Reinbek. Verein bekommt viel Gegenwind. Politik lehnt schon die Prüfung eines vorläufigen Ersatzplatzes ab. Warum dringend etwas passieren muss.
Es ist schon erstaunlich, was die ehrenamtlichen Trainer und die Sportler des FC Voran Ohe angesichts der Misere der veralteten Vereins-Anlagen und der mangelnden Sportstätten in Reinbek leisten: Das Oher Fußballteam steht zurzeit auf Platz 3. „Der Oberligaaufstieg liegt für uns in Griffweite“, sagt der Vorsitzende Daniel Schmitt nicht ohne Stolz. Trotz der mangelhaften Infrastruktur hat der Verein um die 1100 Mitglieder, allein 385 in der Fußballabteilung. Die Warteliste ist lang, gäbe es eine vernünftige Sportanlage, könnten von der langen Warteliste sofort 100 Kinder eintreten.
Dies weiß die Politik offenbar nicht zu schätzen. Seit zehn Jahren versucht der Vorstand, für Reinbeks Norden eine neue Anlage mit neuen Trainingsflächen zu erreichen – vergebens: Gerade haben die Stadtverordneten mit der Verabschiedung des Haushalts 2024 wieder eine Entscheidung gegen den Verein getroffen. Der Antrag der Grünen, die Prüfung eines Kunstrasenspielfeldes übergangsweise an der Gertrud-Lege-Schule in Neuschönningstedt doch in den Haushalt aufzunehmen, wie von der Stadtverordnetenversammlung im November beschlossen, wurde mehrheitlich abgelehnt – sehr zur Enttäuschung des Vereins. Zwei Drittel der Politiker wollten diese Kosten in Höhe von etwa 35.000 Euro einsparen und zerstörten abermals die Hoffnungen der Freizeitsportler.
Erneute Enttäuschung für FC Voran Ohe: Kunstrasenplatz abgelehnt
Vorsitzender Daniel Schmitt, seit Sommer dieses Jahres im Amt, weiß sich bald keinen Rat mehr. „Seit 2016, seit dem Sportstätten-Gutachten, weiß man, dass die Kapazitäten für den Sport in Reinbek unzureichend sind“, stellt er fest. „Doch seitdem ist nichts passiert, im Gegenteil, die Lage verschlechtert sich weiter.“ Auf der Prioritätenliste, die die Politik in derselben Sitzung beschlossen hat, stehe der Verein weit hinten, an 27. Stelle. „Aus dem Bauamt hieß es, dass mit einer neuen Anlage für Reinbeks Norden erst in fünf bis sieben Jahren zu rechnen ist“, sagt Schmitt.
Ob es ihm gelingt, seine ehrenamtlichen Übungsleiter so lange bei der Stange zu halten, weiß Daniel Schmitt nicht. Und auch die Familien und Jugendlichen muss er weiter motivieren. „Einer unser Trainer hat schon von einem ‚Wanderzirkus‘ gesprochen“, sagt Schmitt mit Galgenhumor. „Denn unsere jungen Mitglieder können nicht mit dem Fahrrad zum Training kommen. Wir müssen jeden Platz nutzen, den wir bekommen können, ob in Börnsen oder Oststeinbek.“ Daher seien er und seine Mitstreiter ständig damit beschäftigt, Trainingsflächen zu organisieren. Die Eltern müssten Fahrgemeinschaften koordinieren und die Übungsleiter würden mit einem Riesengepäck samt Hütchen, Bällen und Team-Westen herumreisen. Man komme kaum noch dazu, sich auf die tatsächliche Jugendarbeit zu konzentrieren.
„Wanderzirkus“ belastet Ehrenamtliche und Sportler
„Das Ganze hat aktuell mit regulärem Fußballtraining nichts mehr zu tun“, erklärt Schmitt. „Seit November sind die Rasenplätze gesperrt. Eigentlich versuchen wir, für Kinder und Jugendliche Hallenzeiten zu bekommen, damit sie zumindest ab und zu wieder ein bisschen kicken können. Für uns hat sich die Lage seit dem Corona-Lockdown noch verschlechtert, weil wir seitdem die Turnhalle von Sachsenwaldau nicht mehr nutzen dürfen. Seit drei Jahren müssen wir jetzt auf diese Trainingsmöglichkeit verzichten. Wir warten darauf, dass die Stadt sich mit der Leitung der Einrichtung abstimmt.“
Dabei gebe es eine großartige Mischung aus Ambitionen und Teamspirit im FC Voran Ohe – im Verein, im Trainerteam und der Mannschaft, hat Toptrainer Matthias Wulff den Verein gelobt. Dennoch hat der Erfolgstrainer überraschend seinen Rücktritt für Mai 2024 angekündigt – aus privaten Gründen: Denn der Aufwand sei sehr groß und andere Dinge kämen einfach viel zu kurz.
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Wie lange reicht der lange Atem der Ehrenamtlichen noch aus?
Ob Wulff damit auch die aktuelle Situation gemeint hat, will Schmitt nicht kommentieren. „Die aktuelle Situation macht niemandem Spaß“, stellt der Vereinsvorsitzende fest. „Natürlich ist das auch ein Dauerbrenner in den Gesprächen mit allen Trainern, gerade im Jugendbereich. Die Trainer müssen immerzu den Eltern erklären, warum sie durch die Weltgeschichte gondeln müssen. Das ist auch eine logistische Herausforderung für die Familien.“
Um die Freizeitsportler und -trainer wenigstens etwas zu unterstützen, hatte Thomas Fleckenstein (Forum 21), Vorsitzender des Sportausschusses, die Idee, zumindest schnell einen Kunstrasenplatz für den Voran Ohe zu realisieren als „Zwischenlösung“. Im November hatte die Stadtverordnetenversammlung der Prüfung noch zugestimmt. Jetzt wurde der Vorstoß von der Mehrheit der Stadtverordneten weggespart.
Schafft Reinbek es überhaupt, die Sportanlage Nord zu realisieren?
„Wir erkennen an, dass mit den Finanzen der Stadt Reinbek verantwortungsvoll umgegangen werden muss und Ausgaben gut geprüft werden müssen“, sagt Leif Fleckenstein, Fraktionschef von Forum21. Einen Haushalt aber, der deutlich macht, dass im Sozial-, Sport und Bildungsbereich das größte Einsparungspotenzial gesehen wird, könne man nicht mittragen. Günther Herder-Alpen, Fraktionsvorsitzender der Reinbeker Grünen, sagt: „Der FC Voran Ohe kann nicht länger warten, das haben der Verein und nicht zuletzt das Gutachten deutlich gemacht.“
Daniel Schmitt hat mittlerweile Sorgen, ob die Stadt Reinbek überhaupt in der Lage sein wird, die neue Sportanlage für Reinbeks Norden zu realisieren – nachdem sie die neuen Feuerwehrwachen für Ohe und Schönningstedt, die Straßensanierungen und die Kitaerweiterung umgesetzt hat, die in der Prioritätenliste noch vor der Sportanlage stehen.
CDU will neue Sportanlage vorantreiben
Das sieht Patrick Ziebke, Fraktionschef der CDU, ganz anders: „Wir haben die Prüfung aus Gründen der Haushaltskonsolidierung abgelehnt und, weil wir uns darauf konzentrieren wollen, die Sportanlage Nord möglichst schnell voranzutreiben. Denn diese Liste ist nur eine Hilfestellung für die Verwaltung.“ Die Planungen verschiedener Projekte könnten durchaus parallel begonnen werden, zumal verschiedene Abteilungen im Rathaus damit befasst seien. „Die Beschlüsse sind gefasst, von uns aus kann es bald losgehen“, sagt er. Auf einen Zeitrahmen will sich aber Patrick Ziebke nicht festnageln lassen.
„Es bleibt Aufgabe der Politik, den Bürgerinnen und Bürgern ein vernünftiges Freizeitangebot zu unterbreiten“, sagt Daniel Schmitt. „Wir als Verein können nichts tun, wenn uns die Stadt nicht die Infrastruktur bereitstellt.“ Er will indes nicht nachlassen, sich mit der Stadtverwaltung abzustimmen – auch auf der Suche nach Kontakten für neue Trainingsmöglichkeiten. Demnächst will er mit Börnsens Bürgermeisterin Monique Hoops sprechen, ob sie noch Kapazitäten hat. Der Wanderzirkus zieht weiter.