Ahrensburg/Reinbek. Volkswirtschaftler Thomas Straubhaar spricht in Ahrensburg. Ein Thema ist auch die Arbeitseinstellung der jungen Generation.
Er gilt als der Anwalt eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle: Der Schweizer Ökonom und Migrationsforscher Thomas Straubhaar war bis September 2014 Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) und bis Oktober 2023 Professor für Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Universität Hamburg. Er wohnt seit 1992 in Reinbek. Jetzt ist der 66-Jährige im Ruhestand und so beschäftigt, dass er kaum zu erreichen ist.
Am Montag, 15. Januar, referiert Thomas Straubhaar auf Einladung des Rotary Clubs Großhansdorf über das Thema „Warum ein Sozialstaatsmodell des 19. Jahrhunderts nicht zur Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts passt und was deshalb zu tun und zu ändern ist!“ in der Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule in Ahrensburg.
Ist ein Grundeinkommen für alle die ökonomische Lösung?
Die Zukunftsthemen Bildung, demografischer und gesellschaftlicher Wandel, Entwicklung der Sozialpolitik stehen im Fokus des Abends. Der Referent und die Organisatoren hoffen auf eine angeregte Diskussion. Die Probleme des deutschen Sozialsystems sind vielfältig.
Aktuell ist die Mehrheit in Deutschland dazu gezwungen, sich ihren Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen. Kommen Menschen in eine Notlage, springt der Sozialstaat ein. Der fußt auf dem Solidaritätsprinzip und dient ursprünglich der Erhaltung der Arbeitskraft.
Probleme des deutschen Sozialsystems
Das starre System aber krankt zunehmend daran, dass die Bevölkerungsstruktur sich stark gewandelt hat. Einerseits fehlt in Zeiten des Fachkräftemangels der Nachwuchs überall. Andererseits sind zunehmend Menschen darauf angewiesen, den Sozialstaat in Anspruch zu nehmen: Es gibt immer mehr Alte und entsprechend auch mehr Kranke.
Der Druck auf diejenigen, die den Sozialstaat finanzieren, wird somit größer. Die Arbeitnehmer sind jedoch zunehmend nicht mehr dazu in der Lage, viel und lange zu arbeiten. Oder aber nicht mehr dazu bereit, dafür ihre physische und psychische Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Die Einstellung zur Arbeit verändert sich daher: Teilzeitmodelle oder auch Auszeiten von Arbeitsverhältnissen werden immer beliebter.
1000 Euro monatlich für jede und jeden
Thomas Straubhaars Antwort darauf ist ein neues Sozialsystem, das auf einem Grundeinkommen fußt beispielsweise in Höhe von 1000 Euro pro Monat für jede und jeden. Für zusätzliche Bedürfnisse müssten sich die Menschen auch zusätzliches Geld verdienen. Arbeitslosengeld, Kindergeld, Wohngeld, Renten, Pflegeleistungen, Bürgergeld, BAföG oder auch Abschreibungen sollen hingegen wegfallen. „Das BGE erfüllt die 3-E-Regel: Es ist einfach, effektiv und effizient“, ist er überzeugt. „Das braucht es angesichts der destruktiven Herausforderungen der Digitalisierung, der demografischen Alterung und der neuen systemischen Risiken, die daraus entstehen.“
„Es ist höchste Zeit, mit diesem anachronistischen Ausbeutungssystem des Frühkapitalismus aufzuräumen“, hat der Volkswirtschaftler einmal in einem Artikel geschrieben. „Die 1000 Euro dienen primär der didaktischen Veranschaulichung“, sagt er. „Wie viel es konkret sein soll, muss die Politik entscheiden. Das kann nicht ein Ökonom festlegen.“
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Sein Ziel ist die ökonomische Effizienz. Doch es gibt auch eine Kehrseite. „Mein System akzeptiert Ungleichheit und stärkt dafür die Chancengleichheit“, räumt der gebürtige Schweizer ein. Im Zeitalter der Digitalisierung sei es mehr denn je wirtschaftlich unsinnig, Menschen zu zwingen, Arbeiten zu erledigen, die menschenunwürdig seien. Hier sieht er die Digitalisierung als Chance. Derartige Arbeiten sollten in der Zukunft von Robotern und Maschinen und Robotern erledigt werden.
Diskussion über ein mögliches Arbeitsmodell des 21. Jahrhunderts
Mögliches Thema der Diskussion könnte beispielsweise die Arbeitshaltung der jungen Generation sein, die häufig auf Geld verzichtet und lieber Teilzeit arbeitet, oder aber auch die Rolle der Künstlichen Intelligenz (KI) in der künftigen Berufswelt. Ist sie eher eine Gefahr oder eine Chance?
Der Vortrag in der Ahrensburger Schule (Wulfsdorfer Weg 71) beginnt um 19.30 Uhr. Einlass ist ab 19 Uhr. Die Organisatoren bitten um eine kurze Anmeldung per E-Mail an Mayer-Jendrek@t-online.de.