Grönwohld/Ratzeburg. Termin für Prozess gegen bekannten Pferdezüchter und Chef des Gestüts Grönwohldhof steht fest. Was ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft.

Der ehemalige Bäckerei-Unternehmer Manfred von Allwörden muss vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Pferde seines Gestüts in Grönwohld (Kreis Stormarn) vernachlässigt zu haben. Bereits im vergangenen August hatte sie wegen des Verdachts der TierquälereiAnklage gegen den 62-Jährigen erhoben. Nun steht fest, wann das Verfahren beginnt.

Der Prozess solle am 22. März starten, bestätigte ein Sprecher des Amtsgerichts Ratzeburg gegenüber unserer Redaktion. Zwei weitere Verhandlungstage sind für den 10. April und den 24. April vorgesehen. In den kommenden Wochen wird das Gericht dem Sprecher zufolge mehrere Zeugen sowie Sachverständige laden.

Verdacht Tierquälerei: Pferdezüchter Manfred von Allwörden muss vor Gericht

Von Allwörden betreibt auf seinem Gestüt, dem Grönwohldhof, eine erfolgreiche Zucht von Holsteiner-Pferden. Der 62-Jährige, der bis zur Übernahme durch die Edeka-Handelsgesellschaft Nord im März 2022 gemeinsam mit seinem Bruder Ralf die gleichnamige Bäckereikette in fünfter Generation führte, hat den Hof 2012 übernommen.

Der Grönwohldhof hat sich in mehr als vier Jahrzehnten einen Namen als Geburtsort bekannter Dressurpferde gemacht, darunter der mehrfache Grand-Prix-Sieger Donnerhall. Rund 150 Fohlen kommen nach Angaben des Gestüts jedes Jahr in Grönwohld zur Welt. Insgesamt sollen dort laut Staatsanwaltschaft mehr als 1000 Tiere leben. Der Hof verfügt auch über Außenstellen und Koppeln im Kreis Herzogtum Lauenburg, die teilweise an Dritte verpachtet sind.

14 Pferde sollen infolge von Vernachlässigung gestorben sein

Die Staatsanwaltschaft legt von Allwörden zur Last, „durch Unterlassen Wirbeltieren länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt“ und damit gegen das Tierschutzgesetz verstoßen zu haben. Laut Anklagebehörde soll von Allwörden über Monate Pferde vernachlässigt haben.

Drei Pferde seien in der Folge gestorben, hieß es zunächst. Inzwischen spricht Jens Buscher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Lübeck, von 14 Pferden, die zwischen Juni 2021 und Oktober 2022 infolge der mangelhaften Versorgung hätten eingeschläfert werden müssen. Die Tiere seien aufgrund des Befalls mit Parasiten schwer erkrankt.

Erkrankungen seien mangels Kontrollen nicht rechtzeitig erkannt worden

Konkret soll von Allwörden nicht für die bei Pferden notwendige regelmäßige Entwurmung Sorge getragen haben. Die Erkrankungen wären nach Auffassung der Staatsanwaltschaft bei einer rechtzeitigen Behandlung vermeidbar gewesen. Die Anklagebehörde wirft dem Unternehmer vor, die Entwurmungen aus Praktikabilitäts- und Kostengründen unterlassen zu haben.

Außerdem habe von Allwörden zu wenig Mitarbeiter für die Versorgung der Pferde beschäftigt, denen es zudem an der erforderlichen Sachkenntnis gemangelt habe. Dadurch und weil keine regelmäßige Kontrolle des Pflege- und Gesundheitszustandes der Tiere sichergestellt gewesen sei, seien die Erkrankungen nicht rechtzeitig erkannt worden. Obwohl er wiederholt über die Mängel informiert worden sei, habe es keine ausreichende Kontrolle der zuständigen Mitarbeiter gegeben.

Mehr als 6800 Menschen unterzeichnen Online-Petition

Im vergangenen November waren erstmals Vorwürfe gegen von Allwörden öffentlich geworden. Damals hatten Nutzer unter anderem auf Facebook Fotos veröffentlicht, die vollkommen abgemagerte Pferde zeigen und auf einer Koppel des Gestüts in Groß Zecher (Kreis Herzogtum Lauenburg) aufgenommen worden sein sollen.

Unbekannte starteten eine Petition auf dem Online-Portal change.org, welche „die sofortige Schließung“ der Zucht von Allwördens, „die Sicherstellung der Pferde und artgerechte Vermittlung, sowie ein generelles Tierhalteverbot“ für den Unternehmer fordert. Sie wurde inzwischen von mehr als 6800 Menschen unterzeichnet.

Von Allwörden räumt Verantwortung ein, bestreitet aber Vernachlässigung

Gleichzeitig bestätigte die Staatsanwaltschaft Lübeck ein Ermittlungsverfahren gegen den Unternehmer. Auslöser war demnach eine Strafanzeige des Bereichs Veterinärwesen der Lauenburgischen Kreisverwaltung vom 24. September 2021. Zuvor hätten Passanten wiederholt abgemagerte Pferde auf einer Koppel von Allwördens gesehen und dies gemeldet, hieß es.

Von Allwörden räumte den Tod der drei Pferde damals ein, bestritt aber, die Tiere vernachlässigt zu haben. „Ich übernehme die volle Verantwortung für den Tod der Pferde“, sagte er im November 2022 gegenüber unserer Redaktion. Er bedauere zutiefst, was geschehen sei.

Entwurmungskur hat laut dem Unternehmer nicht angeschlagen

Er habe die Tiere regelmäßig entwurmt, bei den verendeten Tieren habe die Entwurmungskur aber nicht angeschlagen. „Dem zuständigen Mitarbeiter und mir ist das leider zu spät aufgefallen“, sagte von Allwörden damals. Die Tiere seien auf einer Koppel 40 Kilometer vom Haupthof entfernt untergebracht gewesen.

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„Wegen der Entfernung habe ich dort nicht häufig genug nach dem Rechten gesehen, das hätte nicht passieren dürfen“, so von Allwörden. Unmittelbar nachdem der schlechte Zustand der Pferde aufgefallen sei, habe er die Tiere nach Grönwohld geholt und medizinisch versorgen lassen. „Leider sind sie trotzdem gestorben.“

Experten sollten Gestüt bei Verbesserung der Haltungsbedingungen unterstützen

Der Unternehmer hatte damals angekündigt, externe Unterstützung zu suchen, um die Haltungsbedingungen zu verbessern. Eine Gruppe mit Vertretern des Holsteiner-Verbands und leitenden Mitarbeitern des Gestüts sollte dazu in Absprache mit den Veterinärämtern der Kreise Herzogtum Lauenburg und Stormarn Maßnahmen erarbeiten.

Insbesondere sei von Allwörden eine Reduzierung seines Pferdebestandes nahegelegt, außerdem eine professionelle Fütterungsberatung hinzugezogen worden, sagte der Vorsitzende des Holsteiner-Verbandes, Ulrich Steuber. Weitere Umstrukturierungsmaßnahmen seien in Planung. Im Juni 2023 hatte die Gruppe ihre Arbeit beendet.

Tierschützer sehen Versagen bei den Behörden und fordern entschlossenes Handeln

Ob die empfohlenen Maßnahmen umgesetzt wurden, ist unklar. Dem Kieler Verein ProVieh, der sich für den Schutz von Nutztieren engagiert, liegen nach eigenen Angaben Zeugenaussagen sowie Video- und Bildmaterial aus 2022 und Juni 2023 vor, die vermuten ließen, dass es zu diesem Zeitpunkt weiterhin Versorgungsmängel bei den Tieren auf von Allwördens Koppeln gab.

„Diese Zustände sind untragbar und müssen unverzüglich und endgültig abgestellt werden“, so Kathrin Kofent, Fachreferentin für landwirtschaftlich genutzte Tiere bei ProVieh. Der Verein sieht in dem Fall auch ein Versagen der Behörden. Der Pferdezüchter sei trotz wiederholter behördlicher Aufforderungen „völlig unzureichend“ tätig geworden. Das Leid der Pferde sei dennoch jahrelang toleriert worden. „ProVieh fordert endlich entschlossenes und kompromissloses Handeln im Sinne des Tierschutzes“, so Kofent.

Von Allwörden droht eine Geldbuße in Höhe von bis zu 25.000 Euro

Manfred von Allwörden möchte sich inzwischen nicht mehr gegenüber unserer Redaktion äußern. Eine schriftliche Anfrage ließ der Grönwohldhof am Freitag unbeantwortet. Im Falle einer Verurteilung wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz droht dem 62-Jährige eine Geldbuße von bis zu 25.000 Euro. In seltenen Fällen, etwa bei vorsätzlicher Tierquälerei, ist auch eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren möglich.