Ahrensburg. Zahl der Fahrgäste steigt auf 6000 im Monat. Doch 800.000 Euro pro Jahr will Ahrensburg nicht allein bezahlen. Was machen andere Orte?
Die Tage für den Shuttleservice HVV hop in Ahrensburg sind gezählt. Die Elektroautos, die das Bus- und Bahnnetz ergänzen, fahren aller Voraussicht nach nur noch bis Dezember. Die Stadtverordneten und die Verwaltung haben die 2,4 Millionen Euro, die für die Fortsetzung von 2025 bis 2027 vorgesehen waren, aus dem städtischen Haushalt gestrichen. Die Bundesförderung aus dem Projekt ÖVerKAnT („Stärkung des Öffentlichen Verkehrs. Kreisübergreifende Angebotsoffensive zum Ausbau und zur Schaffung eines metropolitanen Stadt-Land-Taktes“) von rund 320.000 Euro jährlich läuft aus. Und der Kreis Stormarn will die Finanzierung ebenfalls nicht übernehmen.
Im Dezember 2020 war das Pilotprojekt unter dem Namen Ioki gestartet. Fürs erste Jahr übernahm das Förderprogramm Reallabor Hamburg die Kosten zu 100 Prozent. Seit Dezember 2021 fließt der ÖVerKAnT-Zuschuss. Vom Kreis Stormarn kommen rund 170.000 Euro, die er auf der anderen Seite dank einer Umstellung im Ahrensburger Busverkehr einspart. Den Rest zahlt die Stadt. Für sie ist in drei Jahren so mehr als eine Million Euro zusammengekommen.
HVV hop in Ahrensburg: Shuttleservice wird wieder eingestellt
Nutzer können per App auf dem Smartphone ihre Touren mit den an Londoner Taxis erinnernden Elektroautos buchen. So kommen sie im Stadtgebiet beispielsweise direkt von zu Hause zu den Bahnhöfen oder von dort nach Hause. Wer eine Karte des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) hat, zahlt lediglich einen Euro je Fahrt extra. Die auffällig lackierten E-Autos bieten sechs Sitzplätze und sind barrierefrei. Sie sind montags bis freitags von 4.30 bis 0.30, sonnabends von 5.15 bis 0.30 und sonntags von 8 bis 23 Uhr unterwegs. Zu den Stoßzeiten morgens und abends sind es fünf Fahrzeuge.
„Das ist nichts anderes als ein subventioniertes Taxi für Millennials“, sagte der Ahrensburger Stadtverordnete Thomas Bellizzi (FDP) in der Haushaltsdebatte. Vor allem die jüngeren und technikaffinen Generationen nutzten den Shuttleservice. Nicht selten sei HVV hop die bequemere Alternative zum Fahrrad oder Bus und nicht – wie eigentlich angestrebt – zum eigenen Auto. Es sei richtig, sich an dem Modellprojekt beteiligt zu haben, doch nun müsse man einen Schlussstrich ziehen.
HVV hop in Ahrensburg: Rechnerisch wird jede Fahrt mit zehn Euro subventioniert
In den nächsten Jahren investiert Ahrensburg einen dreistelligen Millionenbetrag in den Bau von Schulen, Sporthallen und Feuerwachen, muss dafür Schulden machen. Auch deshalb gab es keine großen politischen Diskussionen darüber, dass jährlich 800.000 Euro für den Shuttleservice zu viel seien. Rein rechnerisch wird demnach jede Fahrt mit rund zehn Euro subventioniert.
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Laut der für das On-Demand-Angebot zuständigen Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) ist die Zahl der Fahrgäste im Vorjahr auf durchschnittlich fast 6000 pro Monat gestiegen. Das ist ein Fünftel mehr als 2022. Bei etwa 54 Prozent der Fahrten werden im Streckenverlauf mittlerweile mehrere Passagiere befördert.
Regionalbahnhof und U-Bahnhof West bei jeder zweiten Fahrt gefragt
Die Nachfrage ist in der Innenstadt, an den Bahnhöfen und im Gewerbegebiet Nord am größten. Am Regionalbahnhof und am U-Bahnhof Ahrensburg West starten oder enden jeweils 25 Prozent aller Fahrten. Eine Befragung durch die Technische Universität Hamburg im Jahr 2022 hatte ergeben, dass die Hälfte der Nutzer unter 36 Jahre alt war. Die Altersspanne reichte von 14 bis 83 Jahren mit einem Schwerpunkt zwischen 22 und 51. Um ältere Menschen auf das Angebot aufmerksam zu machen, informiert der Seniorenbeirat in Sprechstunden regelmäßig darüber.
Dass der Kreis Stormarn die Finanzierungslücke freiwillig schließt, scheint unwahrscheinlich. Der Verkehrsausschuss des Kreistags berät am Montag, 19. Februar, über einen entsprechenden Antrag der Stadt Ahrensburg. Die möchte, dass HVV hop als Bestandteil des ÖPNV-Angebots analog zu früheren Kostenübernahmen im Buslinienverkehr vom Kreis finanziert wird. Doch die Haltung im Stormarnhaus in Bad Oldesloe ist eindeutig: „Die Verwaltung empfiehlt, diesen Antrag abzulehnen.“
Kreis Stormarn will auch nicht bei der Finanzierung einspringen
On-Demand-Angebote seien für den ländlichen Raum gedacht und nicht für Städte mit eigenem Busverkehr. Außerdem finanziere der Kreis das Bus- und U-Bahn-Angebot im Netz Ahrensburg bereits mit mehr als sechs Millionen Euro pro Jahr. Deshalb würden weitere 800.000 Euro „nicht angestrebt“.
Die zweite Stormarner Testregion, der Bereich von Willinghusen über Brunsbek, Großensee und Lütjensee bis nach Trittau, soll dagegen sogar ausgeweitet werden. Die Kreisverwaltung empfiehlt, die beiden Orte Braak und Siek aufzunehmen. Da auch dort die Bundesförderung entfällt, müsste der Kreis ab 2025 mehr als eine Million Euro selbst aufbringen. Auch in dem Raum steigen die Fahrgastzahlen kontinuierlich, kratzen an der 3000er-Grenze im Monat. Dort ist die Hälfte der Nutzer sogar jünger als 23.
Verkehrsausschuss des Stormarner Kreristags, Mo 19.2., 18.30, Kreistagssitzungssaal, Mommsenstraße 13 in Bad Oldesloe