Reinbek . Bedingungsloses Grundeinkommen Thomas Straubhaar erklärte im Schloss, wie es funktionieren soll

Es klingt wie ein Traum: Vater Staat gibt jedem Bürger 1000 Euro monatlich. Einfach so. Jeder bekommt den gleichen Betrag. Keine Angst mehr vor dem Pleitegeier oder sinnentleerten Jobs, weniger Arbeit und mehr Zeit für die Familie. Der Ökonom, der mit dieser Aussicht für ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“ wirbt, heißt Thomas Straubhaar. Auf Einladung der Volkshochschule versuchte der Ex-Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitutes die 120 Gäste im Schloss für ein neues Sozialsystem zu gewinnen. Denn das derzeitige sei am Ende: „Wir müssen uns flexibler den Herausforderungen der Digitalisierung stellen.“

Doch es gibt auch eine Kehrseite: „Mein System akzeptiert Ungleichheit und stärkt dafür die Chancengleichheit“, gab der gebürtige Schweizer zu. „Als Ökonom ist mein Ziel die Effizienz.“

Der 60-Jährige warb zur Finanzierung seines Grundeinkommens zunächst mit einem „transparenten und gerechten Steuersystem“. „Alle Einkommen werden mit einem Steuersatz von 50 Prozent besteuert“, erklärte er. Ein Professor mit einem Jahresgehalt von 120 000 Euro müsse demnach 60 000 Euro an den Staat abgeben. Im Gegenzug erhalte er 12 000 Euro Grundeinkommen – also bleiben 72 000 Euro übrig. „Die Nettosteuer würde 48 000 Euro und somit 40 Prozent vom Einkommen betragen“, erklärte Straubhaar. Bis auf ein Einkommen von 24 000 Euro jährlich heißt das Nullbesteuerung: Von 24 000 Euro gehen 12 000 Euro an den Staat und kommen als Grundeinkommen zurück. Der Professor käme nach der 50-Prozent-Besteuerung gut ohne Grundeinkommen aus. Eine Kassiererin mit Mindestlohn (1414 Euro brutto, 1064 Euro netto) wäre auf das Grundeinkommen angewiesen.

Und der Haken kommt noch: Sämtliche Transferleistungen will Straubhaar streichen. Kein Arbeitslosengeld, kein Hartz IV, keine Renten, keine Pflegeleistungen, kein BAFöG, kein Wohngeld, keine Abschreibungen, kein Kindergeld.

„Einzig die Krankenversicherung wirft gewisse Probleme auf“, gestand Straubhaar. Ihm schwebe ein Modell vor, in das jeder einzahle und das für 300 Euro ein Grundpaket von notwendigen Leistungen anbiete. Die Vollzeit-Kassiererin in Mindestlohn müsste nach Schätzung des Wirtschaftsexperten für ein Gesundheits-Grundpaket mindestens noch 300 Euro monatlich aufbringen.

Kindergeld wird gestrichen

Rücklagen, das gab Straubhaar nach der Veranstaltung zu, müssten obendrein noch alle bilden. Nicht nur, weil auch Gutverdiener in Zeiten der Arbeitslosigkeit, die Straubhaar künftig für „normal“ hält, auf 1000 Euro im Monat abrutschten. Seine Idee sieht nämlich auch keine kontinuierliche Steigerung des Grundeinkommens (Stichwort: Inflation) vor. Und auch keine Mietpreisbremse: „Bei Mietverhältnissen hat sich der Staat nicht einzumischen“, antwortete Straubhaar auf eine Frage aus dem Publikum. Was geht es den Staat an, ob sie für ihren Mieter Reparaturen ausführen?“, fragte er den Mann im Publikum. Da mochte man so gar nicht glauben, dass die Preise nach Einführung des Grundeinkommens „aufgrund des Wettbewerbs insgesamt stabil bleiben“ werden, wie Straubhaar prognostizierte.

Denn wie, wenn nicht durch Mieterhöhungen, könnten Vermieter den finanziellen Verlust nach Wegfall der Abschreibungen und der Hälfte der Miete ausgleichen? Wie sollte das Grundeinkommen die Wohnungsnot in den Metropolen dadurch bekämpfen? Bisher hat der Markt auch keine Kinderbetreuung und/oder Pflege auf bezahlbarem Niveau geregelt. Zumindest bei der Pflege sieht Straubhaar das ein. Da gesteht der Kurator der „Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit“ dem Staat zu, Extras zu schaffen. „Wer schwer krank ist, muss unabhängig vom Geldbeutel die bestmögliche Unterstützung erhalten“, sagte er.