Bad Oldesloe. KVSH kürzt Öffnungszeiten der Anlaufpraxis als Reaktion auf Urteil des Bundessozialgerichts. Was das für Konsequenzen hat.

Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) schränkt ab dem 1. Januar den Ärztlichen Bereitschaftsdienst in Bad Oldesloe ein. Die Anlaufpraxis im Asklepios-Krankenhaus werde dann nur noch mittwochs und freitags von 16 bis 20 Uhr und am Wochenende und an Feiertagen von 9 bis 14 Uhr und von 17 bis 20 Uhr geöffnet sein, teilte die KVSH mit. Montags, dienstags und donnerstags werde sie künftig geschlossen bleiben. Grund ist ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG).

Die Kasseler Richter hatten am 24. Oktober entschieden, dass auf Honorarbasis tätige Poolärzte nicht automatisch als Selbstständige gelten, wenn sie in eine Notdienstorganisation eingebunden sind. Damit wären sie fortan sozialversicherungspflichtig in der Deutschen Rentenversicherung, für die die KVSH Arbeitgeberanteile zu tragen hätte. Als Reaktion darauf hat die Kassenärztliche Vereinigung rund 450 Poolärzten zum Jahresende gekündigt.

Kassenärztliche Vereinigung schränkt Notdienst in Bad Oldesloe ein

Der KVSH-Vorstand schätzt die Mehrkosten infolge der Sozialversicherungspflicht auf jährlich etwa drei bis fünf Millionen Euro. „Sollte die Rentenversicherung auch für die vergangenen vier Jahre Rückforderungen stellen, könnte die finanzielle Belastung sogar bei rund 15 Millionen Euro liegen“, sagt die Vorstandsvorsitzende Dr. Monika Schliffke. „Das ist in dieser Dimension für die KVSH nicht tragbar.“

Poolärzte sind Ärzte, die in Schleswig-Holstein nicht niedergelassen sind, aber auf freiwilliger Basis Dienste im Ärztlichen Bereitschaftsdienst leisten. Sie übernehmen laut KVSH bisher bis zu 30 Prozent der insgesamt anfallenden Dienste und seien deshalb eine wesentliche Stütze der Versorgung im Bereitschaftsdienst. In Stormarn liegt ihr Anteil mit 52 Prozent besonders hoch.

KVSH-Chefin fordert Gesetzgeber zu schnellem Handeln auf

Bereits Anfang November hatte Schliffke vor den Folgen des BSG-Urteils gewarnt und eine rasche gesetzliche Klarstellung angemahnt. „Der schon zur Sprechstundenzeit überlasteten Ärzteschaft werden damit weitere Belastungen in Form zusätzlicher Nacht- und Wochenenddienste aufgebürdet“, sagte die KVSH-Chefin. Der Verzicht auf Poolärzte werde mehr Dienstzuweisungen an niedergelassene Ärzte und Medizinische Versorgungszentren zur Folge haben.

Dr. Monika Schliffke, Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Dr. Monika Schliffke, Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein © @KVSH | @KVSH

Poolärzte sollten analog zu den Notdienstärzten im Rettungsdienst von der zusätzlichen Sozialversicherungspflicht ausgenommen werden, forderte sie. „Es liegt jetzt in der Hand des Gesetzgebers, die langfristig negativen Folgen dieses Urteils abzuwenden“, appellierte Schliffke. Andernfalls seien Einschnitte in der flächendeckenden Versorgung mit Notfallpraxen nicht auszuschließen.

Wegfall der Poolärzte lasse sich nicht auf die Schnelle kompensieren

„Den Wegfall der Poolärztinnen und Poolärzte können wir nicht auf die Schnelle kompensieren, sodass wir keine andere Möglichkeit haben, als die Zahl der Anlaufpraxen an den genannten Tagen zu reduzieren“, betont jetzt Dr. Ralph Ennenbach, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KVSH. Selbstverständlich gewährleiste die Kassenärztliche Vereinigung weiterhin den ärztlichen Bereitschaftsdienst in Schleswig-Holstein. „Den bisherigen Umfang können wir allerdings allein mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten nicht stemmen, denn diese müssen parallel auch die Regelversorgung in ihren Praxen sicherstellen“, so Ennenbach.

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Insgesamt schränkt die KVSH die Öffnungszeiten von neun ihrer 32 Anlaufpraxen ein. Neben Bad Oldesloe sind Eckernförde, Oldenburg, Preetz, Westerland, Büsum, Ratzeburg, Kappeln und Neustadt betroffen. „Wir schließen ausschließlich an Standorten, wo im Verlauf des ganzen letzten Jahres an diesen Wochentagen weniger als vier Patienten in zwei Stunden behandelt wurden“, betont die KVSH-Vorsitzende Schliffke.

Öffnungszeiten der Großhansdorfer Praxis bleiben unverändert

Patienten aus den betroffenen Regionen, die die Hilfe des ärztlichen Bereitschaftsdienstes benötigen, sollen sich künftig unter der Telefonnummer 116117 an die Leitstelle der KVSH wenden. Diese nennt ihnen die nächstgelegene Anlaufpraxis oder vermittelt die Patienten gegebenenfalls an den fahrenden Dienst oder die ärztliche Telefonberatung in der Leitstelle.

In Stormarn betreibt die Kassenärztliche Vereinigung zwei allgemeinmedizinische Notfallpraxen. Jene in der Asklepios-Klinik Bad Oldesloe (Schützenstraße 55) und eine weitere in der Klinik Manhagen in Großhansdorf (Sieker Landstraße 19). Die Öffnungszeiten der letztgenannten (mittwochs und freitags von 17 bis 19 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen von 10 bis 14 Uhr und von 17 bis 20 Uhr) bleiben unverändert. Die Oldesloer Praxis hatte bislang auch montags, dienstags und donnerstags von 20 bis 22 Uhr geöffnet.