Allermöhe. Dr. Kerstin Reich ärgert sich über angezüchtete Veränderungen: Die Tiere leiden. Welche Rassen man sich besser nicht zulegen sollte.

Sogenannte Qualzuchten bei Katzen und Hunden verärgern Tierärztin Dr. Kerstin Reich, die eine Praxis am Allermöher Deich 451 betreibt. Sie möchte das Augenmerk der Tierfreunde und -halter auf das Thema lenken, um ein Umdenken zu bewirken. Die betroffenen Tiere sind ihr Leben lang von Deformationen und Krankheiten betroffen – um dem Geschmacksmuster der Menschen zu entsprechen.

„Die vermeintlich allergikerfreundlichen Doodle-Hunderassen sind meist in der Ursprungshunderasse durchgefallen, und die Zuchten gehen tendenziell bergab. Zumal ein Allergiker nicht gegen eine Rasse, sondern gegen Hunde an sich allergisch ist“, nennt die erfahrene Tierärztin ein Beispiel.

Hunde und Katzen: Tierärztin fordert Umdenken bei Qualzuchten

Viel nachgefragt werden derzeit auch silberne Labradore, weiß sie: In den Ländern des Ostblocks werde produziert, was hierzulande gewünscht sei. „Diese Tiere haben entweder einen Gendefekt oder sind Züchtungen mit Weimaranern. Die wiederum sind gezüchtet worden, um Wilderer zu stellen und gehören nicht in eine Familie“, sagt Kerstin Reich. Die silberfarbene Haut des Hundes birgt durch den Gendefekt die Anlage für Erkrankungen wie Juckreiz, Fellverlust und Schäden am Herzen sowie am Immunsystem.

Die Halter auf dem deutschen Markt suchen vermehrt kleinere Hunde mit mittellangem Fell und niedlichem Aussehen, berichtet die Tierärztin. In dieses Schema passt auch der Australian Shepherd mit seinen genveränderten blauen Augen, der ebenfalls unter Qualzuchten fällt.

Die Tierrechtsorganisation Peta benennt die Qualzuchten, zu denen demnach auch folgende Rassen gehören: Mops, Französische und Englische Bulldogge, Deutscher Schäferhund, Chihuahua, Dackel, Rhodesian Ridgeback und die sogenannten Teacup-Hunde – extrem klein gezüchtete Zwerghunderassen. Auch Rassen mit veränderten Farben der Augen oder des Fells sind dazuzurechnen.

Angezüchtete Veränderungen können Hunde und Katzen krank machen

Allen gemein ist, dass durch die angezüchteten Veränderungen der Ursprungsrasse zahlreiche gesundheitliche Beeinträchtigungen den Hund krank werden lassen können, insbesondere Rückgrat und Fell, Herz und Immunsystem sowie die Psyche sind oftmals betroffen. „Natürlich gibt es das auch bei den Katzen. Bei beiden Tiergattungen gibt es die sogenannten Nacktrassen ohne Tasthaare, die eine Orientierung erst ermöglichen“, sagt Tierärztin Kerstin Reich.

Ein großzügiges Katzenzimmer, in dem alle friedlich miteinander leben. Zwei Separees gibt es in Sichtweite außerdem.
Ein großzügiges Katzenzimmer, in dem alle friedlich miteinander leben. Zwei Separees gibt es in Sichtweite außerdem. © Gabriele Kasdorff

Die Zucht der Katzenrasse Scottish Fold – mit Knickohren und großen, runden Augen entsprechend dem Kindchenschema – ist inzwischen verboten. „Der Knorpeldefekt, der für die abknickenden Ohren sorgt, betrifft auch die Gelenke, mit verheerenden Folgen“, sagt die Veterinärin. Daher seien auch Vermehrung und Verkauf solcher Katzen inzwischen untersagt. „Ein Kunde von mir wollte dies nicht einsehen. Da blieb mit nichts anderes übrig, als ihn beim Ordnungsamt anzuzeigen“, sagt Kerstin Reich.

Tierärztin fordert strengere Regeln und Kontrollen des Internethandels

Sie bezieht zu den Qualzuchten eindeutig Haltung: „Ich bin nicht Tierärztin geworden, um diesen Tieren ständig Kortison zu geben oder deren Nasen zu operieren.“ Der Internethandel mit Tieren sei aus der heutigen Zeit wohl nicht mehr wegzudenken, müsse aber streng reglementiert und kontrolliert werden, fordert sie.

Neben der Behandlung von Hunden und Katzen, Meerschweinchen und Kaninchen, Wellensittichen und Schildkröten betreibt Kerstin Reich mit ihrem Mitarbeiterteam ein Katzenhotel, das naturgemäß personalintensiv ist. „Auch am Wochenende müssen die Tiere zweimal täglich gefüttert und die Räume sowie die Katzenklos gereinigt werden. Dafür suchen wir dringend eine Aushilfskraft. Aber auch eine weitere Mitarbeiterin in Vollzeit wird bei uns im Praxisbetrieb gebraucht“, sagt die Tierärztin.

Wenn sich an der dünnen Personaldecke nicht schnell etwas ändere, werde zumindest über Weihnachten keine Buchung mehr angenommen werden können, und langfristig wäre das Katzenhotel, in dem derzeit 13 Katzen eine komfortable Unterkunft gefunden haben, in seiner Existenz bedroht. Erreichbar ist die Praxis per E-Mail an kontakt@vet-bergedorf.de und telefonisch unter 040/735 44 85.