Bad Oldesloe. Der Verkehrslärm sei unerträglich, beklagen Anwohner. Mit einer Unterschriftenaktion wollen sie Gehör in der Politik finden.

Ein Nachmittag unter der Woche in der Lorentzenstraße (B75) in Bad Oldesloe. Wer auf die Klingel des Mehrfamilienhauses drückt, in dem Nancy Pinto und Angelika Sandmann wohnen, der muss schon ganz genau hinhören, wenn die Gegensprechanlage anspringt. Denn vor lauter Verkehrslärm ist kaum etwas anderes zu hören. Die Bundesstraße ist eine der Hauptstraßen in der Kreisstadt und viel befahren. Am laufenden Band fahren Autos und Lastkraftwagen vorbei.

„Jetzt gerade ist es sogar verhältnismäßig ruhig“, sagen die Frauen. Weil gerade Herbstferien seien, habe der Verkehr im Vergleich zu sonst abgenommen. Zu den Hauptverkehrszeiten zwischen 7 und 9 Uhr morgens und ab 16 Uhr nachmittags brauche man normalerweise fünf bis zehn Minuten, um die Straßenseite wechseln zu können. „Aber auch zu anderen Uhrzeiten hat vor allem der Lkw-Verkehr massiv zugenommen“, sagt Nancy Pinto, die seit neun Jahren in der Lorentzenstraße wohnt. Seit dem Ende der Corona-Einschränkungen sei ihr ein starker Zuwachs der Verkehrs aufgefallen.

Der Verkehrslärm beeinträchtigt die Lebensqualität der Anwohner

Weil der Verkehrslärm ihre Lebensqualität spürbar beeinträchtige, haben sie und ihre Nachbarin Angelika Sandmann, seit 28 Jahren Anwohnerin der Lorentzenstraße, eine Petition ins Leben gerufen: Sie fordern für die gesamte Lorentzenstraße die Einführung einer 30er-Zone, sammeln dafür aktuell Unterschriften. „Ungefähr 50 Unterschriften haben wir bis jetzt gesammelt“, so Pinto. Die meisten Unterschreiber wohnen selbst in der Straße. Die Aktion läuft noch bis Sonntag, 12. November. Wer unterschreiben möchte, kann sich per E-Mail (nacy.pinto@live.de) an die Initiatorin wenden.

Als sie bei ihren Nachbarn geklingelt und um Unterstützung gebeten haben, seien sie offene Türen eingerannt. „Ein Mann ist vor wenigen Monaten in die Lorentzenstraße gezogen und leidet auch unter dem Verkehr“, berichtet Sandmann. „Er hat uns erzählt, dass er gerade erst zu seiner Frau sagte: Man müsste mal eine Petition dagegen starten. Ein kleines Mädchen, vielleicht fünf Jahre alt, sagte, die Autos stören sie beim Schlafen.“ Viele andere Nachbarn hätten sich bedankt, dass endlich mal jemand das Thema in die Hand nehme.

Seit der Sperrung der Anschlussstelle Reinfeld hat sich das Problem verschlimmert

Denn neu ist das Problem nicht. „Ich wohne seit 1995 hier“, sagt Angelika Sandmann. „Viele Fahrzeuge sind hier schon immer gefahren, aber in den letzten Jahren und Monaten ist es Stück für Stück immer mehr geworden.“ Es seien Autos und Lkws aller Art. Woran das liegt, können sich die Frauen nicht erklären. Aber: „Seit der Sperrung der Anschlussstelle Reinfeld auf der A1 hat sich das Verkehrsaufkommen nochmals erhöht. Auch, wenn in der Nähe andere Baustellen sind, fahren hier immer mehr Autos“, so Pinto.

Mittlerweile sind Frust und Ärger bei den Frauen groß. Pinto: „Ich kann nicht mehr. Es ist so laut.“ Obwohl sie die Wohnung liebe, sei ihr in der Vergangenheit der Gedanke gekommen, im äußersten Fall auszuziehen. Die Oldesloerin arbeitet im Homeoffice, braucht für Meetings und konzentriertes Arbeiten Ruhe. Die vom Vermieter eingebauten Lärmschutzfenster helfen kaum, Lüften ist abgesehen von kurzem Stoßlüften nicht möglich. Pinto: „Sonst versteht man sein eigenes Wort nicht mehr.“

Verkehrslärm ist nicht nur tagsüber, sondern auch nachts beträchtlich

Der Verkehrslärm sei nicht nur tagsüber, sondern auch nachts beträchtlich. „Ich kann oft nicht schlafen“, sagt Pinto. In der Nacht würden die Lkws teilweise mit 80 Stundenkilometern an ihrem Haus vorbeifahren. Durch die Vibration des Schwerlastenverkehrs würden sogar ihre Gläser in der Küche klirren. Schlaglöcher in der Straße würden das Problem abermals verschärfen. Für mehrere Risse in den Wänden macht sie auch die Lkws verantwortlich. Die Frauen sind sich einig: „Die Situation ist belastend und schlägt aufs Gemüt.“

Immer wieder hätten sich die Anwohnerinnen in der Vergangenheit an die Stadtverwaltung und die Oldesloer Politik gewandt. „Passiert ist aber nichts“, so Pinto. „Wir fühlen uns allein gelassen.“ Laut Bürgeramtsleiter Thomas Sobczak ist die Lorenztenstraße Thema des sogenannten Lärmaktionsplans, der in der aktuellen Fassung 2019 beschlossen wurde. „Die Verwaltung wurde beauftragt, für insgesamt sechs Straßenabschnitte die verkehrsrechtliche Anordnung von 30er-Zonen zu prüfen. Hierzu gehört auch die Lorentzenstraße“, so Sobczak. Die Prüfung ist laut dem Bürgeramtsleiter für 2024 geplant.

Schnelle Abhilfe wird es höchstwahrscheinlich nicht geben

Doch, das sind die schlechten Nachrichten: Schnelle Abhilfe wird es in der Sache höchstwahrscheinlich nicht geben. Denn: „Der Lärmaktionsplan an sich bildet nicht die rechtliche Grundlage für die verkehrsrechtliche Anordnung von 30er-Zonen“, so Sobczak. Dafür sei eine Prüfung durch die Verkehrsaufsicht der Stadt Bad Oldesloe nötig, wofür wiederum Gutachten angefertigt werden müssen.

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Sobczak: „Diese wurden von der Stadt Bad Oldesloe beauftragt und liegen als Prüfungsgrundlage vor.“ Ferner müssen laut Bürgeramtsleiter verschiedene Parteien wie Polizei oder Öffentlicher Personennahverkehr zu der Sache angehört werden. Auch die Fachaufsicht des Landes muss beteiligt werden. „Die Verfahren gestalten sich insofern sehr aufwendig“, so Sobczak.

Doch davon wollen Nancy Pinto und Angelika Sandmann sich nicht abbringen lassen. Sie hoffen, dass das Thema durch ihre Petition in den Fokus der öffentlichen Debatte gerückt wird und dass sie etwas bewegen können. „Ich wünsche mir, dass die komplette Lorentzenstraße rund um die Uhr zur 30er-Zone erklärt wird“, sagt Angelika Sandmann. Falls ihre Aktion in der Politik kein Gehör findet, wollen sie zu einer Demonstration aufrufen.