Bargteheide. Ehemalige Hausmeisterwohnung in Bargteheide soll in ein Jugendkulturhaus umgewandelt werden. Warum der Plan auf viel Kritik stößt.
Sich mit Freunden spontan treffen, um zu reden, zu spielen und gemeinsam Spaß zu haben, das bleibt für Jugendliche in Bargteheide weiter problematisch. Geeignete, selbst verwaltete Räume sind rar und bestehende, wie das Autonome Jugendhaus (AJH) am Volkspark, marode. Kurz vor dem Jahreswechsel hatte die Stadtverwaltung gehofft, mit einer ehemaligen Hausmeisterwohnung auf dem Gelände der Carl-Orff-Schule ein weithin akzeptiertes Angebot machen zu können. Doch das Gegenteil ist der Fall. „Ein Ort, dessen Nutzung mit so vielen Auflagen verbunden ist, kann vieles sein, aber sicher kein Freiraum, wie ihn sich viele Jugendliche dieser Stadt wünschen“, sagt Jonas Bewig von der Initiative Jugend für Jugend (JfJ).
Thema über 40 Jahre vertagt und verdrängt
Das Scheitern, Jugendlichen geeignete Treffpunkte zu schaffen und zur Verfügung zu stellen, hat in Bargteheide eine lange Tradition. Mehr als vier Jahrzehnte ist das Thema zumeist vertagt und verdrängt worden, ohne dass sich an diesem immer wieder kritisierten Defizit grundsätzlich etwas geändert hätte.
So ist es im Herbst vergangenen Jahres zu einer Vielzahl von Protestaktionen gekommen, die in der widerrechtlichen Besetzung der Villa Wacker am Bahnhof gipfelten. Es gab einen offenen Brief, den auch viele Eltern und andere Erwachsene unterschrieben haben, den Besuch von mehr als 100 Jugendlichen in einer Sitzung der Stadtvertretung und einen Protestmarsch durchs Zentrum der Stadt.
Kulturhaus ist für bis zu 30 Personen ausgelegt
Zwar zeigten sich Kommunalpolitik und Verwaltung hernach bereit, sich der Wünsche und Forderungen der Stadtjugend anzunehmen. Doch allein schon die Suche nach geeigneten Standorten gestaltete sich äußerst schwierig. René Brüser, Fachbereichsleiter Bürgerservice, Bildung und Soziales, hatte das Dilemma bereits vor geraumer Zeit so beschrieben: Mal würden Naturschutzbelange die Optionen begrenzen, mal Sicherheitsbedenken wegen der Bahntrasse, dann wieder erwartbare Proteste vonseiten der Anrainer.
Genau dazu ist es prompt gekommen, als die Idee, den ehemaliger Hausmeisterbungalow an der Carl-Orff-Schule in ein JugendKulturHaus (JKH) mit Außenterrasse, zwei Klubräumen, Bad und Küche für bis zu 30 Personen umzuwandeln, Anfang November erstmals bei einer Infoveranstaltung vor Ort vorgestellt worden ist. Denn die Schule an der Segeberger Straße ist eingebettet in ein dicht bebautes Wohnquartier. Gleich mehrere Wohnhäuser liegen in unmittelbarer Sicht- und Hörweite des Gebäudes.
Viele Anwohner äußern erhebliche Bedenken
Unter den Teilnehmern der Zusammenkunft waren denn auch 22 Anwohner, die schnell ihre Befürchtungen kundtaten, mit der vorgesehenen Nutzung der Liegenschaft könne „sich ein weiterer Anziehungspunkt für Jugendliche etablieren“, der die latente Gefahr von „nächtlicher Ruhestörung und Vandalismus“ berge. Insbesondere durch eine Verlagerung von Aktivitäten auf das Schulgelände oder in die nähere Umgebung des Wohngebiets. Deshalb sollte das JugendKulturHaus auch keinesfalls während der Ferien geöffnet werden.
Während der von Beginn an eingebundene Kinder- und Jugendbeirat (KiJuB) der Stadt die Schaffung von Begegnungsräumen für die junge Generation in der früheren Hausmeisterwohnung und das vorgestellte Nutzungskonzept begrüßte und ankündigte, den weiteren Planungs- und Umsetzungsprozess aktiv begleiten zu wollen, stieß das Projekt bei der Initiative JfJ auf wenig Gegenliebe.
Nutzungskonzept wird als „nicht zielführend“ bezeichnet
„Allein die Reaktion der Anwohner lässt erahnen, dass der Standort offensichtlich einige Probleme birgt und häufig der Ruf nach Polizeipräsenz zu befürchten ist“, sagt JfJ-Sprecher Jonas Bewig. Viel gravierender seien aus seiner Sicht indes die Webfehler des Nutzungskonzepts an sich, das er „als nicht zielführend“ bezeichnete.
„Mehr Räumlichkeiten für die Jugend anzubieten ist per se nicht falsch. Aber doch nicht mit so gravierenden Einschränkungen, wie sie im Konzept vorgesehen sind“, so Bewig. Danach sei das JKH eben kein „offener Treff“, die Nutzung unterliege viel mehr festen, rigiden Regel. Dazu gehören etwa eine Anmeldepflicht durch einen eingetragenen Verein oder registrierte Institutionen sowie die Auflage, dass stets ein volljähriger „Nutzungsverantwortlicher“ oder lizensierter Jugendleiter anwesend sein müsse.
Neuer Containerbau am Volkspark ist vom Tisch
„Mit diesem Angebot fühlen wir uns missverstanden, dafür sind wir nicht auf die Straße gegangen“, sagt Bewig. Zumal der seit Langem monierte Platzmangel mit dem JKH keineswegs beseitigt sei. „Es braucht einfach mehrere Räume für die vielen Jugendgruppen der Stadt und deren verschiedene Interessen“, erklärt der 19 Jahre alte angehende Abiturient.
Da nun auch der vom KiJuB im Vorjahr ins Spiel gebrachte, zweistöckige Containerkomplex mit jeweils 400 Quadratmetern Nutzfläche je Ebene auf dem Areal des Autonomen Jugendhauses von der Kommunalpolitik gestrichen worden sei, sollte die Stadt lieber die bereits bestehenden und aktiv genutzten Räume ertüchtigen.
Unhaltbare Zustände im Autonomen Jugendzentrum
Gemeint ist das AJH selbst, das sich in einem extrem schlechten Zustand befindet, berichtet Bewig. Es gebe lose aus den Decken hängende Kabel, defekte Steckdosen, keine Dämmung, viele Rostlöcher in den Containerwänden und -böden. Und dann sei bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auch noch die Heizung ausgefallen. Dabei gelte das Autonome Jugendhaus trotz der unhaltbaren Zustände inzwischen als regelmäßiger Anziehungspunkt für mehr als 300 Jugendliche.
Er sehe sehr wohl den persönlichen Einsatz von Bürgermeisterin Gabriele Hettwer, die selbst vor Ort gewesen sei und Reparaturen beauftragt habe, unter anderem an den defekten Türen, sagt Bewig. Dennoch mache sich zunehmend Frust und Verzweiflung unter den Jugendlichen breit. Und mit den neuesten Beschlüssen der Politik werde die Stimmung gewiss nicht besser.
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Immerhin haben SPD, Grüne und die Wählergemeinschaft WfB jetzt gegen die Stimmen der CDU einen Prüfantrag gestellt, die Verwaltung möge durch eine Bauzustandsanalyse den finanziellen Umfang für notwendige Erhaltungsmaßnahmen und eine mögliche Erweiterung des Autonomen Jugendhauses feststellen.
Für die Christdemokraten scheint die Forderung nach mehr Jugendräumen mit dem Bungalow an der Carl-Orff-Schule erfüllt zu sein. Alles, was darüber hinaus gewünscht werde, entspringe Partikularinteressen einzelner Gruppen, erklärte Torsten Klostermeyer. „Das ist eine nicht haltbare Behauptung der CDU“, kontert Jonas Bewig. Die Initiative Jugend für Jugend sehe sich als engagierte Interessenvertreterin ihrer Generation. Die im neuen Jahr weiter für selbst verwaltete Freiräume in der Stadt kämpfen werde.