Oststeinbek/Wentorf. Zwei Taten in Wentorf, sieben in Oststeinbek, Reinbek, Glinde und Trittau hat der Angeklagte vor dem Landgericht Lübeck eingeräumt.
Jetzt ist jeder Zweifel ausgeräumt: Der 27 Jahre alte Oststeinbeker, der sich seit Juni 2023 für acht Tankstellen- und zwei Spielhallenüberfälle während des Jahres 2022 vor der Großen Strafkammer des Landgerichtes Lübeck verantworten muss, hat seinen Anwalt am Mittwoch, 17. Januar, während der Verhandlung sein Geständnis vorlesen lassen. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hielten daraufhin ihre Plädoyers, die zuletzt immer wieder verschoben worden waren. Eigentlich sollte der Prozess bereits am 10. Oktober 2023 beendet sein.
Bislang hatte der Angeklagte geschwiegen. Die Gründe für seinen Sinneswandel seien einerseits Gespräche mit seiner Familie, besonders mit seinem Bruder, andererseits aber auch die Zeugenaussage einer Mitarbeiterin der Star-Tankstelle in Wentorf, die im September 2022 überfallen wurde und die noch heute unter den Folgen des Überfalls leidet. „Es tut mir leid, was ich getan habe“, las sein Verteidiger Andreas Mroß vor.
Oststeinbeker gesteht Raubserie auf Tankstellen
Währenddessen sitzt der Geständige im dunkelgrünen Jogginganzug der Untersuchungshaftanstalt, mit akkurat geschnittenem Pony und gestutztem Vollbart auf der Anklagebank. Er hat eingeräumt, insgesamt sieben Tankstellen in Wentorf, Glinde, Oststeinbek, Großhansdorf und Trittau sowie zwei Spielhallen in Reinbek und Oststeinbek zwischen Januar und Dezember 2022 überfallen zu haben. Wegen des versuchten Raubes auf die Aral-Tankstelle in Aumühle, woraufhin der Oststeinbeker festgenommen wurde, wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt.
Als Motiv gab der Angeklagte an, er habe dringend Geld gebraucht, um Schulden zu begleichen. Wobei der höchste Betrag, der er erbeutet hatte, laut Verteidigung bei 735 Euro lag. Insgesamt habe er nicht mehr als 4500 Euro erbeutet.
Oberstaatsanwalt fordert zehn Jahre und neun Monate Haft
Oberstaatsanwalt Moritz Ihde beschrieb in seinem Plädoyer die Taten in chronologischer Reihenfolge. Der Angeklagte sei stets nach demselben „Modus Operandi“, vorgegangen sei, ohne seine Opfer direkt anzugehen: „Er spähte günstige Gelegenheiten aus und erpresste Bargeld und Zigaretten. Durch Vorhalt eines größeren Messers nötigte er die Angestellten, ihm das Bargeld aus der Kasse auszuhändigen“, erläuterte er.
Nach den gutachterlichen Untersuchungen sei es derselbe Täter gewesen, der die Tankstellen und Spielhallen überfallen hatte, erklärte Moritz Ihde. Es habe eindeutig Übereinstimmungen zwischen den vom Täter getragenen Turnschuhen und den Arbeitshandschuhen gegeben. Dies gehe aus den Videoaufzeichnungen der Tatorte hervor. Auch die kriminaltechnische Untersuchung des Täters aus den Aufnahmen decke sich mit der Größe des Angeklagten. Seine Mobilfunknummer war während der Tatzeiten in den Funkzellen des Tatortes registriert worden und vor allem seien seine DNA-Spuren in der Wentorfer Spielhalle gefunden worden.
Verteidiger Andreas Mroß bittet um Milde
Für Moritz Ihde war der Fall im Grunde auch vor dem Geständnis klar: „Er hat neun schwere Straftaten begangen, deren zeitliche Abstände zuletzt immer kürzer geworden sind. Seine Vorbereitungen zeugen jeweils von einem hohen Maß krimineller Energie.“ Vor allem aber litten die Opfer der Taten teilweise noch heute unter Ängsten und Schlafstörungen. Zugunsten des Angeklagten sei sein Geständnis zu berücksichtigen. „Er bedauert das Leid, das er seinen Opfern angetan hat“, stellt er fest. Als Strafmaß hält er zehn Jahre und neun Monate für angemessen
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Verteidiger Andreas Mroß hingegen bittet um Milde für seinen Mandanten. Der Anwalt betont, dass dem Geständnis des Angeklagten eine besondere Bedeutung zukomme. Seiner Ansicht nach weise die Beweisführung der Staatsanwaltschaft Probleme auf, da sie auf den Videoaufnahmen beruhe. „Mein Mandant ist dort von niemandem identifiziert worden“, betont er. Er sei sich noch nicht einmal sicher, ob die vermummte Person auf den Aufzeichnungen immer dieselbe sei oder ob es sich teilweise nicht sogar um eine Frau handele.
Wollte der Angeklagte niemanden verletzen?
Der Anwalt appelliert an die Kammer, bei der Beurteilung die Frage eines minderschweren Falles zu berücksichtigen. „Bedenken Sie: Das, was passiert ist, ist immer in einer Armlänge plus Messer mit einer erheblichen Entfernung passiert.“ Mroß zitiert den Staatsanwalt: „Er hat es vermieden, die Menschen zu berühren, ja er hat sie beruhigt.“ Teilweise habe er sogar das Messer weggelegt.
„Er ist nie um den Tresen herumgegangen“, bekräftigt der Verteidiger. „Das lässt Rückschlüsse auf die Haltung einer Person zu. Gewalt hat er nur gegen Sachen verübt, eine Plexiglasscheibe, einen Tisch, einen Kartenständer. Der wollte nur das Geld. Aus dieser Haltung ergibt sich eine mindere Gefährlichkeit.“ Dies hätten auch die Zeugenaussagen bestätigt. Die einzige Zeugin, die bis 2023 unter den Folgen gelitten habe, sei tragischerweise die Wentorferin gewesen, sagt Andreas Mroß.
Das Urteil wird am 23. Januar verkündet
„Das hat ihn beeindruckt, ob Sie es glauben mögen oder nicht“, betont der Verteidiger. „Er hat mit seiner Familie darüber gesprochen.“ Dies habe zu dem reuigen Geständnis geführt. Der Anwalt ist sicher, dass sein Mandant niemanden verletzen wollte. Er plädiert dafür, dass das Strafmaß sechs Jahre und sieben Monate nicht überschreiten soll. Das Urteil will Richterin Ute Schulze Hillert am 23. Januar verkünden.