Ahrensburg. Wer aktuell durch Ahrensburg und Umgebung geht, könnte einer Bache und ihrem Nachwuchs begegnen. Sie gelten oft als aggressiv. Zu Recht?
Diesen Anblick erlebt man nicht alle Tage: Wie berichtet, waren am Dienstagabend, 23. Januar, in der Ahrensburger Innenstadt und Umgebung mehrere Wildschweine gesichtet worden. Der Vorfall erregte Aufsehen, Bürgerinnen und Bürger posteten Fotos der Tiere. Auch aktuell könne es laut Polizei noch passieren, dass Menschen in Ahrensburg Wildschweinen begegnen.
Tobias Koch, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion aus Ahrensburg, postete ein Video, das die Tochter seiner Nachbarn aufgenommen hat. Darin sind Wildschweine im Rosenweg zu sehen. Auch in der Facebookgruppe „Du kommst aus Ahrensburg, wenn...“ wurde das Thema diskutiert. Dort postete eine Nutzerin einen Beitrag mit den Worten: „Achtung: Wildschweinmutti mit Frischlingen in Ahrensburg Stadt unterwegs“. Kommentare unter dem Posting zeigen, dass viele andere die Tiere ebenfalls gesehen haben, teilweise bereits in den vergangenen Tagen.
In Ahrensburg sind aktuell mehrere Wildschweine unterwegs
Wie die Polizeidirektion Ratzeburg auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt, sei in Ahrensburg eine Bache, also eine Wildschwein-Sau, mit Frischlingen sowie eventuell weitere Tiere unterwegs. Sie seien unter anderem in Vorgärten gesichtet worden. „Teilweise wurden Zäune beschädigt“, so Polizeisprecherin Jacqueline Fischer. Verletzte seien der Polizei aber nicht bekannt.
„Zeitweise waren auch Straßen gesperrt, weil die Tiere in Ruhe gelassen werden sollten, damit sie möglichst in den Wald zurückfinden“, so Fischer. Jäger seien nicht zuständig. Denn: „Sie dürfen innerhalb geschlossener Ortschaften nicht schießen oder jagen, auch in solchen Situation nicht.“ Es sei eine Verkehrswarnmeldung herausgegeben worden. Bürger werden darin um Vorsicht gebeten. „Hunde sollten nicht frei laufen gelassen werden, das sollten sie aber sowieso nicht, gerade zur aktuellen Zeit, in der es Frischlinge gibt“, so Fischer.
Bachen, die ihre Jungen beschützen, können ungemütlich werden
Denn Bachen, die ihre Jungen beschützen, können durchaus ungemütlich werden. „Das kennen wir von uns selbst ja auch: Wenn unsere Kinder in Gefahr zu sein scheinen, dann werden wir auch zickig“, so die Polizeisprecherin. Das bestätigt auch Dierk Mühle, Vorsitzender der Kreisjägerschaft. „Wenn eine Bache Frischlinge hat, kann es zu gefährlichen Situationen kommen“, sagt Mühle. „Die verteidigt sie bis zum Letzten.“
Wie verhält man sich also richtig, wenn man Wildschweine sieht? „Man sollte die Tiere in Ruhe lassen und sich zurückziehen“, sagt Mühle. Wer einen Hund dabei hat, sollte besonders vorsichtig sein. Mühle: „Es kann passieren, dass die Hunde bellen und auf die Wildschweine zurennen. Diese gehen stets auf die Kleinsten, also in dem Fall die Hunde.“ Hunde sollten also in jedem Fall angeleint sein.
Wer Wildschweine sichtet, muss nicht zwingend Polizei oder Jäger rufen
Wer Wildschweine sichtet, auch in der Stadt, müsse nicht zwingend Jäger oder Polizei anrufen. „Wenn Wildschweine in die Stadt hinein gefunden haben, finden sie für gewöhnlich auch von selbst wieder heraus, da muss man gar nicht so eine große Sache daraus machen, das kommt vor“, so Mühle. Dass die Tiere in Innenstädten und Wohnsiedlungen unterwegs sind, passiere nur, wenn sie in irgendeiner Art gestört worden seien. „Die gehen nicht aus freien Stücken in die Bebauung“, sagt der Vorsitzende der Kreisjägerschaft. Meist löse sich die Situation von selbst wieder auf.
Wenn sie in der Stadt unter vielen Menschen unterwegs sind, stehen Wildschweine enorm unter Stress, sagt Mühle: „Wildschweine flüchten für gewöhnlich vor Menschen. Sie greifen sie auch nicht grundlos an. Das tun sie nur, wenn sie sich in die Enge gedrängt fühlen.“ Wie viele Wildschweine in Stormarn leben und wo, könne er nicht sagen, so Mühle. Nur so viel: „In vielen Bereichen sind sie weniger geworden, in Ahrensburg aber anscheinend nicht, das habe ich schon öfter gehört. Etwa im Hagen gibt es wohl eine größere Population.“
Wildschweine gelten oft als aggressiv und gefährlich – zu Recht?
Set einigen Jahren versuche die Kreisjägerschaft, die Wildschweinbestände zu reduzieren. „Dafür hat der Gesetzgeber auch Erleichterungen vorgenommen“, so Mühle. Grund ist die afrikanische Schweinepest. „Das ist eine Viruserkrankung, die Wildschweine befällt und auch auf Hausschweine übertragen wird“, sagt Mühle. Wenn die Seuche grassiert, werden Sperrbezirke eingerichtet. „Für die Landwirte entsteht dadurch ein wirtschaftlicher Schaden, weil sie Tiere aus diesen Bereichen dann nicht mehr verkaufen dürfen.“
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Dass Wildschweine oft als aggressiv gelten, hätten sie nicht verdient, sagt Mühle. „Es ist eine tolle und interessante Wildart, die ihre Daseinsberechtigung hat.“ Wildschweine seien gut für die Wälder, weil sie die Böden durchwühlen und den Humusanteil erhöhen. „Wenn wir schon das Glück haben, dass Wildschweine in einem dicht besiedelten Gebiet wie Ahrensburg vorkommen, sollte auch ein friedliches Miteinander gefunden werden.“
Von sich aus seien Wildschweine nicht gefährlich. Mühle: „Die Tiere haben viel mehr Angst vor uns als wir vor ihnen. Wenn sie aber ihre Frischlinge verteidigen, sind sie durchaus wehrhaft. Eigentlich meiden sie Menschen aber.“ Vorfälle zwischen Wildschweinen und Menschen in Stormarn habe es in der Vergangenheit in Stormarn vereinzelt zwar gegeben. „Ich erinnere mich, dass mal ein Hundeführer bei einer Jagd verletzt wurde“, so der Vorsitzende der Kreisjägerschaft. Das seien aber die großen Ausnahmen. Mühle: „Dass ein Spaziergänger bei uns mal durch ein Wildschwein verletzt worden ist, daran kann ich mich nicht erinnern.“