Reinbek. Sechs Stormarnerinnen engagieren sich mit ihren Hunden bei der Vermisstensuche. Im Einsatz sind sie meist nachts. Was die Tiere können.

Wuselig ging es jetzt auf dem Reinbeker Schlosshof zu: Das DRK Reinbek hatte zur Vorstellung seiner neuen Rettungshundestaffel eingeladen, und dabei durften die Lebensretter auf vier Beinen selbstverständlich nicht fehlen. „Zwei Einsätze hat unsere Staffel bereits absolviert“, berichtete der Ortsvereinsvorsitzende Thomas Fleckenstein stolz seinen Gästen, darunter Bürgervorsteherin Brigitte Bortz und Besucher aus der „Blaulicht-Familie“. Für die acht Hunde war das ziemlich aufregend. Denn gewöhnlich arbeiten sie nicht so nah beieinander wie im Schlosshof, sondern in der Fläche, vorwiegend in der Natur, im Wald oder auf Brachen.

„Ihre Aufgabe ist es, Menschen zu suchen. In der Regel sind wir nachts unterwegs“, erklärte Staffelleiterin Christine Rademacher (49), Bankerin aus Witzhave. „Meist in einem Waldgebiet, das wir selbst nicht kennen und die Hunde auch nicht.“ Die Vermissten seien häufig Bewohner aus Pflegeeinrichtungen, Senioren oder orientierungslose Menschen. Rademacher ist mit ihrer Viszla-Hündin Skadi und ihrem Deutsch-Kurzhaar-Rüden Hildur dabei.

DRK Reinbek: Neue Rettungshundestaffel sucht Verstärkung

Im Gegensatz zum Mantrailing lernen unsere Hunde, einen unspezifischen menschlichen Geruch zu riechen“, erläutert Christine Rademacher. „Sie suchen sich den Wind, ihre Fährte und reagieren auf bestimmte bekannte Bilder: liegende, sitzende oder auch torkelnde Menschen.“ Da es manchmal auch um suizidgefährdete Menschen gehe, werden die Hunde auch auf im Baum hängende Menschen trainiert. Durch das Training werden die Tiere auf diese Situationen vorbereitet. Sie setzen sich neben den gefundenen Menschen, ohne ihn zu berühren oder anzustupsen und schlagen an. Denn manchmal haben sie sich schon während der Suche weit von ihrer Hundeführerin entfernt.

Jennifer Grauting trainiert mit ihrem Schafpudel Havana fleißig mit in der DRK Rettungshundestaffel.
Jennifer Grauting trainiert mit ihrem Schafpudel Havana fleißig mit in der DRK Rettungshundestaffel. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Christine Rademacher setzt im Ernstfall GPS-Empfänger ein, um zu prüfen, wo sie überall gesucht haben und ob ein bestimmtes Gebiet tatsächlich „durchkämmt“ worden ist. „Das ist schon sehr viel Verantwortung“, erzählt die Staffelleiterin. „Aber es ist sowohl für die Menschen als auch für die Hunde sehr erfüllend.“ Da nimmt sie es in Kauf, dass ihr Hobby zeitintensiv und fordernd ist. „Ich habe keine Kinder, da sehe ich mein Ehrenamt auch als meinen Beitrag für die Gesellschaft“, erklärt die 49-Jährige. Ihre beiden Vierbeiner seien Jagdhunde, dies komme ihrer Aufgabe sehr entgegen.

„Nasenarbeit“ macht den Hunden richtig Spaß

„Als meine Hündin Skadi noch jung war, konnte es durchaus passieren, dass sie sich neben ein Familienpicknick setzte und anzeigte, dass sie jemanden gefunden hat“, erzählt Christine Rademacher lachend. „Sie dachte dann vermutlich: ‚Ah, sitzende Menschen, da bekomme ich doch eine Belohnung‘.“ Jeder Hundeführer entscheidet selbst, was als Belohnung eingesetzt wird, ein Leckerli oder ein besonderes Spielzeug. Für die zweieinhalb Jahre alte Viszla-Hündin Skadi gibt es nichts Schöneres als einen bestimmten Ball.

Die Schafpudel-Hündin Havana, sieben Jahre alt, liebt hingegen Fleischwurst. Ihre Halterin Jennifer Grauting hatte mit ihr zum Spaß das Mantrailing ausprobiert, bei dem Hunde einen bestimmten Menschen anhand einer Geruchsprobe aufspüren. „Dabei habe ich gemerkt, wie viel Spaß ihr die Nasenarbeit bereitet“, erzählt die 39-Jährige aus Sülfeld. „Da habe ich gedacht, warum sollte man dieses Talent nicht nutzen, um jemanden retten zu können?“ Seitdem hat sie Havana als Rettungshündin ausgebildet. Dieses Jahr hat sie erfolgreich die Prüfung abgelegt.

Die Rettungseinsätze sind meistens nachts

„Und ich habe selbst sehr viel Spaß beim Training und auch schon viel gelernt, auch wenn es ein sehr zeitintensives Hobby ist“, erzählt Jennifer Grauting, die hauptberuflich ihren Arbeitgeber als Assistentin der Geschäftsführung unterstützt. „Diese Aufgabe hat viel mit Strategie zu tun, man lernt viel über Wind und Thermik. Häufig suchen wir Flächen auch nur ab, um zu bestätigen, dass dort niemand ist.“ Dann müsse der Hund auch zwischendurch motiviert werden, um ihn bei der Stange zu halten.

Auch die Hundehalter müssen ausgebildet sein: „Wir haben einen abgespeckten Erste-Hilfe-Rucksack dabei. Wenn wir jemanden finden, müssen wir Erste Hilfe leisten, bis die Rettungssanitäter eintreffen.“

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Rettungshunde arbeiten im Katastrophenschutz

Rettungshundeeinsätze sind formell dem Katastrophenschutz zugeordnet. Daher muss jeder Freiwillige mit seinem Arbeitgeber individuell absprechen, welche Modalitäten für den Rettungseinsatz gelten. „Unsere Einsätze sind meistens nachts, weil es häufig erst beim Abendessen auffällt, wenn beispielsweise Senioren in einem Pflegeheim vermisst werden“, erklärt Jennifer Grauting. „Dann sucht man häufig erst das Gelände und noch die vertrauten Orte des Vermissten ab, bevor wir alarmiert werden.“ Aktuell hat nur Nadja Müller einen Melder, sie informiert die anderen sieben Frauen noch per Telefonkette, wenn es einen Notfall gibt.

Die Gruppe hatte sich zuerst unter einer anderen Organisation gefunden. „Aber das hat einfach nicht gepasst“, verrät Christine Rademacher. Sie ist dankbar, dass sie und ihre Mitstreiter beim DRK nicht nur eine neue Heimat, sondern auch so viel Unterstützung gefunden haben. „Das DRK hier in Reinbek ist schon eine coole Truppe“, lobt sie. Als der DRK-Kreisverband sich umgehört habe, ob jemand Interesse an einer neuen Rettungshundestaffel habe, habe Reinbek sofort die Hand gehoben.

DRK Reinbek wollte schon lange Rettungshundestaffel gründen

„Es macht uns einfach Spaß, genau das zu machen, was die anderen nicht anbieten“, scherzt Thomas Fleckenstein. „Tatsächlich hatten wir uns schon häufiger mit dem Gedanken beschäftigt, eine Rettungshundestaffel zu gründen. Denn im Gegensatz zu anderen Ortsverbänden haben wir eine Katastrophenschutzeinheit und das passende Material dafür. Wir können ein festes Gebäude am Birkenweg als Treffpunkt anbieten und haben einfach einen guten, passenden Standort.“

Der DRK-Ortsverein hat 580 Mitglieder, etwa 100 davon sind aktiv in der Seniorenarbeit, beim Jugendrotkreuz oder in der Bereitschaft. Wer sich für das Training der Rettungshunde interessiert, erreicht Christine Rademacher per E-Mail an RHS@drk-reinbek.de. Gesucht werden außerdem Menschen, die sich im Training als Vermisste suchen lassen mögen, sowie Leute, die ein Waldgebiet oder eine Brache für ein Training zur Verfügung stellen können.