Ahrensburg. Autokraft kämpft in Stormarn weiter mit akuten Personalproblemen. Warum sich die Bahn-Tochter neue Partner suchen muss.
Neues Jahr, alte Probleme: Im Januar ist es erneut zu einer Vielzahl von Busausfällen in Stormarn gekommen. Besonders betroffen war das nördliche Kreisgebiet, im Amt Bargteheide-Land traf es auch zwei Schulbus-Linien. Vor allem die Bahn-Tochter Autokraft kämpft weiter mit erheblichen Problemen. Zwar ist seit 10. Dezember bereits ein Notfahrplan eingeführt worden. Doch selbst das deutlich reduzierte Angebot konnte in den ersten Tagen des neuen Jahres nicht verlässlich auf die Straße gebracht werden. Schlimmer noch: In den kommenden Wochen ist kaum mit einer nachhaltigen Entspannung zu rechnen. „Wir gehen momentan davon aus, dass sich die Unregelmäßigkeiten im Busnetz noch bis Ostern hinziehen werden“, sagte Björn Schönefeld, ÖPNV-Experte der Kreisverwaltung Stormarn, dieser Redaktion.
18 bis 20 Fahrten pro Tag fallen gänzlich aus
Wie bereits berichtet, leiden die im Kreisgebiet operierenden Busunternehmen seit Monaten unter einem akuten Personalmangel. Um wenigstens den Schulbusverkehr verlässlicher bedienen zu können, hat die Autokraft mehrere Hauptlinien von einem Halbstunden- auf einen Stundentakt umgestellt, etwa im Stadtverkehr von Bad Oldesloe. „Nur so können die verbleibenden Busleistungen sichergestellt werden“, begründete Bahnsprecherin Angelika Theidig den Schritt.
In Stormarn fallen derzeit 18 bis 20 Fahrten am Tag gänzlich aus, im Herzogtum Lauenburg sind es mehr als doppelt so viele. Der Nachbarkreis ist von den Problemen der Autokraft noch deutlich stärker betroffen. Denn hier bedient die Bahntochter mit rund 40 Linien etwa die Hälfte des gesamten Busverkehrs. „Bei uns werden laut Regelfahrplan rund 800 Fahrten am Tag von der Autokraft übernommen“, weiß Andre Yomi, ÖPNV-Fachmann im Lauenburgischen.
Wegen Schnee und Eis Busverkehr komplett eingestellt
Sorgen bereitet der Autokraft insbesondere das Subunternehmen Stambula. Die Firma aus Hamburg hat sich mit ihrem Engagement in den beiden Kreisen offenbar übernommen und ihren Vertrag mit der Bahntochter zu Ende Januar gekündigt. Inzwischen soll die Autokraft mit mehreren Busunternehmen im Gespräch sein und will sich im benachbarten Herzogtum schon zum 1. Februar neu aufstellen.
Neben dem akuten Personalmangel machten den Busunternehmen zuletzt auch Schnee und Eis zu schaffen. Angesichts glatter Straßen hatte die Autokraft zum Beispiel am 16. Januar ihren Busverkehr kurzfristig bis 11 Uhr komplett eingestellt. „In Stormarn waren davon auf etwa 30 Linien zwischen 200 und 300 Fahrten betroffen“, sagt Schönefeld.
Bis zu neun Linien können abonniert werden
Um die Fahrgäste schneller und verlässlicher über Busausfälle informieren zu können, haben beide Kreise unter Federführung der Kollegen im Herzogtum eine eigene App entwickelt, die seit Mitte Dezember vergangenen Jahres verfügbar ist. „Es sind zwar bereits verschiedene Maßnahmen zur Stabilisierung der Lage eingeleitet und umgesetzt worden. Da ein komplettes Auflösen der misslichen Situation kurzfristig aber nicht möglich ist, sollte zumindest die oft kritisierte Kommunikation deutlich verbessert werden“, so Yomi.
Mit der Smartphone-App „Linie-Ticker“, die im App-Store von Apple wie im Play Store für Android-Geräte kostenfrei heruntergeladen werden kann, können bis zu neun Linien gleichzeitig abonniert werden. Sobald die Verkehrsunternehmen einen Ausfall melden, werden die Kunden proaktiv über eine Push-Nachricht auf ihrem Smartphone in Echtzeit darüber informiert.
9000 Fahrgäste haben bereits die App Linien-Ticker
„Die App ist von den Fahrgästen bereits sehr gut angenommen und bislang schon mehr als 9000-mal heruntergeladen worden“, berichtet Andre Yomi. Trotz gelegentlich ausbleibender Ausfall-Infos sei das Feedback zumeist positiv. „Problematisch wird es natürlich, wenn es etwa wetterbedingt zu einer Vielzahl von ausfallenden Fahrten kommt, die dann nicht so schnell ins System eingespeist werden können“, erklärt Yomi.
Für Donnerstag, 18. Januar, vermeldete die App 23 Ausfälle. Davon bezogen sich 15 auf die Expressbuslinie zwischen Bergedorf und Mölln, die mit einem Personalproblem begründet wurden. Meldungen gab es außerdem zu den Linien 8180 (zwischen Bad Oldesloe und Bargteheide), 8170 (zwischen Reinfeld und Bad Oldesloe), 8120 (zwischen Trittau und Bad Oldesloe), 8725 (zwischen Bargteheide und Linau), 8810 (zwischen Mölln und Bergedorf), 8880 (zwischen Trittau und Schwarzenbek) sowie 8881 (zwischen Hamfelde und Möhnsen).
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Unterdessen kommen auf die beiden Kreise im Zusammenhang mit der Umstrukturierung des Busverkehrs bei der Autokraft höhere finanzielle Belastungen zu. „Es ist bereits jetzt absehbar, dass die neuen Kontrakte mit anderen Subunternehmen nicht zu den gleichen Konditionen wie bisher abgeschlossen werden können, sondern mit höheren Kosten verbunden sein werden“, sagt Björn Schönefeld, der von einem sechsstelligen Betrag ausgeht.
Beim ersten Verkehrsausschuss des Kreistags werde das Thema sicher auf der Agenda stehen. Schönefeld geht aber davon aus, dass es hinsichtlich der Notwendigkeit des Nachschusses einen fraktionsübergreifenden Konsens gebe. „An einer raschen Rückkehr zum verlässlichen Regelfahrplan müssen alle ein Interesse haben, die es mit dem Kampf gegen den Klimawandel ernst nehmen“, sagt auch Sabine Rautenberg, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag. Wichtig sei deshalb, dass die gravierenden Probleme rund um den Busverkehr in Stormarn schnell gelöst würden. Dazu wollen die Grünen zeitnah auch zu einem Runden Tisch einladen mit Vertretern aller Parteien, der Kreisverwaltung, der Busunternehmen und der Gewerkschaft Verdi.