Ahrensburg. Trotz steigender Fahrgastzahlen wird die On-Demand-Offerte im Stadtverkehr kritisch gesehen. FDP lehnt weitere Förderung dort ab.
Glaubt man den aktuellen Zahlen der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH), dann hat sich das On-Demand-Angebot HVV hop in der Schlossstadt als „vollwertiges Verkehrsmittel“ im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) etabliert und erfreut sich wachsender Beliebtheit. „Drei Jahre nach Einführung im Dezember 2020 haben diesen Service bereits 160.000 Fahrgäste in Ahrensburg genutzt, inzwischen sind es im Schnitt 6000 pro Monat“, zieht VHH-Sprecher Lennart Meyer eine rekordverdächtige Zwischenbilanz. Dennoch ist der online buchbare Shuttleservice nicht unumstritten und die Fortsetzung der Förderung über das Jahr 2024 hinaus keineswegs gewiss.
Wie bereits berichtet, wurde Anfang Oktober mit der Siedlung Kremerberg das letzte Ahrensburger Quartier in den städtischen Einsatzbereich einbezogen. Allerdings nur testweise bis zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember. „Wegen des oft starken Berufsverkehrs am Kremerberg könnte es Probleme mit der Verlässlichkeit geben. Dazu erhoffen wir uns Rückmeldungen und Daten durch die jetzt startende Fahrgastbefragung“, sagt Steffen Pollmann, Ahrensburgs Mobilitätsmanager.
Schichtarbeiter und Teilzeitbeschäftigte im Fokus
Seiner Ansicht nach biete die Schlossstadt enormes Potenzial für die Mobilitätswende. Mit S- und U-Bahn-Stationen und seinen Bahnhöfen an der Bahnlinie Lübeck–Hamburg sei Ahrensburg bestens angebunden an die beiden Hansestädte und durch das Stadtbussystem zudem innerstädtisch sehr gut vernetzt. „Das erleichtert den Verzicht auf die Nutzung des privaten Autos und hilft, Lärm- und CO2-Emissionen spürbar zu reduzieren“, so Pollmann.
Ein Problem gebe es unterdessen oftmals auf der ersten und letzten Meile. HVV hop helfe, diese Lücke zu schließen, insbesondere mit Blick auf Schichtarbeiter und Teilzeitbeschäftigte. „Wenn der Weg zur nächsten Haltestelle womöglich zu lang und zu dunkel ist, steigt die Versuchung, doch das eigene Fahrzeug zu nutzen und auf den ÖPNV zu verzichten“, sagt Pollmann.
Netzgedanke soll weiterentwickelt werden
Hier setzt das Angebot HVV hop an. „Wir wollen den Netzgedanken mit dem On-Demand-Service weiterentwickeln und unsere Angebote noch besser auf die tatsächlichen Bedarfe zuschneiden“, erklärt Thorge Storm, VHH-Betriebsleiter in Ahrensburg. Die digitale Vernetzung der Shuttle mit dem Buchungssystem sorge für eine große Datenfülle, aus der sich wichtige Rückschlüsse auf sinnvolle Anpassungen ziehen ließen.
So ergab eine Analyse der geleisteten Fahrten, dass 30 Prozent aller Anfragen einen direkten Bezug zum Ahrensburger Gewerbegebiet hatten. Das führte nicht zuletzt zu einer Taktverdichtung auf der Buslinie 169. „Die Hälfte aller hop-Fahrten haben einen direkten Bahnhofsbezug, insbesondere zu den Bahnhöfen Ahrensburg, Gartenholz und West, die entweder Einstiegs- oder Zielpunkt sind“, berichtet Storm.
60 Prozent nutzen Shuttles für Weg zur Arbeit
Die Fahrgastbefragung im Herbst des Vorjahres hatte zudem ergeben, dass 60 Prozent der Befragten HVV hop mit klassischen Verkehrsmitteln des ÖPNV kombinieren. Rund 40 Prozent gaben an, mit der Nutzung eines der fünf bislang eingesetzten Shuttles eine Autofahrt ersetzt zu haben. 60 Prozent nutzten den Service für den Weg zur Arbeit, 40 Prozent für diverse Freizeit- und Versorgungsanlässe.
Dass 16 Prozent aller Fahrten in die Innenstadt führten, freut Steffen Pollmann besonders. „Damit wird Parkdruck vom Stadtzentrum genommen, ein nicht zu unterschätzender Effekt. Dass 80 Prozent aller Fahrgäste Ahrensburger gewesen sind, beweist, dass HVV hop in der Mitte der Bevölkerung angekommen ist“, so der Mobilitätsmanager. Für ihn ein deutliches Zeichen, dass sich die verschiedenen ÖPNV-Angebote der Stadt sehr gut ergänzen und immer besser verknüpfen lassen.
Senioren werden mit App vertraut gemacht
Als überaus positiv bewertet er zudem die Entwicklung der Altersstruktur der hop-Nutzer. Der jüngste Fahrgast war 13, der älteste 84. „Das zeigt, dass HVV hop sowohl von jungen, technikaffinen Leuten angenommen wird, wie zunehmend auch von Senioren“, so Pollmann. Um älteren Bürgern den Zugang zu dem Service zu erleichtern, hat der Ahrensburger Seniorenbeirat in Kooperation mit den VHH und der Stadt bereits mehrere Infoveranstaltungen mit bis zu 30 Teilnehmern organisiert, bei denen die Handhabung der App ausführlich erklärt wurde.
Trotz allem hält sich hartnäckig Kritik an den erheblichen Kosten des Pilotprojekts von jährlich 785.000 Euro, für das die Bundesförderung Ende 2024 ausläuft. Dann soll der Kreis Stormarn, der jetzt schon mit 170.000 Euro beteiligt ist, auf Wunsch der Stadt, die 400.000 Euro aufwendet, auch noch den Bundesanteil von 215.000 Euro übernehmen.
Verkehrsausschuss stimmt für mehr Finanzmittel
Ob sich dafür eine Mehrheit findet, ist nach der jüngsten Abstimmung im Verkehrsausschuss des Kreises zu einer Aufwertung des HVV-hop-Angebots im Raum Trittau fraglicher denn je. Die SPD beantragte dafür 100.000 Euro aus dem Kreis-Etat für 2024. Während Grüne, Freie Wähler und AfD mit knapper Mehrheit dafür stimmten, lehnten CDU und FDP den Antrag ab.
„Wir sind nicht prinzipiell gegen HVV hop. Wir waren aber der Ansicht, dass über eine Bereitstellung weiterer Finanzmittel zur Fortsetzung des Projekts erst beim Auslaufen der Förderperiode Ende 2024 entschieden werden sollte“, sagte FDP-Fraktionschef Thomas Bellizzi dieser Redaktion.
FDP: Kosten stehen in keinem Verhältnis zu Nutzerzahlen
Ganz anders stelle sich die Situation aus Sicht der Freidemokraten unterdessen bei HVV hop im Stadtverkehr in Ahrensburg dar. „Das haben wir von Beginn an kritisch gesehen, daran hat sich nichts geändert. Die Kosten stehen für uns in keinem Verhältnis zu den Nutzerzahlen und den erklärten Zielen“, so Bellizzi. Insbesondere vor dem Hintergrund eines zu erwartenden Haushaltsdefizits von rund zehn Millionen Euro.
Angesichts des sehr gut ausgebauten Stadtbusnetzes seien „subventionierte Taxis“, um etwas schneller und vor allem deutlich billiger von der eigenen Haustür zu den Bahnhöfen und ins Gewerbegebiet zu kommen, in Ahrensburg „absolut unnötig“. Außerdem gebe es bei HVV hop noch immer zu viele Leerfahrten und einen zu hohen Anteil von Fahrten mit nur einem Passagier.
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Für den ländlichen Bereich kann sich die FDP-Kreistagsfraktion sogar eine Ausweitung des Angebots auf Steinburg, Todendorf, Grönwohld, Siek, Hoisdorf, Braak und Stapelfeld vorstellen, wie sie in einem eigenen Antrag deutlich machte. „Wo gefühlt nur zweimal am Tag ein Bus verkehrt, macht ein On-Demand-Service Sinn“, führt Bellizzi aus. Weil es den Nahverkehr spürbar verbessere und die Bürger zum Umstieg auf den ÖPNV motiviere.
Die Fortführung des Projekts in den Ämtern Trittau und Siek wäre eine Investition in die Zukunft der ländlichen Gemeinden und würde die Mobilität deren Bewohner erhöhen. „Weil dort Grundversorgung und soziale Teilhabe gestärkt werden, wäre das Geld des Kreises nach dem Auslaufen der Bundesförderung deutlich besser und sinnvoller angelegt als in Ahrensburg“, ist FDP-Frontmann Thomas Bellizzi überzeugt.