 Mietwohnungen zugunsten eines Neubaus in Modulbauweise abgerissen werden sollen.
Reinbek: Anwohner wollen Bestandsbebauung für Geflüchtete erhalten
„Eine Containersiedlung mitten im Wohngebiet – das passt hier nicht her“, sagt einer der Nachbarn am Masurenweg. „Die Wohnungen stehen jetzt seit drei Jahren leer. Die kann man doch wieder herrichten. Das Gebäude ist noch nicht einmal so alt wie unseres.“
Er und weitere Anwohner wollen am Dienstag, 13. Februar, in der Einwohnerfragestunde Antworten von den Fraktionen erhalten und fordern, dass das Gebäude für die Geflüchteten saniert wird und zugunsten einer besseren Integration erhalten bleibt. Die Flüchtlingsinitiative hatte jüngst die Überbelegung in einigen Reinbeker Unterkünften kritisiert und eine Verbesserung der Integration angemahnt.
Auch Rolf Wessel, Anlieger in der Nachbarschaft, sagt: „Warum sollte man so etwas heutzutage abreißen? Das ist doch Verschwendung?“ Er hat sich mit 25 anderen aus der Nachbarschaft zusammengetan und die Fraktionen über ihre Ansichten in einem Schreiben informiert. Die wütenden Anlieger betonen, dass sie nichts gegen Geflüchtete haben.
„Meine Großeltern sind auch geflüchtet“, sagt Rolf Wessel. Und der Nachbar vom Masurenweg erzählt: „Dort haben schon immer sozial Schwache oder Aussiedler gewohnt, da gab es aber nie Probleme.“ Sorgen bereiten ihnen und der Nachbarschaft aber die bauliche Veränderung und dass ihre Grundstücke dadurch an Wert verlieren könnten.
Wohnungen für eine Integration besser als Container
„Für eine gelungene Integration wären Wohnungen auch besser als ein Containerdorf“, ist Rolf Wessel überzeugt. Die Politiker des Sozialausschusses waren sich einig, dass an den Standorten eine intensive Betreuung nötig werde. Die Standortfrage hatten sie an den Bauausschuss weitergegeben. Wessel will das Anliegen am Dienstagabend vortragen. „Es müssen noch andere Standorte geprüft werden“, fordert er. „Reinbek braucht eine Strategie für die Unterbringung der geflüchteten Menschen. Es gibt so viele Krisen auf der Welt, es werden noch mehr Menschen in Deutschland Zuflucht suchen.“
Doch ob die Politiker des Reinbeker Bauausschusses sich tatsächlich mit der Standortfrage befassen werden, steht noch nicht fest. Laut Sven Tiburg (CDU), Vorsitzender des Bauausschusses, ist der Finanzausschuss derzeit zuständig. Wiebke Barczynski, Leiterin der Bauverwaltung, bestätigt dies.
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Die Grünen haben ihre eigenen Vorschläge
Die Grünen waren schon vor dem Anwohnerprotest mit den Vorschlägen der Verwaltung nicht ganz einverstanden. Deshalb haben sie für den Bauausschuss einen Dringlichkeitsantrag erarbeitet: Auch sie wollen, dass das Miethaus Stettiner Straße 15 saniert wird. „Sollte noch mehr Bedarf bestehen, wäre daneben noch ausreichend Platz für eine temporäre Unterkunft in Modulbauweise“, bekräftigt Herder-Alpen.
Außerdem wollen die Grünen, dass statt der Festwiese an der Straße am Salteich die Multifunktionsfläche an der Sachsenwaldstraße als Standort geprüft wird. Der Spielplatz soll nicht bebaut werden, weil dort der Baumbestand erhalten bleiben soll. Zudem sollen das Museum Rade und eine Verdichtung der bestehenden Standorte auf den Prüfstand.
Anwohnerprotest war 2021 bereits erfolgreich
Damit das Thema am Dienstag auf die Tagesordnung kommt, brauchen die Grünen eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Ansonsten werden die Standorte am Donnerstag, 15. Februar, ab 19.30 Uhr im Rathaus (Hamburger Straße 5-7) diskutiert. Das letzte Wort haben die Stadtverordneten am Donnerstag, 22. Februar, ab 19.30 Uhr.
Die Nachbarschaft um die Stettiner Straße hatte bereits 2021 Erfolg mit einem Anwohnerprotest. Damals hatte die Familie Buhck dort erst einen Abriss und ein neues Mietshaus geplant. Der geplante Neubau war den Nachbarn zu hoch und groß. Wegen der Proteste zogen die Investoren ihr Vorhaben schließlich zurück und gaben das Grundstück wieder an die Stadt Reinbek zurück. Diese hatte einige Immobilien an die Familie Buhck verkauft.