Siek/Hamburg-Volksdorf. „Die Arbeit hat mich aufgefressen“, sagt die 36-Jährige. Also sattelte die einstige Art-Direktorin zur Zierpflanzengärtnerin um.
Vormittags in der Gärtnerei Piepereit im Hamburger Stadtteil Volksdorf: Vor gut einer Stunde hat der familiengeführte Gartenbaubetrieb seine Türen geöffnet. Kundinnen und Kunden stöbern durch die Gänge, beladen ihre Einkaufswagen mit den verschiedensten Grünpflanzen und Blumen für Wohnung, Balkon und Garten. Zwischen Efeututen, Palmen und Philodendren versorgt Nicole Krebs die Pflanzen gerade mit frischem Wasser.
Die 36-Jährige Steinburgerin hat in den vergangenen zwei Jahren in der Landgärtnerei Beier in Siek eine Ausbildung zur Zierpflanzengärtnerin absolviert – und gehörte dabei landesweit zu den Besten. Für ihre herausragenden Leistungen wurde sie von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein ausgezeichnet. Seit Anfang September arbeitet sie in der Gärtnerei Piepereit.
Die 36-Jährige arbeitete vier Jahre lag in der Werbung
Dass sie ihre Leidenschaft eines Tages zum Beruf machen würde, war lange nicht abzusehen, schlug die Stormarnerin doch zunächst einen anderen Weg ein. „Ich habe in Hamburg Kommunikationsdesign studiert und vier Jahre in der Werbung gearbeitet“, so Krebs. Nach ihrem Studium war sie Art-Direktorin bei einer der größten Werbeagenturen Hamburgs, entwarf unter anderem Prospekte für Tchibo.
Doch in dem einstigen Traumjob fand sie nicht die Erfüllung, die sie sich erhofft hatte. „Die Arbeit hat mich aufgefressen“, sagt sie. Neben dem Vollzeitjob war sie nach Feierabend und am Wochenende auch noch für einen Onlineshop tätig, machte Produktbilder. Irgendwann wurde ihr alles zu viel. „Dann habe ich Geld gespart, um mir eine berufliche Auszeit zu nehmen“, sagt sie.
Als ihr alles zu viel wurde, kündigte sie ihren Job und flog nach Thailand
Schließlich kündigte sie ihren Job und flog Ende 2016 für drei Wochen nach Thailand. „Ich war so fertig mit der Welt, ich brauchte echt eine Pause“, so Krebs. Um Kraft zu tanken und sich neu zu sortieren, zog sie damals auch raus aus der Großstadt. Von Hamburg ging es an den Stadtrand der Metropole nach Reinbek. „Ich zog in eine wunderschöne Villa mit verwildertem Garten direkt an der Bille“, so die heute 36-Jährige.
Die Arbeit im Garten schenkte ihr den Frieden, den sie so dringend gebraucht hatte. „Er war perfekt für mich“, sagt sie. Die junge Frau grub Beete um, pflanzte Rosen, Tulpen, Narzissen und sah ihnen beim Wachsen zu. „Ich habe alles Mögliche eingepflanzt. Mit den Händen in der Erde zu graben und dabei zuzusehen, wie etwas anfängt zu leben, hat mir einen Sinn gegeben.“
Ihre Freunde haben ihr immer geraten, Gärtnerin zu werden
Bis sie entschied, sich ihren geliebten Blumen nicht nur in der Freizeit zu widmen, sondern auch zum Mittelpunkt ihres Berufslebens zu machen, sollte noch etwas Zeit vergehen. „Meine Freunde haben schon immer zu mir gesagt: Warum wirst du nicht Gärtnerin?“, sagt sie. Diesen Vorschlag habe sie lange belächelt. Krebs: „Ich dachte: Ich habe mir für meine Karriere doch nicht den Arsch aufgerissen, um dann etwas ganz anderes zu machen.“
Doch schließlich gab ihr auch ihre Ärztin den Rat, sich für das bezahlen zu lassen, was sie glücklich macht. Und das waren nun einmal Pflanzen. „Eigentlich war mein Plan, nach meiner Auszeit in die Werbung zurückzukehren“, so Krebs. „Aber ich konnte meine Begeisterung für diesen Beruf einfach nicht wiederfinden.“ Also entschied sie sich doch umzusatteln.
Während der Corona-Pandemie jobbte sie in einer Baumschule
Während der Corona-Pandemie jobbte sie in einer Baumschule in Bargteheide, begann danach ihre Ausbildung zur Zierpflanzengärtnerin. Die dreijährige Ausbildung verkürzte sie auf zwei Jahre, lernte in dieser Zeit alles, was es so über Zierpflanzen zu lernen gibt. Als Zierpflanzen bezeichnet man Schnittblumen, Beet-, Topf-, Balkon- und Grünpflanzen. Zimmerpflanzen wie Glücksfeder, Drachenbaum oder Orchidee fallen ebenso darunter wie Geranien, Petunien oder Margeriten für den Balkon.
Und wie pflegt man die am besten? In dieser Sache ist Nicole Krebs Expertin – und hat für interessierte Laien den ein oder anderen Tipp auf Lager. „Wann man eine Pflanze gießen sollte, wie viel Sonne sie benötigt und wann sie umgetopft werden muss, ist sehr individuell“, sagt sie. Deshalb lautet ihre klare Empfehlung: „Beim Kauf die Pflegehinweise aufbewahren und beachten.“ Die verraten nämlich, wie viel Wasser eine Pflanze benötigt, bei welcher Temperatur sie sich wohlfühlt und ob sie bei Sonne oder Halbschatten gedeiht.
Damit Zimmerpflanzen wachsen können, brauchen sie Dünger
Krebs: „Nicht unterschätzt werden sollte auch das Thema Dünger.“ Wenn eine Pflanze nach einer gewissen Zeit die Blätter hängen lässt oder diese sich gelb verfärben, könne es sein, dass die Nährstoffe in der Erde aufgebraucht sind. Dagegen hilft Dünger. „Im Sommer befinden Pflanzen sich in der Wachstumsphase und sollten häufiger gedüngt werden, etwa alle zwei Wochen, im Winter dann seltener“, so die Zierpflanzengärtnerin. Neben Universaldünger gibt es auch Spezialdünger zum Beispiel für Orchideen, Zitruspflanzen oder Hortensien.
Wer sich unsicher ist, wie viel oder wenig er seine Pflanzen gießen sollte, dem rät Krebs grundsätzlich: „Lieber öfter und weniger statt seltener und dann in großen Mengen bewässern.“ Denn sowohl zu viel als auch zu wenig Wasser kann Pflanzen schaden. „Wer seine Pflanzen erst lange austrocknen lässt und dann mit zu viel Wasser überfordert, konfrontiert sie mit beiden Extremen“, so die 36-Jährige. Trockene Erde, die mit einer Fingerprobe ganz leicht festgestellt werden kann, ist ein klarer Hinweis für zu wenig Wasser.
Sowohl zu viel als auch zu wenig Wasser kann Pflanzen schaden
Dass eine Pflanze zu nass ist, erkennt man an stehendem Wasser oder fauligen Wurzelspitzen. Sowohl bei zu viel als auch zu wenig Wasser lassen Pflanzen oft ihre Blätter hängen. Krebs: „Braune und vertrocknete Blätter sollten immer entfernt werden.“ Das sieht nicht nur schöner aus, sondern helfe auch der Pflanze, ihre Kapazitäten für die gesunden Blätter einzusetzen.
Damit Pflanzen genügend Raum zum Wachsen haben, sollten sie regelmäßig umgetopft werden. „Um den richtigen Zeitpunkt herauszufinden, lohnt sich ein Blick auf die Wurzeln“, so die Gärtnerin. Wenn diese an den Topfrand stoßen und schon anfangen, sich im Kreis zu drehen, ist es höchste Zeit für ein größeres Zuhause. „Die Wurzeln sollten dann entwirrt werden und können auch eingekürzt werden“, sagt Krebs.
Der grüne Daumen – nur ein Mythos?
Wer es trotz aller guten Tipps partout nicht schafft, seine Pflanzen am Leben zu halten, für den hat die Pflanzenliebhaberin beruhigende Worte: „Mir wurde mal gesagt, dass dieser Mythos mit dem grünen Daumen Quatsch ist – immerhin haben Gärtner ja sowieso eher schwarze Daumen.“ Mit anderen Worten: Pflanzen pflegen ist kein Hexenwerk und keine geheime Gabe, die man hat oder eben nicht. Krebs: „Wenn man sich ein bisschen mit der Thematik beschäftigt, reicht das oft schon.“ Pflegeleichte Zimmerpflanzen für Einsteiger seien zum Beispiel Efeututen oder Philodendren.
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Die Zierpflanzengärtnerin selbst kann sich besonders für Pflanzen begeistern, die draußen wachsen – und blühen. „Ich hatte mal eine Tulpenphase, da habe ich in einem fast manischen Wahn um zwei Uhr nachts über 1000 Tulpenzwiebeln bestellt“, sagt sie. Eine Zeit lang habe sie außerdem Rosen gesammelt. „Rosen zählen auch heute noch zu meinen Lieblingsblumen“, sagt sie. „Und Lilien.“