Ahrensburg. Wer mit einem Reh, Hasen oder Marder zusammenstößt, wählt am besten sofort den Notruf 110. Warum keine Zeit verloren werden sollte.

Autofahrer haben der Polizei in Stormarn in diesem Jahr schon mehr als 830 Wildunfälle gemeldet. Und mit Beginn der dunklen Jahreszeit steigt das Risiko, auf den Straßen mit Rehen, Hirschen oder Wildschweinen zusammenzustoßen, noch einmal deutlich. Immer wieder stellen die Beamten allerdings fest, dass Verkehrsteilnehmer nach einer Kollision ihrer Meldepflicht nach dem Landesjagdgesetz überhaupt nicht oder erst verspätet nachkommen. Dabei ignorieren sie oftmals das Leid der verletzten Tiere sowie die Sicherheit anderer.

Denn ein Wildunfall ist unverzüglich zu melden. Betroffene Autofahrer sollten als Erstes das Warnblinklicht anschalten und die Unfallstelle absichern. Bei reinen Sachschäden sollte über den Notruf 110 die Polizei verständigt werden oder– falls bekannt – der für das Gebiet zuständige Jäger. Bei verletzten Personen sollte zudem der Rettungsdienst über den Notruf 112 alarmiert werden. Deutschlandweit wurden vergangenes Jahr bei weniger als einem Prozent der rund 250.000 Wildunfälle Menschen verletzt.

In Stormarn registriert die Polizei mehr als 1000 Wildunfälle jährlich

Laut Polizei kommt es bedauerlicherweise regelmäßig vor, dass Autofahrer Wildunfälle erst nach einigen Tagen melden. Der Auslöser ist, dass sie eine Bescheinigung für die Versicherung zur Schadenregulierung brauchen. Für verletzte Tiere kann die Verzögerung lange Qualen bedeuten. Zudem besteht die Gefahr, dass Folgeunfälle passieren.

Im Vorjahr registrierte die Stormarner Polizei genau 1008 Wildunfälle. Außerhalb geschlossener Ortschaften müssten Verkehrsteilnehmer immer mit Wildwechsel auf den Straßen rechnen. „Schwerpunkte können nicht genau benannt werden“, sagt Polizeihauptkommissarin Jacqueline Fischer, Sprecherin der für den Kreis zuständigen Polizeidirektion Ratzeburg. „Aber grundsätzlich sind in Waldgebieten, auf Straßen mit angrenzenden Wäldern und noch nicht abgeernteten Feldern die Gefahren höher.“

Rehe sind an jedem zweiten Wildunfall beteiligt

Laut Landesjagdverband Schleswig-Holstein wird das Ausmaß häufig unterschätzt. Ein 20 Kilogramm schweres Reh besitze bei einer Kollision mit Tempo 100 ein Aufschlaggewicht von fast einer halben Tonne. Laut Statistik sind Rehe an jedem zweiten Wildunfall beteiligt, Kleintiere wie Feldhase und Marder bei jedem fünften. Die Tiere sind im Herbst besonders in der Morgen- und Abenddämmerung unterwegs, um sich Fettreserven für den Winter anzufressen.

Taucht ein Tier am Fahrbandrand auf, sollten Autofahrer kontrolliert abbremsen und das Fernlicht unbedingt ausschalten. Die grelle Helligkeit macht die Tiere orientierungslos. Hupen hingegen ist wichtig: Der laute Ton treibt Rehe, Hirsche oder Wildschweine weg von der Fahrbahn. Da meist Gruppen unterwegs sind, ist immer mit Nachzüglern zu rechnen.

Warum Autofahrer auf keinen Fall ausweichen sollten

Sollte eine Kollision unvermeidbar sein, empfiehlt die Polizei, dass Lenkrad gut festzuhalten und nicht auszuweichen. Denn ein Ausweichmanöver kann sowohl für einen selbst als auch für entgegenkommende Autofahrer viel gefährlicher sein als ein Zusammenstoß mit dem Tier.

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Auch wichtig: Tote Tiere dürfen keinesfalls mitgenommen werden: Das gilt als Wilderei, es droht eine Strafanzeige. Wenn ein angefahrenes Tier wegläuft, sollte man ihm nicht folgen. Besser ist es, sich für die spätere Meldung die Fluchtrichtung zu merken oder zu markieren. So kann der Jäger oder Förster später mit einem ausgebildeten Hund die Spur aufnehmen.

Das Tierfund-Kataster: Mitmachen und Leben retten

An welchen Straßen es Unfallschwerpunkte gibt, will das Tierfund-Kataster zeigen. Der Landesjagdverband Schleswig-Holstein und die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel haben es 2011 ins Leben gerufen. Ende 2016 hat der Deutsche Jagdverband (DJV) das Projekt auf ganz Deutschland ausgeweitet.

Über eine App lassen sich Daten unterwegs schnell erfassen. Sie ist kostenlos und für iPhone oder Android erhältlich. Bisher haben knapp 25.000 Nutzerinnen und Nutzer rund 125.000 Funde gemeldet. Auf der Internetseite tierfund-kataster.de gibt es unter anderem interaktive Karten und Diagramme.