Bad Oldesloe. Stuck, Kamin, alte Zierelemente: Denkmalschutz für Prachtbau von 1780 in Rethwischfeld aufgehoben. Was die Politik dazu sagt.

Meterhoch sind die Gräser und Sträucher gewachsen im Garten des Gutshauses im Oldesloer Ortsteil Rethwischfeld. Auch um das Gemäuer des Herrenhauses ranken sich Grünpflanzen, geben kaum einen Blick frei auf das 1780 erbaute Gebäude. Wer es nicht besser weiß, könnte hinter dem schwarzen Eisenzaun ein verwunschenes Märchenschloss vermuten.

Doch der Schein trügt. Vom einstigen Prachtbau ist heute kaum mehr übrig als eine Ruine. Seit vielen Jahren steht das Gutshaus leer und verfällt. Dennoch hatte sich die Oldesloer Politik noch 2020 dafür ausgesprochen, den Bau zu erhalten. Bereits damals war im Gespräch, dass das Gebäude von der Denkmalliste des Landes Schleswig-Holstein gestrichen wird. Zum Schutz von Herrenhaus und Garten wurde eine Erhaltungssatzung aufgestellt.

Mittlerweile ist der Denkmalschutz aufgehoben worden

Doch die Dinge haben sich geändert. Mittlerweile ist der Denkmalschutz tatsächlich aufgehoben worden. Der Zustand des Gebäudes wurde erneut überprüft. Ergebnis: Der Verfall ist so fortgeschritten, dass eine Sanierung wirtschaftlich nicht mehr realisierbar ist. Die Untere Denkmalschutzbehörde hat das Herrenhaus mitsamt seinem Garten aus der Liste der Kulturdenkmäler entlassen und einem Abbruch zugestimmt.

Deshalb schiebt die Oldesloer Politik nun doch den Abriss des Traditionsgebäudes an. Einstimmig fassten die Mitglieder des Wirtschafts- und Planungsausschusses die entsprechenden Aufstellungsbeschlüsse zu den Aufhebungssatzungen der Außenbereichs- und Erhaltungssatzung. Mit anderen Worten: Der Weg zur Aufhebung der Erhaltungssatzung ist damit frei. „Wenn das geschehen ist und keine anderen Belange entgegenstehen, könnte der Eigentümer den Abriss durchführen“, so Bürgermeister Jörg Lembke. Die Oldesloer Stadtverwaltung begrüßt die Entscheidung der Politik, wie Lembke auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilte: „Die Erhaltungssatzung ist mit der denkmalrechtlichen Genehmigung für den Abbruch des Hauses nunmehr unbegründet.“

Nach vielen Jahren des Stillstandes könnte nun endlich etwas passieren

Nun könnte nach vielen Jahren des Stillstandes also tatsächlich etwas passieren. Der aktuelle Eigentümer, ein Investor aus Hamburg, der das Haus 2021 gekauft hat, plant, auf dem Gelände im dörflichen Rethwischfeld Wohnraum zu errichten. Konkret sollen drei neue Bauten mit etwa 30 Wohnungen in optischer Anlehnung an den alten Bau entstehen. Entsprechende Pläne hat Björn Münchow, ein Berater des Investors, im vergangenen Jahr bereits der Politik vorgestellt.

Einst existierte in Rethwischfeld sogar ein Schloss, das wohl im späten Mittelalter errichtet, aber bereits 1764 abgerissen wurde. Dort residierten die Herzöge von Holstein-Rethwisch, eine Seitenlinie der Herzöge von Holstein-Plön, die nur 60 Jahre lang existierte. Wie genau das Schloss aussah, ist nicht bekannt. Nur noch wenige Dokumente dazu sind erhalten. Wahrscheinlich war es ein Vierflügelbau mit einem 34 Meter hohen Turm.

Das Haus zu sanieren, hätte wohl mehrere Millionen Euro gekostet

Erhalten hingegen ist in Rethwischfeld das 1780 errichtete Gutshaus. Bürgerliche Eigentümer kauften das Gutshaus, es wechselte in den Jahren immer wieder seinen Besitzer. Zuletzt wurde das Haus 1925 umfangreich umgebaut. Seinerzeit wurde das heutige Treppenhaus errichtet, außerdem einen Vorbau an der Fassade. Elemente aus der Ursprungszeit finden sich dennoch auch heute noch einige, zum Beispiel Stuckleisten, Zierelemente und ein Kamin.

In den vergangenen Jahrzehnten gab es immer wieder Bestrebungen, das Gutshaus zu sanieren – alle scheiterten. Eine Sanierung hätte wohl mehrere Millionen Euro gekostet. Bis 2020 versuchten die damaligen Eigentümer, eine Nutzung für das Gebäude zu finden oder es zu verkaufen, beides ohne Erfolg. Gespräche mit potenziellen Investoren scheiterten an den hohen zu erwartenden Kosten und an der fehlenden Nutzbarkeit der Räume – bis sich 2021 schließlich doch besagter Investor fand. Seinen Plänen zufolge soll nicht nur der Bau stilistisch an das Gutshaus erinnern, sondern auch die Landschaft ringsherum erhalten werden.

Damit das Bauvorhaben auch tatsächlich wie vorgestellt umgesetzt wird und das schützenswerte Landschaftsbild beibehalten wird, soll ein städtebaulicher Vertrag zur Absicherung zwischen Stadt und Eigentümer geschlossen werden. Darin soll unter anderem der Zeitplan von Abriss und Neubau, der Erhalt beziehungsweise Ersatz des Baumbestandes und der Entwurf des Neubaus festgehalten werden.