Großhansdorf. Betreiber Jean Dreifke schimpft: „Ich finanziere die Post.“ Er hat seinen Vertrag nach 17 Jahren gekündigt. Wie geht es jetzt weiter?

Jean Dreifke steht im Verkaufsraum seines Getränkefachmarktes, einer ehemaligen Tankstelle. Benzin gibt es hier nicht mehr, dafür Wein, Bier, Spirituosen – und einen Postschalter. Den einzigen in der 9500-Einwohner-Gemeinde Großhansdorf. Am späten Dienstagvormittag herrscht Dauerbetrieb. Im Minutentakt gehen die Kunden ein und aus, geben Pakete ab oder nehmen sie mit. Ein lohnendes Geschäft für den Getränkehändler könnte man meinen.

Doch der Schein trügt. „Tatsächlich mache ich mit dem Postservice Verlust“, sagt Dreifke. Jeden Monat im Jahr 2023 seien es durchschnittlich 338 Euro gewesen. Das hat der Unternehmer kürzlich ausgerechnet. Damit soll nun bald Schluss sein: Dreifke hat seinen Vertrag mit der Post gekündigt. Nur noch bis zum 31. Juli wird er den Service in seinem Laden anbieten.

Paktshop-Betreiber kündigt Zusammenarbeit: Großhandorf bald ohne Post

Für Großhansdorf ist die Entscheidung des Getränkehändlers bitter. In der Waldgemeinde wird es damit künftig keine Postdienstleistungen mehr geben. Kunden, die ein Paket aufgeben oder abholen wollen, müssen dann vier Kilometer nach Ahrensburg fahren.

Noch bis vor Kurzem gab es in Großhansdorf zwei Einzelhändler, die als sogenannte Postpartnerfilialen die Dienstleistungen des Unternehmens anboten: Dreikfe im Ortsteil Schmalenbeck und die Weinhandlung Weinfass No.1 am Eilbergweg im Großhansdorfer Zentrum. Doch deren Inhaber Torsten Brunner hat den Service zum Jahresende 2023 eingestellt. Der Aufwand sei immer größer geworden, der Gewinn immer kleiner, begründete er die Entscheidung.

2007 hatte die Post ihre eigene Filiale in Schmalenbeck aufgegeben

Aus demselben Grund hat Jean Dreifke nun die Reißleine gezogen. Und ärgert sich, den Schritt nicht schon viel eher gegangen zu sein. „Als gelernter Kaufmann hätte mir früher auffallen können, dass das wirtschaftlich keinen Sinn mehr macht“, sagt er. Seit 17 Jahren arbeitet er mit der Post zusammen. Dreifke hatte den Service 2007 übernommen, als das Unternehmen seine eigene Niederlassung am Ahrensfelder Weg in Schmalenbeck geschlossen hatte.

Die Post sei damals auf ihn zugegangen und habe ihn gefragt, ob er die Dienstleistungen übernehmen wolle. Viel Geld habe er mit dem Zusatzgeschäft nie verdient, sagt Dreifke. Darauf weist auch das Schild hin, das hinter dem Postschalter an der Wand hängt.

Das Zusatzgeschäft warf von Beginn an keine großen Gewinne ab

„Liebe Postkunden, wir sind nicht die Post. Wir betreiben diese Poststelle nur nebenbei als Service für Sie. Davon leben können wir nicht“, heißt es dort. Der Unternehmer hatte sich damit arrangiert, dass der Paketshop nicht viel Geld abwirft. „Ich wollte den Großhansdorfern diesen Service bieten, weil es für einen Ortsteil wichtig ist, dass es einen Anlaufpunkt für Postdienstleistungen gibt“, sagt er.

Natürlich sei damit auch die Hoffnung verbunden gewesen, zusätzliche Kunden in seinen Getränkemarkt zu locken. Die habe sich jedoch nicht erfüllt. „Postkunden sind Postkunden, und Getränkekunden sind Getränkekunden, diese Erfahrung habe ich schnell gemacht“, sagt Dreifke, der seinen Getränkehandel seit 1989 betreibt

Ausgaben sind deutlich gestiegen, doch die Vergütungen wurden gekürzt

Nichtsdestotrotz: Zu Beginn sei der Postschalter zumindest kein Minusgeschäft gewesen. Das hat sich inzwischen geändert. Um den Service zu den gewohnten Öffnungszeiten anbieten zu können, benötigt Dreifke mindestens eine Aushilfe. „Am Nachmittag fährt mein Mitarbeiter Getränke aus, für diese Zeit brauche ich einen Ersatz für die Post“, sagt er.

Doch mittlerweile genüge die Vergütung, die er von der Post bekomme, nicht einmal mehr, um das Gehalt der Aushilfskraft zu bezahlen. „Früher lag der Mindestlohn bei 8,50 Euro, jetzt sind es 12,41 Euro“, sagt der Unternehmer. Hinzu kämen 30 Prozent pauschalisierte Lohnabgaben. „Der Postservice kostet mich damit 16 Euro in der Stunde“, rechnet Dreifke vor. „Das wäre weniger problematisch, wenn die Vergütungen ebenfalls auf ein angemessenes Niveau angehoben worden wären“, so der Unternehmer.

Für ein Päckchen bekommt Dreifke gerade einmal 20 Cent, für ein Paket 40 Cent

Doch das Gegenteil sei der Fall. Die monatliche Vergütung sei im Laufe der Jahre immer weiter zurückgegangen. „Unter dem Strich finanziere ich die Post, bezahle Geld dafür, dass ich den Service anbiete“, sagt er. „Da stelle ich anstatt des Postschalters lieber ein zusätzliches Regal mit Getränken auf.“

Die Summe, die Jean Dreifke von der Post bekommt, setzt sich laut dem Unternehmer aus einem Festbetrag und einem variablen Anteil zusammen, der nach den erbrachten Dienstleistungen berechnet wird. Für die Annahme eines frankierten Päckchens bekomme er etwa 20 Cent, für ein Paket 40 Cent. „Der Festbetrag macht gerade einmal 20 Prozent aus, 80 Prozent muss ich selbst erwirtschaften“, sagt Dreifke.

Dreifke fordert von der Post 1500 Euro im Monat mehr, um Service fortzuführen

Nachdem er seine Absicht kundgetan habe, die Zusammenarbeit zu beenden, habe es noch Gespräche mit der Post gegeben. Zu einer Einigung sei es nicht gekommen. Die Summe, die er benötigt hätte, um den Postschalter wirtschaftlich weiterzubetreiben, habe das Unternehmen nicht zahlen wollen. Etwa 1500 Euro im Monat seien das.

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Für Dreifke ist das Verhalten der Post unverständlich. Früher habe das Unternehmen in Schmalenbeck für eine Filiale mit zwei Beamten und Mietkosten gezahlt. Heute zahle sie noch nicht einmal eine Aushilfe. Den Unternehmer ärgert insbesondere, dass die Post, die einen gesetzlichen Auftrag zur Grundversorgung habe, „im letzten Jahr mehr als sieben Milliarden Gewinn gemacht hat, aber für ihre Partner kein Geld mehr hat.“ Für Dreifke steht fest: „So kann es nicht weitergehen.“

Post verweist auf Anfrage auf „marktübliche Vergütungen inklusive Provisionen“

Was nun in Großhansdorf geschieht, ist unklar. Eigentlich sind in der Gemeinde laut Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) mindestens zwei Poststellen als sogenannte Pflichtstandorte vorgeschrieben. Die Post verweist auf Anfrage unserer Redaktion darauf, dass man „bereits seit drei Jahrzehnten erfolgreich mit selbstständigen Partnern aus dem Einzelhandel, mit Gewerbetreibenden oder Handelsketten“ zusammenarbeite.

Das Unternehmen zahle „eine marktübliche Vergütung inklusive Provisionen für die Post- und Paketbearbeitung“. Für den Betrieb sowie das Personal seien die Geschäftspartner eigenverantwortlich. „Wird ein Vertragsverhältnis beendet, suchen wir ab Bekanntwerden nach einem neuen Kooperationspartner“, so ein Sprecher. In Großhansdorf laufe die Suche nach einem neuen Anbieter bereits. Zusätzlich weist das Unternehmen auf die Packstation hin, die es auf dem Parkplatz des Aldi-Marktes am Eilbergweg gebe.

Dreifke fordert Eingreifen des Gesetzgebers, sollte Post ihrem Aufrag nicht nachkommen

Jean Dreifke bezweifelt, dass die Suche der Post nach einem neuen Partner erfolgreich sein wird. „Wer möchte das denn zu diesen Bedingungen noch machen?“, fragt er. Gleichzeitig betont er: „Wir brauchen eine Post in Großhansdorf.“ Das Unternehmen müsse seinem Auftrag zur Grundversorgung nachkommen. „Andernfalls muss der Gesetzgeber eingreifen.“