Bad Oldesloe. Das Wahrzeichen des Oldesloer Ortsteils verfällt immer mehr. Eine Sanierung würde mehrere Millionen Euro kosten.

„Eigentum verpflichtet“ oder „Hier soll absichtlicher Verfall mit Abriss belohnt werden“, ist derzeit auf Transparenten am alten Herrenhaus im Oldesloer Ortsteil Rethwischfeld zu lesen. Anwohner sorgen sich dort um ihr Wahrzeichen, das seit Jahrzehnten verkommt. Laut der Einschätzung eines Gutachters würde eine Sanierung fünf bis sechs Millionen Euro kosten, vielleicht noch mehr.

Das Herrenhaus darf nicht abgerissen werden

Das Gutshaus „Rethwischhof“ darf nicht abgerissen werden. Das hatten die Oldesloer Stadtvertreter bereits im September vergangenen Jahres beschlossen. Doch wenn das 230 Jahre alte Gebäude nicht bald instandgesetzt wird, könnte das die Natur erledigen. Das befürchten jedenfalls einige Ortsbewohner. Nachfragen von Anwohnern dazu geb es jetzt auch im Wirtschafts- und Planungsausschuss. Gerüchte über einen kurz bevorstehenden Abriss dementierte der Ausschussvorsitzende Hartmut Jokisch (Die Grünen) gleich zu Beginn der Sitzung: „Die aktuelle Beschlusslage ist weiterhin, dass das Haus nicht abgerissen werden darf.“

Wirtschafts- und Planungsausschuss hat das Gelände besichtigt

Unbegründet sind die Sorgen der Bewohner aber wohl nicht. Schon jetzt ist das seit geraumer Zeit leerstehende Gebäude einsturzgefährdet und darf nicht mehr ohne weiteres betreten werden. Der Garten ist völlig zugewuchert, von der Straße aus ist das Gebäude nur noch durch einige Löcher im Blattwerk zu erahnen.

Kürzlich besichtigte der Wirtschafts- und Planungsausschuss das Gelände. „Jeder der bisherigen Besitzer hat das Objekt weiter verfallen lassen. Das ist die Grundproblematik“, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Björn Wahnfried auf Anfrage unserer Redaktion. Er selbst war beim Ortstermin nicht dabei, hat sich aber von seinem Fraktionskollegen Hans-Hermann Roden unterrichten lassen.

Alle Besitzer haben das Objekt weiter verfallen lassen

„Der Zustand ist besorgniserregend, eine Seite des Gebäudes hat einen Wasserschaden, aus einer der Wände wächst ein Baum“, so Wahnfried. Trotzdem will die SPD auch weiterhin keine Zustimmung für einen Abriss geben: „Das Herrenhaus ist hat eine starke Geschichte und wir sind weiterhin für eine Erhaltung.“ Errichtet wurde das Herrenhaus im Jahr 1790. Der letzte große Umbau erfolgte 1925. Zum Jahrtausendwechsel gab es Planungen des damaligen Besitzers, das Gebäude wieder herzurichten.

Doch dazu kam es nicht. Immer wieder wechselten die Namen im Grundbuch. „Sollte dies ein Nachfolger fortsetzen, könnte er dort bald stilgerecht herrschaftlich wohnen“, heißt es in einem Presseartikel aus dem Jahr 2004.

Jetzt, 17 Jahre später, ist der Zustand des Gebäudes schlechter denn je. Die SPD könnte sich vorstellen, dem derzeitigen Investor unter die Arme zu greifen, damit sich daran bald etwas ändert. Denkbar wäre Unterstützung bei der Verwertung des Restgrundstücks. Wenn dort Wohnraum geschaffen werden könnte, würde das möglicherweise für die nötigen finanziellen Mittel sorgen, die es für eine Sanierung des Gutshauses braucht.

FBO-Fraktionschef kann sich Kauf des Gebäudes durch die Stadt vorstellen

Seit Jahren findet das Herrenhaus immer wieder den Weg in die politischen Gremien. Bereits 2013 hatte sich die Wählergemeinschaft Freie Bürger Oldesloe (FBO) besorgt über Zustand und Zukunft des einst herrschaftlichen Gebäudes in der Straße Zum Amt gezeigt. Heute ist das nicht anders. „Die Erhaltungssatzung war ein erster Erfolg“, sagt Matthias Rohde. Der Fraktionsvorsitzende der FBO kann sich auch einen Kauf des Gebäudes durch die Stadt vorstellen. „Darüber kann man schon reden“, sagt Rohde. Wichtiger sei aber zunächst einmal, dass der Verfall gestoppt wird. „Es ist offensichtlich, dass der Eigentümer das Gebäude absichtlich verwahrlosen lässt und ich frage mich, wann Stadt oder Kreis tätig werden“, so Rohde. Jeder könne ohne weiteres auf das Grundstück gelangen. Da müsse das Ordnungsamt dringend tätig werden.

Wie die Freien Wähler will auch die CDU das Herrenhaus grundsätzlich gern erhalten. Aber nicht um jeden Preis. Jens Wieck, Mitglied des Wirtschafts- und Planungsausschusses, hat so seine Zweifel, ob das Gebäude überhaupt erhaltenswert ist: „Die Substanz ist gestört, viele der Wände sind feucht und an einigen Stellen kann man vom Keller aus das Dach sehen.“

Gutachter schätzt Sanierungskosten auf bis zu sechs Millionen Euro

Laut einem Gutachter, der ebenfalls vor Ort war, dürfte eine Sanierung etwa fünf bis sechs Millionen Euro kosten. Eine Summe, die weit über einer vorigen Schätzung liegt. Als das Rückbauverbot beschlossen wurde, habe eine Summe von 1,5 bis zwei Millionen im Raum gestanden, wie Wieck sagt: „Ich kann den Gedanken nachvollziehen, alte Gebäude erhalten zu wollen und verstehe die Rethwischfelder, die das Herrenhaus nicht verlieren wollen. Aber man muss auch hier Kosten und Nutzen im Auge behalten.“